Inhalt:
Menard (Richard Johnson) richtet seinen Revolver auf einen mit einem Sack
verhüllten Körper, der sich langsam aufrichtet, und schießt in dessen Kopf. Eine
Szene, deren Sinn sich noch nicht erschließt, als ein führerlos treibendes Schiff
vor der Kulisse Manhattans im Hafen treibt. Zwei Polizisten wollen nach dem Rechten
sehen und gehen an Bord der verwahrlost und menschenleer wirkenden Yacht. Ob es
sich um ein menschliches Wesen handelt, das einen der beiden Männer plötzlich anfällt,
bleibt ungewiss, denn es fällt getroffen von den Schüssen seines Partners ins
Wasser und verschwindet.
Die
Polizei steht vor einem Rätsel. Während der tote Polizist obduziert wird, begegnen
sich Anne
(Tisa Ferrow) und der Reporter West (Ian Mc Culloch) auf dem Schiff, wo sie aus
unterschiedlichen Gründen Nachforschungen treiben. Anne ist die Tochter des
verschwundenen Besitzers und will mehr über das Schicksal ihres Vaters erfahren
und West wittert eine Story. Sie beschließen zusammen zu der karibischen Insel
zu fahren, wo sich Annes Vater zuletzt aufhielt…
Die
erst kurze Szene des Films könnte noch aus Lucio Fulcis zuvor gedrehten Film,
dem späten Italo-Western "Sella d'argento" (Silbersattel, 1978),
stammen. Ein Revolver richtet sich direkt auf die Kamera und wird abgedrückt.
Die Kugel trifft den Kopf eines in einen Sack gehüllten, sich aufrichtenden
Körpers bis kurz darauf das Gehirn aus der durch den Schuss erzeugten Öffnung
tritt - offensichtlich handelt es sich doch um keinen Western, sondern um etwas
vollständig Neuartiges?
Der
Originaltitel "Zombi 2" scheint dem zu widersprechen, denn Fulci
spielte damit auf den im Jahr zuvor unter italienischer Mitwirkung
herausgekommenen US-Film "Dawn of the Dead" (Zombie, 1978) von George
A. Romero an, der die Thematik seines 10 Jahre zuvor gedrehten Zombie-Streifens
"Night of the living dead" (Die Nacht der lebenden Toten, USA 1968)
wieder aufgriff und das Genre damit gesellschaftsfähig machte. Trotz dieser
Referenz an Romero bedeutete "Zombi 2" (Woodoo - Die Schreckeninsel
der Zombies) für den nach 33 Filmen in zwanzig Jahren sehr erfahrenen Regisseur
Lucio Fulci eine Neuausrichtung seines Filmschaffens, mit dem er auch das
Horror-Genre im italienischen Film maßgeblich beeinflusste. Dieser inhaltliche
Sprung steht beispielhaft für die Veränderungen in der italienischen
Filmindustrie der späten 70er Jahre, die - um die zurückgehenden
Zuschauerzahlen zu kompensieren - vermehrt erfolgreichen US-Produktionen
nacheiferte, diese aber mit expliziteren Gewaltdarstellungen noch übertreffen
wollte (siehe "Das italienische Kino frisst sich selbst").
Lucio Fulci himself als Chefredakteur |
Der
Wandel ist weniger an der Konzentration auf den Horror- und Splatterfilm
festzustellen - Lucio Fulci hatte sich schon immer unterschiedlichen Genres
gewidmet und zuletzt neben Western auch Gialli ("Sette note in nero"
1977) und Komödien ("La pretora" 1976) gedreht - als an den
veränderten Produktionsbedingungen. Arbeitete er zuvor mit Giuliano Gemma,
Gabriele Ferzetti, Edwige Fenech oder Fabio Testi und Tomas Milian ("I
quattro dell'apocalisse" (Verdammt zu leben - verdammt zu sterben!, 1975))
zusammen, die damals zu den populärsten Schauspielern in Italien gehörten,
besetzte er in "Zombi 2" mit den US-Amerikanern Tisa Farrow,
Schwester der berühmten Mia, und Ian McCulloch, sowie dem Briten Richard
Johnson unbekannte TV- oder Nebendarsteller in den tragenden Rollen.
Signifikant für den damaligen Versuch im italienischen Kino, sich einen
internationalen Anstrich geben zu wollen, der aber über die niedrigen
Geldmittel im Vergleich zu den US-Produktionen nicht hinwegtäuschen konnte.
