Am nächsten Tag kommt die Führungsriege der Widerstandsgruppe, bestehend aus fünf Männern, zusammen, und diskutieren die Auswirkungen des Attentats, bei dem fünf Menschen umkamen, das allerdings auch rigorose Strafmassnahmen der Deutschen nach sich zog. Ihre Haltung ist sehr unterschiedlich...

Angesichts der Tatsache, dass sich dieses Attentat einer kleinen Widerstandsgruppe gegen die Besatzungsmacht richtete, scheint der Titel des Films "Il terrorista" unzutreffend, aber Regisseur und Autor Gianfranco De Bosio verdeutlicht mit dieser Bezeichnung, dass es ihm nicht um eine historische Einordnung aus der Sicht des Jahres 1963 ging, sondern um das Ansehen der Widerstandskämpfer im Jahr 1943. Diese hatten nicht nur mit den Deutschen zu tun, sondern auch mit den italienischen Faschisten, die mit diesen gemeinsame Sache machten. Entsprechend war die Propaganda geschaltet, die die Attentate als Terroranschläge auf unschuldige Menschen geisselte und damit Massenverhaftungen und standrechtliche Erschiessungen legitimierte. Dadurch fehlte den Widerstandkämpfern auch die mehrheitliche Rückendeckung in der Zivilbevölkerung.


Auch bei den Ausführenden der Attentate oder dem Ingenieur fehlt jede heroische Attitüde. Im Gegenteil schildert De Bosio Menschen, die sich aus Angst zurückziehen oder zu Verrätern werden. Die gesamte Situation, in der sich die Widerstandskämpfer befinden, erscheint hoffnungslos. Durch die nur schwer zu anderen Zellen herzustellenden Kontakte, fehlt jede übergeordnete Planung. Die kritische Haltung der Bevölkerung und die rigorose Verfolgung durch die Behörden erlaubt zudem keinerlei Erfolgserlebnisse oder das Gefühl von Fortschritt. Ausserdem herrscht selbst innerhalb der Zelle Uneinigkeit über die anzuwendenen Mittel.
Auch das eigene Privatleben findet nicht mehr statt, wie De Bosio in einer Szene verdeutlicht, in der der Ingenieur nach 3 Jahren zum ersten Mal seine Frau (Anouk Aimeè) wieder sieht."Il terrorista" ist ein in jeder Hinsicht aussergewöhnlicher Film über die Widerstandsbewegung in einem diktatorisch regierten und besetzten Land, da er sich ausschließlich mit den Widerstandskämpfern beschäftigt. Die deutsche Besatzungsmacht oder die italienische Polizei kommen nur in wenigen Szenen als anonym handelnde Personen vor. Dadurch vermittelt De Bosio noch mehr den klaustrophobischen Zustand, in dem sich die kleine Gruppe befindet, die über keine sicheren Rückzugsbereiche verfügt. Auch in der Schilderung der inneren Zerrissenheit der Widerstandskämpfer, der Uneinigkeit in den politischen Zielen und ihrer Umsetzung, erkennt man den Verzicht auf jegliche historische Verklärung, die 1963 schon längst in der allgemeinen Meinung vorherrschte.
Trotzdem lässt De Bosio keinen Zweifel an der Leistung und dem Mut dieser Männer aufkommen, die unter schwierigsten Bedingungen und oft gegen ihre anerzogenen Überzeugungen, Widerstand gegen ein unmenschliches System und ihre Vertreter leisteten. Viel mehr ist der Titel "Il terrorista" und die Art der Umsetzung als Kritik an einem Großteil der Bevölkerung zu verstehen, die damals keineswegs Sympathien für diese Männer hegte, aber inzwischen deren Taten durch Glorifizierung zur eigenen Beruhigung nutzt. Leider ist "Il terrorista" zu Unrecht in Vergessenheit geraten, auch weil der Film sich durch seine theaterartige, sprachintensive Inszenierung wenig an populären Mustern orientiert. An seiner inhaltlichen Aussage hat sich bis heute nichts geändert.
"Il terrorista" Italien, Frankreich 1963, Regie: Gianfranco De Bosio, Drehbuch: Gianfranco De Bosio, Luigi Squarzina, Darsteller : Gian Maria Volontè, Philippe Leroy, Giulio Bosetti, Raffaella Carrà, Anouk Aimèe, Laufzeit : 89 Minuten
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