Inhalt: Ein
kleines Mädchen, einziges Kind eines reichen Industriellen, wird auf offener
Straße von drei Männern und einer Frau entführt. Commissario Caprile (Henry
Silva) fehlt jeder Hinweis auf die Täter, da die Zeugen, darunter die
Prostituierte Marisa (Lia Tanzi), scheinbar nichts gesehen haben. Zudem ist der
Vater des entführten Kindes bereit, jede Forderung der Kidnapper zu erfüllen,
weshalb Caprile zusätzlich die Hände gebunden sind, um das Leben des Mädchens
nicht zu gefährden.
Um die Täter aus der Reserve zu locken und weil er glaubt das der Mafiaboss Frank Salvatore (Gabriele Ferzetti), den er schon seit Jahre zu überführen versucht, damit etwas zu tun hat, führt er gemeinsam mit der Drogenfahndung Razzien durch. Tatsächlich setzt er damit etwas in Bewegung, dessen Folgen er noch nicht ahnt...
Um die Täter aus der Reserve zu locken und weil er glaubt das der Mafiaboss Frank Salvatore (Gabriele Ferzetti), den er schon seit Jahre zu überführen versucht, damit etwas zu tun hat, führt er gemeinsam mit der Drogenfahndung Razzien durch. Tatsächlich setzt er damit etwas in Bewegung, dessen Folgen er noch nicht ahnt...
Nach drei
Italo-Western - darunter als sein erster Film "Per 100.000 dollari ti
ammazzo" (Django der Bastard, 1968)) - wandte sich Regisseur Giovanni Fago
wie viele seiner Kollegen in dieser Phase dem aufstrebenden Poliziesco zu und
nutzte dafür die Erfahrung seines Co-Autors Adriano Bolzoni, der zuvor schon
bei "Squadra volante" (Die gnadenlose Jagd, 1974) am Drehbuch
mitgewirkt hatte. Bolzoni, ebenfalls im Western-Genre sehr aktiv, entwarf mit
"Marc il poliziotto spara per primo" (Das Ultimatum läuft ab) 1975
einen weiteren Polizeifilm, während "Fatevi vivi: la polizia non
interverrà" (In der Gewalt des Kindermörders) Fagos einziger Ausflug in
das Genre blieb.
Anders als es der reißerische deutsche Titel "In der Gewalt des
Kindermörders" vermuten lässt, setzte Fagos Film weniger auf Action und
überzeichnete Charaktere wie etwa Umberto Lenzi in "Milano odia: lapolizia non può sparare" (Der Berserker), sondern stand in seinem Bemühen,
eine ruhige, nachvollziehbare Story zu entwickeln, noch in der Tradition der
frühen Polizieschi wie Stenos "La polizia ringrazia" (Das Syndikat,
1972), allerdings ohne deren Komplexität zu erreichen. Der Vergleich zu Lenzis
"Der Berserker" liegt trotzdem nah - nicht nur wegen desselben
Erscheinungsjahres und der Besetzung Henry Silvas als leitender Commissario,
sondern weil sich beide Filme auch der damals in Italien sehr aktuellen
Thematik, der Kindesentführung, widmeten - ein Vergleich, der nur zu Fagos
Ungunsten ausfallen konnte.
Denn im Gegensatz zu Lenzis energiegeladener, die damalige Situation bewusst
zuspitzender Inszenierung, baute er seinen Film langsam auf und blieb auch in
den wenigen Action-Szenen fast betulich. In dieser Hinsicht kann "Fatevi
vivi: la polizia non interverrà" (sinngemäß "Bleib am Leben: die
Polizei wird nicht einschreiten") mit den populären Werken des Genres
nicht mithalten, aber das lässt übersehen, dass der Film nicht nur durch die
Verknüpfung von Mafia und der Entführungsthematik einen originellen Blickwinkel
einnahm, sondern diesen bis ins Detail schlüssig analysierte.
Wenn zu Beginn ein Mann von seinem Fahrer vor dessen Villa abgeholt wird, und kurz darauf ein Mädchen auf dem Weg vom elterlichen Grundstück zum Schulbus von einer vierköpfigen Bande entführt wird, glaubt man an eine Verbindung, doch der distinguierte Geschäftsmann Frank Salvatore (Gabriele Ferzetti) hat nichts damit zu tun. Bei ihm handelt es sich um einen aus Sizilien stammenden Mafia-Boss, der schon lange in der bürgerlichen Mitte angekommen ist und einen tadellosen Ruf genießt. Ferzetti spielt ihn ohne dämonische Ausstrahlung jederzeit gelassen agierend, ganz im Bewusstsein der eigenen Unangreifbarkeit. Darin zeigt sich gleichzeitig die größte Schwäche und die wesentliche Stärke des Films, denn der Verzicht auf eine emotionale Zuspitzung verhindert die innere Ungewissheit ähnlich angelegter Filme und schwört keine paranoide, gefährliche Spannung herauf, bleibt aber jederzeit realistisch.