Mit
Ugo Tucci gehörte zwar ein erfahrener Mann zur Produzenten-Crew, der zuvor
schon mit der Autorin Elisa Briganti, dem Co-Produzenten Gianfranco
Couyoumdjian und dem Musiker Giorgio Cascio bei "La banda del trucido" (Die Gangster-Akademie, 1977) zusammengearbeitet hatte, aber von
Fulcis früheren Mitstreitern blieben nur Kameramann Sergio Salvati und
Filmkomponist Fabio Frizzi an seiner Seite, die auch prägend für seine
zukünftigen Filme werden sollten und schon der Szenerie in New York zu Beginn ihren Stempel aufdrückten. Zwei Polizisten
betreten eine vor der beeindruckenden Kulisse des "Big Apple"
führerlos treibende Yacht und machen Bekanntschaft mit einem unangenehmen
Zeitgenossen, der seinen Hunger an ihnen stillen will - eine Parallele zum
Kannibalismus-Film im italienischen Kino, der zeitgleich seine kurze Hochphase
erlebte. Diese Eingangs-Sequenz vereinte die besten Zutaten des italienischen
Genre-Films - treibende Musik, spektakuläre Bilder und gekonnte Horror-Effekte,
die den Betrachter sofort mitten ins Geschehen ziehen.
Die
Qualität des Beginns konnte Fulci angesichts des ihm zur Verfügung stehenden
Budgets erwartungsgemäß nicht halten, weshalb er sich bei der weiteren Handlung
auf wenige, überschaubare Orte beschränkte - zuerst ein Schiff, auf dem die
Tochter des verschwundenen Besitzers der Yacht, Anne (Tisa Ferrow), und der
Reporter West (Ian McCulloch) versuchen zu einer Karibikinsel zu gelangen, auf
der sich Annes Vater zuletzt aufgehalten hatte, dann auf der Insel selbst, auf
der der Arzt Menard (Richard Johnson) vergeblich gegen eine grassierende
Krankheit ankämpft, deren Opfer nur mit einem gezielten Kopfschuss endgültig
getötet werden können, denn sonst werden sie auf Grund eines Fluchs wieder zum
Leben erweckt. Sie ahnen nicht, dass der vermeintlich totgebissene Polizist von
der Yacht, der in New York gerade von Pathologen untersucht wird, ähnliche
Lebenszeichen von sich gibt.
Fulci
schlug eine Brücke vom klassischen Zombie-Film der 40er Jahre "I walked
with a Zombie" (Ich folgte einem Zombie, USA 1943) mit seinen Anspielungen
auf Aberglauben und Woodoo-Zauber, über Romeros stilprägenden Werke - die abschließende
Szene in der Kirche, in der sich die wenigen Überlebenden vor den
unaufhaltsamen Fleischfressern zu verbarrikadieren versuchen, zitiert dessen
Filme direkt - hin zum typischen Italo-Horror mit Nacktdarstellungen und
handgemachten Splatter-Szenen. Beispielhaft gilt dafür der Holzsplitter, in den
das Auge der jungen Ehefrau des Inselarztes, Paola (Olga Karlatos), von
penetranten Zombies gezogen wird - eine Entwicklung, die Fulci mit seinen
folgenden Filmen "Paura nella città dei morti viventi" (Ein Zombie
hing am Glockenseil, 1980), "...E tu vivrai nel terrore! L'aldilà"
(Über dem Jenseits, 1981) und "Quella villa accanto al cimitero" (Das
Haus an der Friedhofsmauer, 1981) noch bekräftigte.
„Zombi
2“ wurde nicht nur zum Einstieg in ein neues Horror-Film-Zeitalter, sondern
verfügt über eine dichte, unheilschwangere Atmosphäre, die ihre Wirkung bis
heute nicht verloren hat. Wie im Zombie-Film gewohnt, lassen sich nicht alle
Verhaltensmuster logisch nachvollziehen – mal beißen die Infizierten sofort zu,
bei wichtigen Protagonisten vergeht noch ein wenig Zeit, um ihnen rechtzeitig eine
Kugel in den Kopf zu verpassen – aber entscheidender bleibt die unnachahmliche
Mischung aus von poppiger Musik begleitenden Schauwerten und dem immer
verzweifelter werdenden Kampf ums nackte Überleben – der Weltuntergang kann
kommen!
"Zombi 2" Italien 1979, Regie: Lucio Fulci, Drehbuch: Elisa Briganti, Dardano Sacchetti, Darsteller : Tisa Ferrow, Ian McCulloch, Richard Johnson, Al Cliver, Auretta Gay, Olga Karlatos, Laufzeit : 87 Minuten
Nächtlicher Überraschungsfilm beim 1. Festival des italienischen Genre-Filmfestivals "Terza Visione" in Nürnberg vom 25. bis 27.04.2014
Nächtlicher Überraschungsfilm beim 1. Festival des italienischen Genre-Filmfestivals "Terza Visione" in Nürnberg vom 25. bis 27.04.2014
weitere im Blog besprochene Filme von Lucio Fulci: