Inhalt:
Als
er sich mit einem früheren Freund seines verstorbenen Vaters trifft, ahnt er
noch nicht dessen Beweggründe. Während sie gemeinsam die vielen Stufen einer
Treppe hinaufgehen, macht der alte Mann, ein reicher römischer Geschäftsmann,
dem agilen Bauunternehmer (Sergio Fantoni) unmissverständlich klar, dass er
seinen hohen Kredit in Kürze zurück erhalten will. Ihm ist klar, dass die
Laufzeit noch ein Jahr beträgt, aber er droht damit, falls das Geld nicht
pünktlich an ihn überwiesen wird, dessen verschwenderisches Leben, dass nur der
gute Name seines Vaters ermöglicht hätte, öffentlich anzuprangern. Nur sein Tod
könnte das verhindern, wie er im Spaß hinzufügt.
Schon längere Zeit befindet sich das Bauunternehmen am Rand des Ruins,
konnte aber dank des Kredits ebenso am Leben gehalten werden wie der Luxus, den
er seiner schönen Frau (Sylva Koscina) bieten kann. Zuerst sucht er noch nach
einem legalen Ausweg, aber immer mehr konkretisiert sich der Gedanke, den der
alte Mann selbst geäußert hatte - nur dessen Tod kann ihn noch retten. Nur
benötigt er dafür einen unauffälligen, ihn von jedem Verdacht befreienden
Täter...
Wie entscheidend der frühe Einfluss des Neorealismus, speziell in Persona des Drehbuchautors Cesare Zavattini, für Damiano Damianis Weg zum Filmregisseur war, wird an ihrer intensiven Zusammenarbeit bei seinen drei ersten Filmen deutlich. Nach "Il rossetto" (Unschuld im Kreuzverhör, 1960) schrieben sie noch gemeinsam die Drehbücher zu "Il sicario" (Das bittere Leben) und "L'isola di Arturo" (Insel der verbotenen Liebe, 1962), deren inszenatorische Anlage noch die Nähe zum neorealistischen Stil der 40er Jahre verriet, die aber inhaltlich in der Gegenwart Italiens Anfang der 60er Jahre angekommen waren. Zusammengefasst werden sie heute als "Trilogia psicologica" (Psychologische Trilogie) bezeichnet, da sie sich komplex mit den Auswirkungen der sich parallel zum Wirtschaftswachstum der 50er Jahre verändernden Sozialisation der Nachkriegsgesellschaft befassten.
Wie entscheidend der frühe Einfluss des Neorealismus, speziell in Persona des Drehbuchautors Cesare Zavattini, für Damiano Damianis Weg zum Filmregisseur war, wird an ihrer intensiven Zusammenarbeit bei seinen drei ersten Filmen deutlich. Nach "Il rossetto" (Unschuld im Kreuzverhör, 1960) schrieben sie noch gemeinsam die Drehbücher zu "Il sicario" (Das bittere Leben) und "L'isola di Arturo" (Insel der verbotenen Liebe, 1962), deren inszenatorische Anlage noch die Nähe zum neorealistischen Stil der 40er Jahre verriet, die aber inhaltlich in der Gegenwart Italiens Anfang der 60er Jahre angekommen waren. Zusammengefasst werden sie heute als "Trilogia psicologica" (Psychologische Trilogie) bezeichnet, da sie sich komplex mit den Auswirkungen der sich parallel zum Wirtschaftswachstum der 50er Jahre verändernden Sozialisation der Nachkriegsgesellschaft befassten.
Der deutsche Titel “Das bittere Leben“ übernahm zwar nicht die Bedeutung
des Originaltitels „Der Meuchelmörder“, spielte aber auf die Furcht der beiden
Protagonisten an, ein solches Dasein erleiden zu müssen. Vielleicht sollte
damit auch ein Bezug zu Cesare Zavattinis neorealistischer Vergangenheit
hergestellt werden, aber mit den Zuständen nach dem Krieg hat das hier
geschilderte Leben in Rom, Anfang der 60er Jahre, nichts mehr gemeinsam. Ging
es nach ’45 um das nackte Überleben, hat die Zeit des wirtschaftlichen
Aufschwungs längst allgemeine Begehrlichkeiten geweckt. „Il sicario“ entfaltet
das Szenario einer nach Konsumgütern lechzenden Gesellschaft, die versucht, den
äußeren Schein zu wahren. Das verbindet den Bauunternehmer (Sergio Fontani) und
den Auto-Mechaniker (Alberto Lupo), die jeweils unter dem Erwartungsdruck ihrer
Umgebung, nicht zuletzt ihrer attraktiven Frauen (Sylva Koscina, Belinda Lee)
und Kinder stehen - unabhängig davon, ob es sich um den Erhalt eines luxuriösen
Lebens mit mondäner Villa oder den Erwerb eines Fernsehers und eines eigenen
kleinen Autos handelt.
