Inhalt: Gerade als
der Drogenfahnder Commissario Rolandi (Claudio Cassinelli) das Zimmer eines
Teilnehmers des internationalen Kongresses für naive Kunst in Mailand
untersucht, geht in der Hotellobby eine Bombe hoch. Ein junger Mann (Bruno
Zanin) hatte noch versucht, den Koffer mit der Bombe zu entfernen, wurde aber
vom Portier daran gehindert, wobei er in dem Gerangel seine Brille verlor.
Schreiend war er nach draußen gerannt, allgemeine Panik auslösend, konnte aber
nicht verhindern, dass der Anschlag viele Tote und Verletzte forderte, darunter
auch der von Rolandi verdächtigte Kongressteilnehmer.
Da die Toten aus verschiedenen Ländern stammen, wird der als unbestechlich
geltende Generalstaatsanwalt Di Federico (Arthur Kennedy) mit der Untersuchung
beauftragt, nicht ahnend, dass er innerhalb der Justizbehörde von einem dichten
Netz umgeben ist, dass jeden seiner Schritte genau verfolgt. Derweil
beobachtete Rolandis Freund und Kollege Luigi Balsamo (Franco Fabrizi) einen
verwirrt wirkenden jungen Mann, der in einer Telefonzelle etwas auf eine
Zeitung schrieb. Spontan verlässt er die Straßenbahn und liest den Schriftzug
unter einem Foto des Bombenattentats "Es war ein Irrtum,
Entschuldigung". Er folgt ihm, kann ihn auch einholen, aber der stark
kurzsichtige Mann bedroht ihn mit einer Pistole und kann entkommen. Damit wird
Balsamo zum wichtigen Zeugen...
Der für die
deutsche Video-Veröffentlichung erdachte Titel "Killer Cop" ist grob
verfälschend, nicht nur, weil es keinen mordenden Polizisten gibt, sondern weil
Luciano Ercolis vorletzter Film und einziger Poliziesco weniger an die Action
reichen Polizeifilme eines Umberto Lenzi als an die Polit-Thriller Damiano
Damianis erinnert. Wie diesem in "Io ho paura" (Ich habe Angst, 1977)
genügt Ercoli in "La polizia ha le mani legate" (sinngemäß "Der
Polizei sind die Hände gebunden") ein einschneidendes Ereignis zu Beginn,
um daraus eine Situation zu entwickeln, die einen sehr pessimistischen Blick
auf das italienische Justizsystem wirft.
Dabei gilt
der Generalstaatsanwalt Di Federico (Arthur Kennedy), der mit den Ermittlungen
eines Bombenanschlags beauftragt wird, bei dem Menschen verschiedener Nationen
getötet und verletzt wurden, die sich in einem Mailänder Hotel zu einem
Kongress über naive Kunst getroffen hatten, als unbestechlich, um mögliche
diplomatische Verstimmungen zu verhindern. Arthur Kennedy verkörpert den
Staatsanwalt entsprechend zielstrebig und mit rauer Schale, aber seine
Korrektheit wird von einem Justizapparat ausgenutzt, der ihn unter der Leitung
seines Kollegen Bondi (Francesco D'Adda) überwacht, um jederzeit über den Stand
der Ermittlungen informiert zu sein.
Ercolis
Augenmerk liegt in der frühen Phase des Films weniger auf Aktionismen als auf
einer genauen Charakterisierung seiner Protagonisten. Für die Vorstellung des
von Claudio Cassinelli gespielten Commissario Matteo Rolandi, benötigt Ercoli
nur die großartige Eingangssequenz, wenn Rolandi in letzter Sekunde seinen
Wecker auffängt, einen Blick in Melvilles "Moby Dick" wirft und in
seinen "neuen" Wagen steigt, ein mehr als 10 Jahre altes, schon
leicht ramponiertes, großes Mercedes-Coupè - ein Gegenentwurf zu den üblichen
kleinen italienischen Flitzern. Cassinelli, der sich nach "La Polizia chiede aiuto" (Der Tod trägt schwarzes Leder, 1974) zu einem führenden
Vertreter des Genres entwickelte, spielt den Commissario in einer sympathischen
Mischung aus einem Intellektuellen und einem engagierten Polizisten.
Innerhalb
des Geschehens nimmt er zu Beginn allerdings nur eine Nebenrolle ein, auch wenn
er sich zufällig in dem Hotel aufhielt, als die Bombe hochging. Er hatte als
Drogenfahnder die Situation ausgenutzt, das Hotelzimmer eines
Kongressteilnehmers zu durchsuchen, der aber bei dem Anschlag ums Leben kommt.
Entscheidender für die weitere Entwicklung ist ein junger Mann, der versucht,
die Kofferbombe noch zu beseitigen, daran aber von dem Portier gehindert wird.
