Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den

Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den
Ein Rückblick in die Entstehungsphase der "Commedia sexy all'italiana"

Mittwoch, 17. Juli 2013

Superseven chiama Cairo (Höllenhunde des Secret Service) 1965 Umberto Lenzi

Inhalt: Nachdem Agent Martin Stevens (Roger Brown) seinen letzten Auftrag erfolgreich erledigt hatte, kehrt er wieder in die Londoner Zentrale zurück, wo er von dem Professor (Mino Doro) einen neuen Auftrag erhält. Ein wertvolles radioaktives Material ist gestohlen und daraus das Objektiv einer Super 8-Kamera gefertigt worden, um es unauffällig über die Grenze bringen zu können. Leider ist der Bande in Kairo ein Missgeschick unterlaufen, weshalb die Kamera an einen Unbekannten verkauft wurde, der nichts von dem Material weiß. Stevens Aufgabe ist es, den Mann, von dem Niemand weiß, wie er heißt oder aussieht, vor der Gangsterbande zu finden, um das Objektiv sicher zu stellen.

In Kairo erwartet man ihn schon und hat Faddja (Rosalba Neri) auf ihn angesetzt. Die Bande kennt Stevens Schwäche für schöne Frauen, weshalb sie ihn um den Finger wickeln soll, aber er durchschaut ihr Spiel schnell. Nachdem sie ihn davon überzeugt hat, dass sie zu dem Job gezwungen wurde, gibt er ihr Informationen, die sie zu einem geheimen Briefkasten bringt. Doch als kurz darauf ein Mann kommt, der den Kasten leert, verliert Stevens dessen Spur in der Menschenmenge…


Einen frühen Umberto Lenzi-Film zu besprechen, hat etwas Undankbares an sich. Seine in der ersten Hälfte der 60er Jahre entstandenen zahlreichen Produktionen können ihre Intention, möglichst schnell und kostengünstig die Nachfrage des Kinopublikums zu befriedigen, nicht verbergen, aber die Abenteuer- und Sandalenfilme der frühen 60er Jahre waren immerhin ein eigenständiges Genre und verfügten über Stars wie Steve Reeves, die dieser Phase ein individuelles Gesicht gaben. Dagegen wirken die danach im Zuge des James-Bond-Hypes entstandenen Agentenfilme, in denen Möchtegern-Bonds auf dicke Hose machten, aus heutiger Sicht nur noch peinlich - Niemand würde es mehr wagen, eine Stilrichtung so offensichtlich zu kopieren, ohne auch nur annähernd die technischen und inhaltlichen Standards des Vorbilds zu erreichen. Doch Mitte der 60er Jahre genügte es offensichtlich, die Story vom englischen Agenten mit der Lizenz zu töten, in leicht abgewandelter Form zu wiederholen.

Umberto Lenzi machte in seinem zweiten Agentenfilm nach "A 008, operazione Stermino" (1965) - der deutsche Titel "Heiße Grüße vom C.I.A." verbirgt leider die Anspielung auf "007" - auch kein Geheimnis daraus, das James-Bond-Franchise plündern zu wollen. Gemäß dem Vorbild beginnt der Film mit einer von der späteren Handlung unabhängigen Einganssequenz, die Martin Stevens (Roger Brown) im Bett mit einer Schönen zeigt, die es plötzlich sehr eilig hat und ihn zu töten versucht. Doch Stevens erkennt ihr Ansinnen rechtzeitig und kann sie mit einem Schuss aus seinem Kugelschreiber erledigen, womit schon drei wesentliche Bond-Elemente vereint sind - schöne Frauen, technische Tricks und das entspannte Lächeln eines Mannes von Welt, der sich von nichts aus der Ruhe bringen lässt. Selbstverständlich führt Stevens nächster Weg ins Hauptquartier nach London, wo er erst das Trainingscamp durchstreift, wo knapp geschürzte Frauen mit Maschinengewehren auf Pappkameraden schießen, bevor er sich beim "Professor" (Mino Doro) - eine Art Widergänger von "M" - den neuesten Auftrag abholt, nicht ohne zuvor mit speziellem technischen Gerät ausgestattet worden zu sein.

