Als sich die Clique am nächsten Vormittag am Strand einfindet, fliegt ein deutsches Kampfflugzeug sehr niedrig über den Strand, so dass ein kleines Mädchen in der allgemeinen Verwirrung in Panik gerät. Carlo hilft der Kleinen, die sich an ihn klammert, und lernt deren Mutter Roberta (Eleonora Rossi Drago) kennen, die Witwe eines Kriegshelden...

Die Absetzung Mussolinis am 25.Juli ist das Kernstück und der Wendepunkt von "Estate violenta", der richtig übersetzt "Gewalttätiger Sommer" heißt, aber der deutsche Titel "Wilder Sommer" hat auch seine Rechtfertigung, denn so wie Valerio Zurlini seinen Film beginnt, erinnert er zuerst an die typischen Sommervergnügungen junger Erwachsener. Carlo Caremoli (Jean-Louis Trintignant) kommt nach längerer Abwesenheit wieder in seinen Heimatort Roccione, einem Badeort in der Nähe von Rimini, zurück, wo er von seinen alten Freunden freudig begrüßt wird. Nicht nur das Essen und Wein üppig vorhanden sind, auch Rossella (Jacqueline Sassard) ist inzwischen zu einer sehr hübschen jungen Frau herangewachsen und Carlo zudem sehr gewogen. Angesichts dieser Clique, die sich am nächsten Morgen wieder am Sandstrand einfindet, fröhlich Baden geht und Tennis spielt, scheinen Krieg und Tod in weite Ferne gerückt. Gemeinsam mit Suso Cecchi d’Amico, die zuvor schon für Francesco Rosi und Luchino Visconti Drehbücher geschrieben hatte, entwarf Zurlini hier eine private Geschichte, in die nur langsam die Realität eindringt. Es ist nicht nur die Zerstörung einer vermeintlichen Idylle, die sich in „Estate violenta“ ereignet, sondern eine genaue Beschreibung der italienischen Befindlichkeit dieser Zeit, die erst die späteren bürgerkriegsähnlichen Kämpfe ermöglichte, als Soldaten der italienischen Armee und Widerstandskämpfer gegen die Anhänger der Faschisten in Norditalien kämpfen sollten.


Zwar charmant, gebildet und höflich in seinen Umgangsformen, verfügt er noch über wenig Reife. Auch als Mussolini gestürzt wird, die Faschisten vertrieben und seinem Vater die Villa weggenommen wird, reflektiert er seine Situation noch nicht. Fast verspielt wirkt er, wenn er den Schlüssel für eine angemietete Hütte in der Hand hält, wo er die Nacht mit Roberta verbringen will, obwohl die Front immer näher rückt. Während Roberta in ihrem Umgang ehrlich bleibt und auch vor Konfrontationen mit ihrer Familie nicht zurückschreckt, wird Carlo zunehmend demontiert. In ihm verdeutlicht sich ein schwacher Charakter, der weder die Rolle seines Vaters kritisch zu betrachten in der Lage ist, noch sein eigenes Handeln reflektieren, geschweige ändern kann. Trintignant gelingt in seiner Darstellung das Kunststück, die äußerliche Ernsthaftigkeit, die ihn zu Beginn von den gleichaltrigen Müßiggängern zu unterscheiden scheint, in Unsicherheit zu verwandeln. Tatsächlich unterscheidet er sich nicht von den Anderen, die in ihrer unreflektierten Anpassung an den Faschismus sogar konsequenter sind.

"Estate violenta" Italien / Frankreich 1959, Regie: Valerio Zurlini, Drehbuch: Valerio Zurlini, Suso Cecchi d'Amico , Darsteller : Eleonora Rossi Drago, Jean-Louis Trintignant, Jacqueline Sassard, Lilla Brignone, Frederica Ranchi, Enrico Maria Salerno Laufzeit : 100 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Valerio Zurlini:
"Le soldatesse" (1965)
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