Inhalt: Auf
der Seine wird eine tote junge Frau gefunden, was die Pariser Presse erneut dazu
veranlasst, reißerische Überschriften über einen mörderischen Vampir zu
veröffentlichen, da die Körper kein Blut mehr aufwiesen. Für Inspector Chantal
(Carlo D'Angelo) sind diese Schlagzeilen
eher hinderlich, weshalb er sich über den Journalisten Pierre Lantin (Dario
Michaelis) ärgert, der sich in seine Arbeit einmischt und eigene
Nachforschungen betreibt.
Beide
können aber nicht verhindern, dass bald schon die nächste junge Frau
verschwindet, aber Lantin entdeckt eine Spur, als er auf dem letzten Foto der
Entführten, dass ihr Verlobter aufgenommen hatte, einen Mann im Hintergrund
entdeckt. Als er Lorette (Wandisa Guida), einer Kommilitonin, das Foto zeigt,
glaubt diese, den Mann identifizieren zu können. Seinen Kontakt zu der jungen
Frau hatte auch Giselle (Gianna Maria Canale) beobachtet, die in Lantin
verliebt ist, obwohl dieser ihre Gefühle ablehnt. Wenig später wird auch
Lorette entführt…
"I
vampiri" (Der Vampir von Notre Dame) verdankt einigen Besonderheiten seine
generelle Bedeutung - speziell für das Horror-Genre im italienischen Film nach
dem Krieg, als dessen erster Vertreter er gilt. Riccardo Freda, verantwortlich
für das Drehbuch und die Regie, hatte sich schon seit den frühen 40er Jahren
einen Namen gemacht mit Verfilmungen von Klassikern ("Aquila nera"
(Schwarzer Adler, 1946) nach Alexander Puschkin) oder Historienfilmen wie
"Teodora, imperatrice di Bisanzio" (Theodora - Kaiserin von Byzanz,
1954). Sein Stil konnte sich in dieser Phase gegenüber dem
"Neorealismus" behaupten, was ihn nicht daran hinderte, eng mit Mario
Monicelli und Steno zusammen zu arbeiten, deren Wurzeln im Neorealismus zu
finden sind. Sie wirkten unter anderen an den Drehbüchern zu "Il cavaliere
misterioso" (Der geheimnisvolle Chevalier, 1948) oder "Il
tradimento" (1951) mit.
Bei
"Il tradimento" handelt es sich um ein Justiz-Drama über die Rache
eines unschuldig verurteilten Mannes nach einer langen Gefängnisstrafe. Der
Anlass für die im Film erzählten Ereignisse liegt viele Jahre zurück, worin
sich Parallelen zu "I vampiri" zeigen, der wie eine Symbiose aus Historiendrama
und modernem Thriller erscheint. Entgegen der Erwartung verkörpern die titelgebenden
"Vampire" die Gegenwart als Teil einer sensationsgierigen
Berichterstattung über die Morde an jungen Frauen, die blutleer aufgefunden
wurden. Entsprechend genervt reagiert Inspector Chantal (Carlo D'Angelo) auf
den Journalisten Pierre Lantin (Dario Michaelis), dessen Nachforschungen er
nicht nur für hinderlich hält, sondern ausschließlich im Interesse an weiteren
Schlagzeilen motiviert sieht.
"I
vampiri" beginnt wie ein klassischer Polizeifilm mit einer genauen
Untersuchungen der zuletzt aufgefundenen Leiche bis die nächste junge Frau in
den Fokus des geheimnisvollen Täters gerät. Die Inszenierung des Überfalls -
der nahende Schatten eines Mannes, die Einsamkeit der ahnungslosen jungen Frau,
die ablenkenden Schreckensmomente bis zur Überwältigung des Opfers - trägt
schon eindeutige Merkmale eines "Giallo" und verweist damit auf die
Handschrift des Kameramannes Mario Bava, der erstmals als Regisseur die
Dreharbeiten von Freda übernahm und den Film beendete. Noch prägnanter wird
sein optischer Stil sichtbar, sobald "I vampiri" in die parallele
Welt der Herzogin Margerita gerät - einer alten Frau, deren Gesicht schon lange
Niemand mehr unverhüllt sah - die mit ihrer schönen Nichte Giselle (Gianna
Maria Canale) in einem alten Schloss lebt. Die Schwarz-Weiß Bilder aus den herzoglichen
Räumen vermitteln eine dichte, gruselige Atmosphäre, die sich über ganz Paris
zu legen scheint.
Dank eines
Drehbuchs, dass seine fantastische Story mit Pragmatismus erzählt, bleiben die
Gegensätze aus "gotischem" Horror und Gegenwart jederzeit erhalten,
verfällt "I vampiri" nicht in nivellierende Gleichförmigkeit.
Journalist Lantin, der im Stil eines Detektivs ermittelt, tritt konkret auf,
selbst als er von seinem Chef gezwungen wird, über ein gesellschaftliches
Ereignis im Hause der Herzogin zu berichten. Deren Nichte ist verliebt in ihn -
wie eine Generation zuvor die Herzogin in seinen Vater - aber Lantin hindert
das nicht daran, deutlich seine Meinung über sie zu formulieren und sich klar
abzugrenzen. Erst langsam erkennt er, dass sein Verhalten dazu geführt haben
könnte, dass Lorette (Wandisa Guida) als nächstes Mädchen verschwand und
offensichtlich in Todesgefahr schwebt. Er hatte sie bei seinen Nachforschungen
kennengelernt und in ihr eine mögliche Zeugin erkannt, ganz abgesehen von der
zarten Bande, die sich zwischen ihnen anbahnt.
"I
vampiri" benötigt weder Action noch Vampire für seine Handlung, sondern
entwickelt seine Wirkung in einer Mischung aus klassischen
"Mad-Scientist"- Elementen und einer morbiden, erotisch aufgeladenen
Atmosphäre, die nicht nur stilbildend für das Horror-Genre wurde, sondern als
Reaktion auf den Wandel in der Sexualität nach dem Krieg zu verstehen ist. Dass
Giselle den Männern vorwirft, sie würden sie wegen ihres direkten,
unangepassten Verhaltens nicht akzeptieren, half ihr zum damaligen Zeitpunkt
noch nicht - ihre fordernde Sexualität und ihre bewusst forcierte Schönheit
hatten noch keine Chance gegen die Wirkung eines unschuldigen, jungen Mädchens
- aber in ihrer Rolle zeigte sich schon ein Vorbote der zukünftigen Entwicklung.
"I vampiri" Italien 1956, Regie: Riccardo Freda, Mario Bava, Drehbuch: Riccardo Freda, Piero Regnoli, Darsteller : Dario Michaelis, Carlo D'Angelo, Gianna Maria Canale, Wandisa Guida, Paul Muller, Laufzeit : 78 Minuten
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