Alles in "Superseven chiama Cairo" (Höllenhunde des Secret Service) atmet den Geist eines James-Bond-Films, nur mehrere Nummern kleiner - die technische Ausstattung des Agenten, die Verbrecherbande, der eine Super 8 - Kamera durch die Lappen ging, deren Objektiv sie aus einem wertvollen gestohlenen Material fertigen ließ, um es über die Grenze schmuggeln zu können, und die Locations, die sich auf Rom, Locarno und Kairo beschränken, auch wenn sich Lenzi viel Mühe gibt, die Pyramiden häufig ins Bild zu rücken. Nur die Frauen können es dank Rosalba Neri und Fabienne Dali problemlos an Schönheit mit den Bond-Girls aufnehmen. Die gesamte Story kann ihren provinziellen Touch nicht verbergen, denn es geht um die Suche nach einem radioaktiven Kameraobjektiv, das versehentlich an einen unwissenden Käufer geriet, den nun beide Seiten versuchen, zuerst ausfindig zu machen - Agent Stevens und die skrupellos vorgehende Bande von "Il levantino" (Andrea Aureli).

Angesichts typischer Filmfehler - einmal greift Stevens mitten auf einem See schwimmend in einen Kampf ein, obwohl er Sekunden zuvor noch weit entfernt am Strand gestanden hatte - und unfreiwillig komischer Szenen - nachdem Stevens Grenzbeamte mit einer Waffe bedroht hatte, um seinen Übertritt zu erzwingen, wird die Anklage von der Justiz fallen gelassen, weil sich die Waffe beim Kommissar als Zigarettenanzünder herausstellt - wäre es leicht, den Film als Billigproduktion abzutun, aber tatsächlich kann "Superseven chiama Cairo" phasenweise faszinieren. Zu verdanken ist das einerseits dem US-Mimen Roger Brown, der den britischen Agenten mit leicht schmierigem Charme spielt, der jederzeit einen klaren Blick für seine Situation und seine Frauenbeziehungen behält, die er mit ironischem Unterton begleitet, andererseits einer Inszenierung, die die Thematik ernst nimmt und mehr wagen durfte als die mainstreamigen Bond-Filme. Seitens der Gangster wird skrupellos getötet und gefoltert – auch einmal die Drogenabhängigkeit einer Frau für eigene Zwecke genutzt – weshalb deren Taten konkreter und brutaler wirken als im Unterhaltungsfilm für die große Leinwand.

Neben den kompromisslosen Gangstern weist auch die rasant gefilmte Verfolgungsjagd nach dem erzwungenen Grenzübertritt schon auf Lenzis zukünftige Polizeifilme hin, aber die größte Schwäche des Films bleibt dessen unausgewogenes Tempo – abwechslungsreiche, schnelle Abschnitte wechseln mit betulichen, uninspirierten Szenen, die auch dem geringen Budget geschuldet sind, etwa wenn abwechselnd ein Hubschrauber und ein Auto gefilmt werden, um damit zu vermitteln, dass gerade Jemand umgestiegen ist, ohne es aber im Bild zeigen zu können. "Superseven chiama Cairo" kann seinen B-Charakter nicht verbergen, aber ist auch aus heutiger Sicht kein „Trash“, sondern verleiht dem Agenten-Film etwas dreckig Direktes im Gegensatz zu der gewohnten James-Bond-Eleganz. Damals reichte es noch für die Fortsetzung „Le spie amano fiori“ (Die Höllenkatze des Kong-Fu, 1966) – Martin Stevens übernehmen Sie! 

"Superseven chiama Cairo" Italien, Frankreich 1965, Regie: Umberto Lenzi, Drehbuch: Piero Pierotti, Umberto Lenzi (Roman), Darsteller : Roger Brown, Rosalba Neri, Fabienne Dali, Massimo Serato, Andrea Aureli, Mino Doro, Laufzeit : 89 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Umberto Lenzi:
"L'uomo della strada fa giustizia" (1975)
"Roma a mano armata" (1976)
"Il trucido e lo sbirro" (1976)
"La banda del gobbo" (1978)
"Incubo sulla città contaminata" (1980)

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Der Name "L'amore in città" bezieht sich auf einen Episoden Film aus dem Jahr 1953, der erstmals Regisseure in Italien dazu brachte, ihre extra dafür geschriebenen und gedrehten Kurzfilme zu einem Gesamtwerk zu vereinen. Der Episodenfilm steht symbolisch für eine lange, sehr kreative Phase im italienischen Film, die in vielerlei Hinsicht stilbildend für die Kunstform Film wurde. Die intensive Genre-übergreifende Zusammenarbeit unter den Filmschaffenden war eine wesentliche Grundlage dafür.