Inhalt: Als
Jeff Heston (Charles Bronson) und seine Freundin Vanessa (Jill Ireland) nach
ein paar schönen gemeinsamen Urlaubstagen wieder in sein Auto steigen, kommt es
zu einer gefährlichen Verfolgungsjagd. Zwar gelingt es Jeff noch Vanessa in
Sicherheit zu bringen, aber er wird von einem Porsche gestoppt, dessen Fahrer
ihn ohne Warnung niederschießt. Auch die Verfolger haben ihn eingeholt und
schießen seinen Ford in Brand, als er sich darunter verbergen will, aber sie
sind unvorsichtig, so dass Jeff schwer verletzt Einen von ihnen überwältigen
und dessen Kumpane erschießen kann – nur der Fahrer des Porsche kann entkommen.
Die Polizei
verhaftet Jeff und steckt ihn ins Gefängnis, aber mit Hilfe seines Anwalts
Steve (Umberto Orsini) kommt er wieder aus dem Knast, da man ihm keinen Mord
nachweisen kann. Jeff, der aus seinem Job als Profikiller aussteigen wollte,
beginnt jetzt in eigener Sache zu recherchieren und vorzugehen, denn diesen
Verrat will er nicht auf sich sitzen lassen. Sein alter Kumpel Killain (Michel
Constantin), der Einzige, dem er noch vertrauen kann, hilft ihm, Coogan zu
finden, der auf ihn geschossen hatte. Dieser nimmt an der Can-Am-Rennserie Teil
- ein geeignetes Ziel für Jeff Heston…
Regisseur
und Drehbuchautor Sergio Sollima hatte im August 1968 mit "Corri uomo
corri" (Lauf um dein Leben) den letzten Western einer Trilogie mit Tomas
Milian in der Hauptrolle in die Kinos gebracht, wenige Monate bevor Sergio
Leone ebenfalls mit "C'era una volta il West" (Spiel mir das Lied vom
Tod, 1968) seinen Schlussstrich unter die Phase des Italo-Western zog. Doch
Leone war Sollima erneut einen Schritt voraus, denn "C'era una volta il West" sollte der Beginn einer neuen Film-Trilogie über die USA werden,
weshalb Leone eng mit Hollywood zusammen arbeitete und seinen Film größtenteils
mit us-amerikanischen Darstellern vor Ort drehte – schon ein Jahrzehnt bevor es
zu der intensiven Zusammenarbeit zwischen Italien und den USA im B-Film-Sektor
kam, als die mit rückläufigen Zahlen kämpfende italienische Filmindustrie
versuchte, erfolgreiche Hollywood-Filme nachzuahmen, indem sie ihren Filmen
einen amerikanischen Anstrich verliehen.
"Città
violenta" (Brutale Stadt) entstand noch in einer Phase, als das
italienische Kino die amerikanischen Mythen neu und wegweisend interpretierte,
aber Sergio Sollima schien sich damit erneut auf Leones Spuren zu begeben, denn
er verpflichtete nicht nur dessen Hauptdarsteller Charles Bronson aus
"C'era una volta il West", sondern setzte für seinen vor der Kulisse
von New Orleans und am Mississippi-Delta gedrehten Film größtenteils US-Mimen ein.
Doch dieser Eindruck täuscht, denn Sollima ging einen eigenständigen Weg, der
seinen Film als Schnittpunkt zwischen dem Italo-Western und dem kommenden
Poliziesco-Genre erkennbar werden lässt. Dass er einen US-amerikanischen
Hintergrund für seinen italienisch-französisch co-produzierten Film wählte, war
eine konsequente Weiterentwicklung des Western-Genres, dessen innere Regeln und
Stereotypen er in „Città violenta“ in die Gegenwart versetzte.
Der coole
Profikiller Jeff Heston (Charles Bronson), der alerte Gangsterboss Al Weber
(Telly Savalas), der windige Advokat Steve (Umberto Orsini) oder die schöne und
gerissene Vanessa (Jill Ireland) sind Figuren, die auch jedem Western gut zu
Gesicht gestanden hätten. Ähnliches lässt sich auch zur Ausstattung sagen, die
mit den riesigen US-Cars, den Straßenschluchten der Großstadt oder dem „Can-Am“
– Rennen mit der lang gestreckten Steilwandkurve exponierte US-Mythen spektakulär
ins Bild rückte, die die Western-Klischees ablösten - das der „Showdown“ auf
dem Dach eines Hochhauses stattfand, war nur noch folgerichtig. Die Parallelen
zu Jean-Pierre Melvilles Kriminalfilmen, auf dessen Protagonisten „Jef“ in „Le samourai“ (Der eiskalte Engel, 1967) Sollima mit dem Vornamen „Jeff“ anspielte
und dessen Amerikanophilie hinlänglich bekannt war, zeigen sich besonders im Verhältnis
der Gangster untereinander, während die Basisstory noch an klassische
Revenge-Filme der Western-Ära erinnert, in denen sich der knapp dem Tod
entronnene Held auf die Spuren seiner Peiniger begibt.