Franco Ludovisi (Bruno Zanin) verliert bei dem Gerangel nicht nur seine Brille,
auch seine Warnschreie können das Desaster nicht mehr verhindern. Wie sich bald
herausstellt, gehört er zu einem Trio, dass den Bombenanschlag ausgeführt hatte,
doch im Gegensatz zu Rocco (Paolo Poiret) und dessen Freundin hält er diesen
für einen Irrtum, wie er später verwirrt und aufgebracht mit großen Buchstaben
unter die Schlagzeile einer Zeitung schreibt.
"La
polizia ha le mani legate" spielte mit dieser Konstellation auf die
Ereignisse in der damaligen Gegenwart Italiens an, als mehrere Bombenanschläge
das Land erschütterten, deren Hintergründe jedesmal Anlass zu Spekulationen
gaben. Doch während die Menschen in der Straßenbahn darüber diskutieren, ob die
Linken oder die Faschisten dafür verantwortlich sind, legt der Film sich in
dieser Hinsicht nicht fest, macht aber deutlich, dass die drei Studenten nur
Ausführende waren, die jetzt als Schuldige herhalten sollen. Regelmäßig werden
telefonisch Anweisungen von Männern gegeben, die nicht aktiv ins Geschehen
eingreifen, deren genaue Rolle aber im Ungewissen bleibt. Anders als Francesco
Rosi in "Cadaveri eccellenti" (Die Macht und ihr Preis, 1976)
vermeidet Ercoli damit eine klare politische Aussage, lässt aber keinen Zweifel
an einer Manipulation, die auch vor Mord nicht zurückschreckt.
Rolandis
Freund, sein Kollege Luigi Balsamo (Franco Fabrizi), hatte das Pech, zufällig
den sich seltsam verhaltenden Franco Ludovisi dabei zu beobachten, wie er seine
Nachricht auf die Zeitung schrieb. Einer Eingebung folgend sprang er aus der
Straßenbahn, las dessen Satz und versuchte den durch seine starke
Kurzsichtigkeit behinderten jungen Mann aufzuhalten, was dieser dank seiner
Bewaffnung verhindern konnte. Balsamo wird entsprechend zu einem wichtigen
Zeugen der Staatsanwaltschaft, die ein Phantombild von Ludovisi erstellen
lässt, gerät aber auch in den Fokus der Hintermänner des Bombenanschlags.
Ercoli nimmt sich in dieser Phase noch die Zeit, mit sehr lässigen Szenen die
Charaktere seiner Protagonisten weiter auszuloten, wenn etwa Rolandi mit seiner
Freundin Papaya (Sara Sperati) einen ruhigen Nachmittag am Fluss verbringt,
über "Moby Dick" parliert, bevor ihm unter Zeitdruck einfällt, dass
sie noch Sex haben wollten. Oder Luigi mit der Dame des Hauses über die
Qualität von Früchten spricht, ehe sich herausstellt, dass deren Hausmädchen,
die gerade die Einkaufsliste erstellen muss, seine Freundin ist.
Erst als
Luigi kaltblütig ermordet wird, beginnt Rolandi sich gegen die Anordnungen des
Generalstaatsanwalts De Federico in die Ermittlungen einzuschalten. Begleitet
von Stelvio Ciprianis treibender Musik, versucht er an den reuigen Attentäter
Ludovisi heranzukommen, aber seine Gegner sind ihm immer einen Schritt voraus. Obwohl
Ercoli nur selten zu Action-Szenen greift, steigert er systematisch die
Spannung, erweisen sich Rolandis Vertraute zunehmend als Verräter und ist es
ungewiss, ob auch Di Federico nicht seine Hände in dem schmutzigen Spiel hat.
Ercoli gelingen dabei immer wieder regelrechte Kleinode an genau beobachteten
Szenen, etwa wenn Rocco, bevor er den von den Hintermännern bereitgestellten
Fluchtwagen startet, diesen nach Bomben absucht, oder Ludovisi allein in seinem
Hotelzimmer aufwacht, und die Schatten eines Mannes unter der Tür erkennt.
"La
polizia ha le mani legate" ist eine selten geglückte Kombination aus einer
spannend erzählten, schlüssig entwickelten Story, überzeugenden Charakteren und
einer gesellschaftskritischen Sichtweise, die ohne Plakativität auskommt.
Selbst die zum Schluss eingeblendete Schrifttafel, die auf den Tod eines der
wichtigsten Gegenspieler Rolandis hinweist, lässt offen, wie es dazu gekommen
ist - entscheidend daran bleibt, dass die eigentlichen Drahtzieher verschont
werden.
"La polizia ha le mani legate" Italien 1974, Regie: Luciano Ercoli, Drehbuch: Mario Bregni, Gianfranco Galligarich, Darsteller : Claudio Cassinelli, Arthur Kennedy, Franco Fabrizi, Sara Sperati, Bruno Zanin, Francesco D'Adda, Laufzeit : 93 Minuten
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