Inhalt: Emilio (Johan Leysen) wohnt mit seiner Schwester
Amalia (Valeria D'Obici) im Palazzo ihrer Familie mitten in Rom, als letzte
Nachkommen eines alten Adelsgeschlechts. Der intellektuelle Emilio ist
gezwungen, als Ghost-Writer für einen jungen erfolgreichen Autor Stefano
(Sergio Rubini) zu arbeiten, der die modernen Zeiten besser bedienen kann als
er, der noch zwischen den Relikten seiner familiären Vergangenheit lebt.
Als er allein durch Rom schweift fällt ihm eine schöne junge
Frau auf, der er heimlich folgt. Auch ins Obergeschoss eines Kleidungsgeschäfts
geht er ihr nach, wo sie ihn schon erwartet und ihn zum Sex verführt. Ohne
ihren Namen zu nennen verschwindet sie darauf wieder, aber Emilio kann diese
erotische Frau nicht vergessen, die seine geordnete Welt durcheinander bringt.
Als er sie wenig später in Begleitung eines anderen Mannes wiedersieht, lässt
er sich von Giulia (Serena Grandi) nicht mehr abschütteln…
Leise schwappt das Wasser an den verlassenen Strand von
Ostia, wo das Leben aus den Strandhäusern und Bars gewichen scheint, in
bläulichem Licht liegen die Appartement- und Bürohäuser der Stadt, selbst auf
den Straßen Roms scheint nur wenig Verkehr zu herrschen - ein äußerer Zustand,
der die Gefühle Emilios (Johan Leysen) widerspiegelt, der von Einsamkeit und
Sehnsucht zerfressen auf ein Zeichen Giulias (Serena Grandi) wartet, die er
gleichzeitig begehrt und ablehnt, ohne die er aber nicht leben kann.
Bisher verlief das Leben des Intellektuellen in geordneten
Bahnen. Zwar wirkte er, von altem Adel abstammend und gemeinsam mit seiner
Schwester Amalia (Valeria D'Obici) in einem ehrwürdigen, die Zeit der
Jahrhunderte atmenden Palazzo lebend, aus der Zeit gefallen, aber sein
Selbstbewusstsein hatte auch nicht darunter gelitten, dass er für den jungen
und beliebten Autor Stefano (Sergio Rubini) als Ghostwriter arbeiten musste,
weil sich seine eigenen Schriften nur schlecht verkauften. Die Beziehung
Emilios zu seiner Schwester erinnert an Viscontis Geschwisterpaar in „Vaghe stelle dell‘Orsa“ (Sandra, 1965), mit dem er auch seine eigene adelige Herkunft
verarbeitete. Eine Vergangenheit, die die Geschwister zu einem Zusammenhalt
zwingt, der inzestiöse Züge annimmt. Zuerst erscheint Amalia wie die Geliebte
Emilios, aber auch nachdem ihre Positionen geklärt sind, lässt sich die
Abhängigkeit Amalias von ihrem Bruder nicht übersehen.
Auf diese fragile Konstellation trifft Giulia, der Emilio in
das Obergeschoss eines Kleidungsgeschäfts folgt, wo sie unmittelbar Sex haben.
Nicht nur für Emilio ein so überraschendes, wie aufregendes Aufeinandertreffen,
sondern die Konfrontation des artifiziellen Kinos mit der Körperlichkeit Serena
Grandis, deren wohlgeformter Hintern und ausladender Busen die Wucht
personifizierte, mit der sie scheinbar gefestigte Strukturen aufbrach. Die Hochphase
des italienischen Erotik-Films lag 1985 schon einige Jahre zurück. Auch Serena
Grandi begann ihre Karriere im Kannibalismus-Film der frühen 80er Jahre
(„Antropophagus“ (Man-Eater, 1980)), bevor sie zunehmend als sexuelle
Versuchung in Filmen inszeniert wurde („Malamore" (1982)), die ihre Erotik
weniger im spielerisch-komödiantischen Stil der 70er Jahre, als dramatisch
einsetzten.
Voraussetzung dafür war aber eine Frau wie Serena Grandi,
deren Optik jedes rationale Argument pulverisierte. Der Originaltitel
„Desiderando Giulia“ trifft es deshalb genauer als das neutrale „Giulia“, denn
nicht die Frau steht im Mittelpunkt des Films, sondern das Begehren des Mannes,
der zunehmend seinen Verstand verliert. Dabei gelang Regisseur und
Drehbuchautor Andrea Barzini in seinem ersten Kinofilm die Wandlung eines
sympathisch wirkenden, altmodischen Intellektuellen, dessen Begeisterung für
Giulia nachvollziehbar ist, zu einem manischen Egoisten, der unfähig ist, aus
seinen anerzogenen Verhaltensmustern auszubrechen.
Nachdem er sie zufällig wiedertraf, beginnt eine sexuelle
Beziehung zwischen den intellektuell ungleichen Partnern, die von seiner Seite scheinbar
ernsthafter betrieben wird. Er möchte sie für sich allein, während sie auch vor
seinen Augen keine Hemmungen zeigt, mit anderen Männern ins Bett zu gehen. Der entstandene
Eindruck ihrer Abgebrühtheit und seines Ausgeliefertsein kehrt sich langsam ins
Gegenteil, denn ihre immer ausgefalleneren sexuellen Erniedrigungen erweisen
sich als letztlich untauglicher Versuch, echte Gefühle in einem Mann
hervorzurufen, der es keinen Moment in Erwägung gezogen hatte, sie zu sich in
seinen Palazzo mitzunehmen oder seiner Schwester als seine neue Partnerin
vorzustellen.
Giulia wirkt letztlich wahrhaftiger, während Emilio in einem
egoistischen Strudel aus Lust, Eifersucht und Selbstmitleid versinkt, der in
ihm jedes Gefühl für seine Umgebung abtötet. Seine Schwester Amalia, die eine
kurze Affäre mit Stefano hatte, an deren Ende Emilio nicht unschuldig war, kann
ihn nicht mehr erreichen. Trotz dieser dramatischen Entwicklungen bleibt
„Giulia“, begleitet von einer einschmeichelnd melancholischen Musik, zuerst ein
Erotik-Film, der Serena Grandi ausreichend Gelegenheit gibt, ihre körperlichen
Vorzüge zu präsentieren. Die Wellen des Meers kräuseln immer noch am Strand von
Ostia, der Palazzo bewahrt seinen musealen Charakter und auch Emilio bleibt in
jahrhundertealten Traditionen gefangen – in besonderer Erinnerung bleibt jedoch
der Busen von Serena Grandi.
"Desiderando Giulia" Italien 1986, Regie: Andrea Barzini, Drehbuch: Andrea Barzini, Gianfranco Clerici, Italo Svevo (Roman), Darsteller : Serena Grandi, Johan Leysen, Valeria D'Obici, Sergio Rubini, Carlo Maestro, Laufzeit : 90 Minuten
Lief am dritten Tag des 13. Hofbauer-Kongress' vom 24. bis 28.07.2014 in Fürth.
Lief am dritten Tag des 13. Hofbauer-Kongress' vom 24. bis 28.07.2014 in Fürth.
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