Wenn zu Beginn ein Mann von seinem Fahrer vor dessen Villa abgeholt wird, und kurz darauf ein Mädchen auf dem Weg vom elterlichen Grundstück zum Schulbus von einer vierköpfigen Bande entführt wird, glaubt man an eine Verbindung, doch der distinguierte Geschäftsmann Frank Salvatore (Gabriele Ferzetti) hat nichts damit zu tun. Bei ihm handelt es sich um einen aus Sizilien stammenden Mafia-Boss, der schon lange in der bürgerlichen Mitte angekommen ist und einen tadellosen Ruf genießt. Ferzetti spielt ihn ohne dämonische Ausstrahlung jederzeit gelassen agierend, ganz im Bewusstsein der eigenen Unangreifbarkeit. Darin zeigt sich gleichzeitig die größte Schwäche und die wesentliche Stärke des Films, denn der Verzicht auf eine emotionale Zuspitzung verhindert die innere Ungewissheit ähnlich angelegter Filme und schwört keine paranoide, gefährliche Spannung herauf, bleibt aber jederzeit realistisch.
Auch Henry Silva als Commissario Caprile agiert nicht kopflos, sondern handelt
im Rahmen seiner gesetzlichen Möglichkeiten, obwohl er Salvatore schon seit
Jahren verfolgt. Sehr schön beschreibt Fago, dass jeder vergebliche Versuch,
den Mafioso zu verhaften, zu einer Beförderung Capriles führte - ein stimmiges
Beispiel für die inneren Verflechtungen in der Justiz, gegen die sich auch der
unbestechliche Commissario nicht wehren kann. Auch die Wahl eines Kindes als
Entführungsopfer und die verständlicherweise aufgeregten Eltern erzeugen kein
Schüren von Emotionen, sondern sind normaler Bestandteil der Umstände einer
Entführung. Die Vorgehensweise der Entführer, die unter der Leitung des
"Professors" (Philippe Leroy) versuchen, eine halbe Milliarde Lire zu
erpressen, unterliegt einzig pragmatischen Erwägungen. Dieser ist in seiner
kompromisslosen Haltung nicht weniger konsequent als der von Tomas Milian
gespielte Entführer in Lenzis Film, aber ohne dessen psychische Anfälligkeit
und unaufgeregt inszeniert.
Da sich entsprechend Niemand als Identifikationsfigur anbietet, lassen sich
deren innere Verbindungen ohne moralische Wertung ausarbeiten, wodurch die
Nüchternheit des Films noch betont wird. Commissario Caprile, der über keine
Spur zu den Entführern verfügt, versucht Frank Salvatore unter Druck zu setzen,
indem er gemeinsam mit der Drogenfahndung Razzien in Como durchführt. Er
erreicht sein Ziel anders als geplant, denn Salvatore, der Einnahmeverluste im
Drogenhandel hinnehmen muss, beginnt selbst die Entführer zu suchen, die seine
Geschäfte stören, was wiederum den "Professor" zwingt, mögliche Zeugen
auszuschalten.
Scheinbar behandelte "Fatevi vivi: la polizia non interverrà" damit bekannte Themen, denen sich viele Polizeifilme widmeten, aber er setzte sie sehr eigenständig um. Anstatt die Grundsituation einer Kindesentführung emotional für rigorose Polizeimethoden auszunutzen, wie es im Poliziesco üblich war, ist es hier die Mafia, die sich der Verbrecher annimmt, die weder bei der Verfolgung, noch der Bestrafung der Täter Rücksicht auf rechtsstaatliche Belange nehmen muss. An ihrer tatsächlichen Intention besteht trotzdem kein Zweifel. Einzig der weitere reibungslose Ablauf des Drogenhandels ist von Interesse, auch wenn sich Salvatores Männer sehr abschätzig über Kindesentführer äußern.
Scheinbar behandelte "Fatevi vivi: la polizia non interverrà" damit bekannte Themen, denen sich viele Polizeifilme widmeten, aber er setzte sie sehr eigenständig um. Anstatt die Grundsituation einer Kindesentführung emotional für rigorose Polizeimethoden auszunutzen, wie es im Poliziesco üblich war, ist es hier die Mafia, die sich der Verbrecher annimmt, die weder bei der Verfolgung, noch der Bestrafung der Täter Rücksicht auf rechtsstaatliche Belange nehmen muss. An ihrer tatsächlichen Intention besteht trotzdem kein Zweifel. Einzig der weitere reibungslose Ablauf des Drogenhandels ist von Interesse, auch wenn sich Salvatores Männer sehr abschätzig über Kindesentführer äußern.
Dem Film gelang damit das Kunststück eines Endes, das weder gut noch schlecht
ist, weder Befriedigung, noch nihilistische Gefühle vermittelt - passend zu
einer Inszenierung, die ohne emotionale Zuspitzung und ohne extreme Charaktere
auskommt. Man kann "Fatevi vivi: la polizia non interverrà" mangelnde
Attraktivität und damit einen geringeren Unterhaltungswert vorwerfen, aber
dahinter verbirgt sich keine Mittelmäßigkeit oder Unentschiedenheit, sondern
ein klarer Blick auf die Realität. Nicht erstaunlich, dass der Film heute
nahezu unbekannt ist, aber das ändert nichts daran, dass er einen von der
Erwartungshaltung an das Genre unvoreingenommenen Blick verdient hat.
"Fatevi vivi: la polizia non interverrà" Italien 1974, Regie: Giovanni Fago, Drehbuch: Giovanni Fago, Adriano Bolzoni, Darsteller : Henry Silva, Gabriele Ferzetti, Phillipe Leroy, Jack Betts, Rada Rassimov, Lea Tanzi, Laufzeit : 96 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Giovanni Fago:
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