Der Auslöser für die Mordpläne liegt im Entzug einer großen Geldsumme,
die das schwankende Kartenhaus des Bauunternehmers bedroht. Ein alter Freund
des verstorbenen Vaters verlangt das geliehene Geld gegen die vertragsgemäße
Abmachung innerhalb weniger Tage zurück – und droht damit, den über seinen
wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden und vom Ansehen des Vaters
profitierenden Unternehmer öffentlich zu diskreditieren, falls dieser nicht, wie
von ihm gefordert, zurückzahlt. Geschickt bettet der Film dieses Szenario in
Nebengeschichten, die den Druck auf den Protagonisten noch erhöhen. Ein befreundetes
Paar der römischen High Society ist pleite und gezwungen, sich von Luxusgütern
zu trennen, was die Frau des Bauunternehmers, die gerade erst ein teures Bild
für die Innenausstattung ihres Hauses erworben hat, dazu bewegt, ihre Überlegenheit auch als Paar zu betonen. Dass sie sich schon mehrfach gegenseitig betrogen haben, wirkt angesichts der Bedeutung von Wohlstand und gesellschaftlichem Ansehen nebensächlich.
Im Vergleich zur Situation des Mannes, der in Vittorio De Sicas, ebenfalls
nach einem Drehbuch Zavattinis entstandenen „Ladri di biciclette“ (Fahrraddiebe,
1948) am Ende selbst zum Dieb wird, sind selbst die ärmlichen Voraussetzungen
des Automechanikers von gediegener Solidität. Er hatte sich finanziell
übernommen, saß schon ein paar Monate wegen Diebstahls im Gefängnis, und will
nicht, dass seine Frau als Bardame für den Familienunterhalt sorgt. Er hatte
früher einmal für den Bauunternehmer gearbeitet, weshalb sich dieser an ihn
erinnert, als er nach einem geeigneten Täter für seinen Mordanschlag sucht.
Diese Suche nutzte Damiani für tiefere Einblicke in eine Gesellschaft, die nur
nach schnellem Erfolg zu streben scheint. Der ebenfalls vom Neorealismus geprägte
Regisseur und Gelegenheitsdarsteller in seinen eigenen Filmen Pietro Germi
(„Divorzio all’italiana“ (Scheidung auf Italienisch, 1961) ließ es sich nicht
nehmen, nach „Il rossetto“ ein zweites Mal unter der Regie Damianis zu spielen
– diesmal einen glücklosen Spieler.
In „Il rossetto“ wurden die Protagonisten nicht nur als Täter, sondern
gleichzeitig als Opfer einer sich wandelnden Sozialisation charakterisiert, in
„Il sicario“ trieben es Damiani und Zavattini damit zynisch auf die Spitze, als
ob der Erhalt wirtschaftlicher Prosperität eine Frage von Leben und Tod wäre. Die
in der ersten Hälfte des Films entstehende Drohkulisse ist von solcher
Intensität - auch dank der ausgezeichneten Darsteller - dass sie zwangsläufig
auf einen Mord als einzige Lösung hinauszuführen scheint. Im Vergleich zu den
fatalistischen Konsequenzen seiner 70er Jahre Polit-Thriller, gestand Damiani
den Tätern noch Schuldgefühle und Selbstzweifel zu, die einen Rest an
moralischer Instanz vermitteln können, aber innerhalb der „Trilogia
psicologica“ hinterlässt das hier ausgebreitete, bis heute zeitlose
Gesellschaftsszenario den pessimistischsten Eindruck, da es über keine positiv
besetzte Figur verfügt. Als der Bauunternehmer seiner Ehefrau seinen Plan gesteht,
weshalb er mit ihr per Zug eine Reise in den Süden antrat, um ein überzeugendes
Alibi zu erhalten, offeriert er ihr kurz, dass er seinen Handlanger bei einem
Zwischenhalt noch zurückhalten könnte, wenn sie es verlangt – sie lässt die
Gelegenheit verstreichen und bezeichnet ihn als „widerlich“. Doch „widerlich“
ist nur, dass er sie eingeweiht hatte und damit in eine Tat einbezieht,
deren Auswirkungen sie nur allzu gerne in Anspruch nimmt.
"Il sicario" Italien 1961, Regie: Damiano Damiani, Drehbuch: Damiano Damiani, Cesare Zavattini, Darsteller : Belinda Lee, Silva Koscina, Sergio Fantoni, Alberto Lupo, Pietro Germi, Laufzeit : 106 Minuten
Dieser rare Film war Eröffnungsfilm des zweiten Tages beim 1. Festival des italienischen Genre-Filmfestivals "Terza Visione" in Nürnberg vom 25. bis 27.04.2014
Dieser rare Film war Eröffnungsfilm des zweiten Tages beim 1. Festival des italienischen Genre-Filmfestivals "Terza Visione" in Nürnberg vom 25. bis 27.04.2014
weitere im Blog besprochene Filme von Damiano Damiani:
"Il rossetto" (1960)
"L'isola di Arturo" (1962)
"Quien sabe" (1967)
"Il giorno della civetta" (1968)
"La moglie più bella" (1970)
"Confessione di un commissario di polizia al procuratore della republicca" (1971)
"L'istruttoria è chiusa: dimentichi" (1971)
"Perché si uccide un magistrato" (1974)
"Io ho paura" (1977)
"L'avvartimento" (1980)
"L'isola di Arturo" (1962)
"Quien sabe" (1967)
"Il giorno della civetta" (1968)
"La moglie più bella" (1970)
"Confessione di un commissario di polizia al procuratore della republicca" (1971)
"L'istruttoria è chiusa: dimentichi" (1971)
"Perché si uccide un magistrato" (1974)
"Io ho paura" (1977)
"L'avvartimento" (1980)
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