Auch in
„C’era una volta il west“ war Rache die Antriebsfeder des von Bronson
gespielten „Mannes mit der Mundharmonika“, aber das offenbarte sich erst
langsam in Rückblenden, weshalb sich die Frage nach dem Widerspruch zwischen
seinem emotionslosen, professionellen Vorgehen und der tiefen inneren
Verletzung, die er erlitten haben musste, nicht stellte. In „Città violenta“ wird
der von Bronson gespielte Profikiller dagegen mit dem Verrat seiner Geliebten
konfrontiert, die ihn offensichtlich hintergangen hatte und seinen Tod in Kauf
nahm – er sieht am Boden liegend noch, wie sie in das Auto des Schützen steigt
- womit Sollima eine andere Richtung als Leone oder Melville einschlug, indem
er dieser Figur Emotionen einhauchte. Entsprechend beginnt der Film mit einer
Idylle, zeigt Jeff und Vanessa in einem zärtlichen Moment innerer
Verbundenheit, um diese Illusion unmittelbar darauf mit einer grandios inszenierten
Verfolgungsjagd zu zerstören.
Der Versuch,
die Story um einen coolen Profi-Killer, der in die Mühlen hinterhältiger Gegner
gerät, mit einer „Amour Fou“ zu verbinden, ging nur teilweise auf. Vielleicht
genügte das Wissen zur Entstehungszeit des Films, dass Charles Bronson und Jill
Ireland auch im realen Leben ein Paar waren, um seine Gefühlsschwankungen
zwischen Hass und Liebe nachvollziehen zu können, aber so überzeugend Bronson
einen jederzeit kontrolliert vorgehenden Profi spielte, so wenig nahm man ihm den
plötzlichen Verstoß gegen diese Regeln ab. Besonders im Vergleich zu der
zitierten Figur des Profikillers Jef Costello aus „Le samourai“ fällt diese
Inkonsequenz ins Gewicht. Auch Melville verband dessen Scheitern mit den
Gefühlen für eine Frau, aber sein Profikiller verlässt nie das Korsett des
kontrollierten Verhaltens und bleibt sparsam im Ausdruck von Emotionen. Dagegen
wechselt Jeff Heston mehrfach vom Schläger zum zärtlichen Liebhaber, was dank
der ins Bild gerückten optischen Vorzüge Jill Irelands verständlich sein mag,
von Bronson aber nicht authentisch vermittelt werden kann.
Glücklicherweise
ließ sich Sollima von der konstruierten Liebesgeschichte in seinem langsamen,
unaufgeregten Erzähl-Rhythmus nicht anstecken, den er nur mit nadelstichartig
gesetzten Actionszenen unterbrach. Dieses Tempo orientierte sich nur äußerlich
an den Filmen Melvilles, denn Sollima verlieh seinen Bildern einen dreckigen,
aufgeheizten Charakter, der versuchte, die Atmosphäre Louisianas und New
Orleans einzuatmen. Der Filmtitel „Città violenta“ ist zwar übertrieben, da die
Stadt selbst über eine Hintergrundrolle nicht hinauskommt, aber die Richtung
zum Poliziesco, der ohne pulsierendes Großstadt-Feeling nicht vorstellbar wäre,
wird in der Filmanlage schon sichtbar. Zu verdanken ist das Sollimas Co-Autoren
Massimo De Rita und Arduino Maiuri, die nicht nur das Drehbuch zu „Banditi a Milano“ (1968) schrieben, der wegweisend für das Poliziesco-Genre wurde,
sondern mit „Roma come Chicago“ (Mord auf der Via Veneto, 1968) den
Gangsterfilm als Abbild einer zunehmend gewalttätigeren Großstadt weiter
entwickelten. Die Parallelen zu dem ebenfalls in Rom spielenden und ein Jahr
später erschienenen „Un detective“ (Die Klette, 1969) von Romolo Guerrieri sind
offensichtlich, für den Massimo De Rita wiederum das Drehbuch zu dem Poliziesco
„La polizia è al servizio del cittadino?“ (Auf verlorenem Posten, 1973) schrieb.
Sergio
Sollimas gemeinsamer Weg mit den beiden Autoren führte weiter bis zu „Revolver“
(Die perfekte Erpressung, 1973), der die Story seines ersten Western „La resa dei conti“ (Der Gehetzte der Sierra Madre, 1966) kongenial in die Gegenwart
verlegte und damit die Entwicklung zum Poliziesco in Sollimas Werk abschloss. „Città
violenta“ ist dagegen seine Position an der Schnittstelle zwischen den Genres
deutlich anzumerken, weshalb der Film häufig falsche Erwartungshaltungen weckt.
Sollima entwickelte eine stilistisch etwas unausgewogen wirkende Kombination
aus europäischem Gangsterfilm und US-Mythos, die dank ihrer atmosphärischen
Dichte, gefördert durch Ennio Morricones aufwühlende Klänge, jederzeit zu fesseln
vermag und am Ende auch die Tragik in der Figur des Profikillers zu vermitteln
weiß.
"Città violenta" Italien, Frankreich 1970, Regie: Sergio Sollima, Drehbuch: Sergio Sollima, Massimo De Rita, Arduino Maiuri, Darsteller : Charles Bronson, Jill Ireland, Michel Constantin, Telly Savalas, Umberto Orsini, Laufzeit : 104 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Sergio Sollima:
"L'amore difficile" (1962)