Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den

Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den
Ein Rückblick in die Entstehungsphase der "Commedia sexy all'italiana"

Dienstag, 26. Januar 2010

La notte dei dannati (Sexuelle Gelüste triebhafter Mädchen) 1971 Walter Ratti

Inhalt: Jean Duprey (Pierre Brice), ein erfolgreicher Journalist, der sich für schwierige Kriminalfälle interessiert, erhält eines Abends einen seltsamen Brief von seinem alten Freund Guillaume de Saint Lambert (Mario Carra), den er schon mehr als 10 Jahre nicht mehr gesehen hatte. Verklausuliert bittet dieser ihn um Hilfe, aber als Duprey mit seiner Frau (Patrizia Viotti) auf dessen Schloß ankommt, muss er feststellen, dass er ihm nicht mehr helfen kann.

Guillaume leidet an einer Krankheit, dessen Ursache selbst sein Arzt, Professor Berry (Alessandro Tedeschi), scheinbar nicht feststellen kann. Rita (Angela De Leo), Guillaumes Frau, hat den Doktor geholt und behält auch sonst alle Fäden in der Hand. Als Guillaume nach zwei Tagen stirbt, wollen Duprey und seine Frau nach der Beerdigung möglichst schnell wieder abreisen, aber am nächsten Morgen wird in der Nähe des Schlosses eine Frauenleiche gefunden. Die Polizei steht vor einem Rätsel, da keine Spuren darauf hindeuten, wie sie an diesen Ort kam, und bittet Duprey um Hilfe...



Den deutschen Titel könnte man als Fluch der bösen Tat verstehen, denn wenn ein Verleih zwei Fassungen eines Films herstellen lässt, bei der die Eine auf beinahe ein Viertel der ursprünglichen Handlung verzichtet, um stattdessen die sexuellen Vorlieben einer Hexe stärker in den Vordergrund zu stellen, muss sich Niemand wundern, dass damit ein Film auf ewig in den Niederungen der Bahnhofkinos verschwindet. Derjenige, der sich allerdings in diesem Zusammenhang "Sexuelle Gelüste triebhafter Mädchen" ausdachte, unterfährt dieses Niveau noch erheblich oder lässt zumindest seine Meinung über die Zielgruppe für diesen Film deutlich werden.

"La notte dei dannati" (Die Nacht der Verdammten) erweist sich stattdessen als ruhiger Film, der seinem Protagonisten Jean Duprey (Pierre Brice), einem erfolgreichen Journalisten, viel Zeit lässt, seine Erkenntnisse zu gewinnen. Das zeigt sich schon in der ersten, knapp 10minütigen Szene, die Duprey gemeinsam mit seiner Frau Danielle (Patrizia Viotti) in deren Pariser Wohnung zeigt. Als sie zu Beginn einen Brief erhalten, der von einem alten Freund Dupreys stammt, den dieser schon mehr als zehn Jahre nicht mehr gesehen hatte, beginnt vor den Augen des Zuschauers eine detaillierte Analyse des geheimnisvollen Textes.


Das diese letztlich nur dazu führt, Guillaume de Saint Lambert (Mario Carra) zu Hilfe zu eilen, spielt keine Rolle, denn Duprey konnte damit gleich nachweisen, über welch hohen Intellekt er verfügt. Pierre Brice spielt diese Rolle mit souveräner Gelassenheit, die auch nicht vor einer gewissen Arroganz zurückschreckt. Gut zeigt sich diese in der, trotz aller optischen Modernität, noch sehr traditionellen Mann / Frau - Beziehung, denn Dupreys Haltung gegenüber seiner hübschen und in der Realität mehr als 20 Jahre jüngeren Frau, kann man nur als wohlwollend liebevoll bezeichnen. So schreckt er nicht davor zurück - als sie etwas zur Aufklärung des Brieftextes beiträgt - zu erwähnen, dass das Zusammensein mit ihm, positiv auf ihre geistigen Fähigkeiten durchschlagen würde.

Danielles Rolle als zu beschützendes Opfer wird so von Beginn an deutlich, so wie es auch klar ist, dass Duprey auf ihre Wünsche nach sofortiger Abreise aus dem finsteren Schloß seines Freundes, mit pragmatischer Gelassenheit reagiert, die für jede ihrer Erfahrungen und Alpträume eine logische Begründung bereit hält. Allerdings verhält er sich so nur gegenüber seiner Frau, denn als ihm sein alter Freund Guillaume gegenüber tritt, versucht er alles, um diesem zu helfen. Doch es ist zu spät, denn Guillaumes geistiger und körperlicher Zustand ist so sehr von einer geheimnisvollen Krankheit zerfressen, dass dieser kurz nach seiner Ankunft stirbt.


Als Duprey und seine Frau wieder abreisen wollen, werden sie vom Fund einer nackten Frauenleiche daran gehindert, denn die Polizei kann sich deren Anwesenheit an dieser Stelle nicht erklären, weil das Opfer noch kurz vor dem Todeszeitpunkt viele hundert Kilometer entfernt gesehen wurde. Ein Fall für Duprey, der zuvor schon schwierige Kriminalfälle gelöst hatte, und von der Polizei um Mithilfe gebeten wird. Doch während er unterschiedliche Spuren verfolgt, gerät seine allein im Schloß zurückgelassene Frau immer mehr unter den Einfluss von Rita Lernod (Angela De Leo), der Witwe seines verstorbenen Freundes.

Die Faszination des Films liegt in seiner Atmosphäre, die das mittelalterlich wirkende Schloß mit Licht und einem überzeugenden Score in einen unheilvollen Ort wandelt. Dazu trägt auch die Ruhe bei, mit der hier sämtliche Personen agieren und man muss dankbar sein, dass der italienischen Fassung nahezu sämtliche Nacktszenen abhanden gekommen sind, da diese nur den gothischen Charme der Inszenierung stören würden, auch wenn man dafür ein paar etwas abrupte Szenenwechsel in Kauf nehmen muss. Auch das der Film nur über wenige ernsthaft bedrohliche Momente verfügt und zudem keinerlei Gewalttaten konkret zeigt, passt zu der morbiden Atmosphäre.

Bei "La notte dei dannati" handelt es sich sicherlich um kein herausragendes Werk des Genres, da die Story durchschaubar ist und die Charakterisierungen oberflächlich bleiben. Ein gut aufgelegter Pierre Brice, der auch zu selbstironischen Momenten neigt, und eine überzeugende Atmosphäre lassen die "Nacht der Verdammten" trotzdem zu einem entspannten Gruseln werden, so lange man keine triebhaften Mädchen erwartet.

  
"La notte dei dannati" Italien 1971, Regie: Walter Ratti, Drehbuch: Aldo Marcovecchio, Darsteller: Pierre Brice, Mario Carra, Angela De Leo, Patrizia Viotti, Alessandro Tedeschi, Laufzeit: 83 Minuten

Keine Kommentare:

Der Name "L'amore in città" bezieht sich auf einen Episoden Film aus dem Jahr 1953, der erstmals Regisseure in Italien dazu brachte, ihre extra dafür geschriebenen und gedrehten Kurzfilme zu einem Gesamtwerk zu vereinen. Der Episodenfilm steht symbolisch für eine lange, sehr kreative Phase im italienischen Film, die in vielerlei Hinsicht stilbildend für die Kunstform Film wurde. Die intensive Genre-übergreifende Zusammenarbeit unter den Filmschaffenden war eine wesentliche Grundlage dafür.