Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den

Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den
Ein Rückblick in die Entstehungsphase der "Commedia sexy all'italiana"

Freitag, 23. Mai 2014

Il grande colpo dei sette uomini d'oro (Das Superding der sieben goldenen Männer) 1966 Marco Vicario

Inhalt: Der gelungene Diebstahl eines Tresors bereitet dem „Professor“ Albert (Philippe Leroy), seiner Geliebten Giorgia (Rosanna Podestà) und ihren sechs Mitstreitern nur kurz Freude, denn die CIA wartet schon schwer bewaffnet, um sie in Haft zu nehmen. Um den Kumpanen weitere Verhöre zu ersparen, stellt sich der „Professor“ freiwillig, übernimmt aber sofort wieder die Regie, da er die Motive der US-Amerikaner kennt. Sie sollen für diese einen kommunistischen Diktator aus einem südamerikanischen Land entführen, was Albert nur unter seinen Bedingungen in Betracht zieht.

Der CIA bleibt keine Wahl und sie begeben sich an Bord eines U-Boots an die südamerikanische Küste, von wo aus sie beobachten, wie Giorgia in die luxuriösen Gemächer des „Presidente“ (Enrico Maria Salerno) eindringt. Zwar wird sie verhaftet, aber schon bald als persönlicher Gast des Diktators begrüßt, der sich den Reizen der schönen Frau nicht entziehen kann. Diese Ablenkung genügt dem Professor, um einen Plan durchzuführen, der noch ganz andere Ziele im Blick hat…


Nur ein Jahr nach "Sette uomini d'oro" (Sieben goldene Männer, 1965) erschien der Nachfolger "Il grande colpo dei sette uomini d'oro" (Das Superding der sieben goldenen Männer) in den italienischen (und internationalen) Kinos - eine schnelle Reaktion auf den überraschenden Erfolg der intelligent-lässigen Gaunerkomödie, an der alle wichtigen Protagonisten um Regisseur und Autor Marco Vicario und seine Frau und Hauptdarstellerin Rosanna Podestà erneut beteiligt waren. Konsequent beginnt der Film mit einer thematischen Zusammenfassung des Erstlings: während Giorgia (Rosanna Podestà) mit ihrer extravaganten Erscheinung die Angestellten einer römischen Bank ablenkt und der "Professor" (Philippe Leroy) per Radargerät die Aktion leitet, fahren seine sechs Männer mit einer Lokomotive in einen Tunnel, die einen speziell ausgerüsteten Anhänger zieht. Unterhalb des Bankgebäudes angekommen, fährt eine große rechteckige Säge nach oben, um sich kurz darauf den vollständigen Tresor einzuverleiben.

Begleitet wird der Coup wie gewohnt von den launigen Kommentaren des international zusammen gewürfelten Teams von Männern, deren Vornamen alle mit "A" beginnen, unter denen Gastone Moschin als Adolf (der Deutsche) heraus sticht, dessen regelmäßige "Jawoll", "Auf Wiedersehen" oder "Kaputt"-Rufe auf das seit der Besatzungszeit im 2.Weltkrieg in Italien bekannte deutsche Vokabular anspielten. Mit "Arrivo Gestapo" (Gestapo, ich komme) startet entsprechend die Aktion, deren Ironie sich auch darin zeigt, dass der Professor und Giorgia die Rollen tauschten. Während sie Zigarre rauchend vom Hotel die Leitung übernimmt, stakst er als Blickfang verkleidet auf hohen Absätzen in die Bank. Erwartungsgemäß können sie sich ihres Erfolgs nicht lange erfreuen, denn die CIA wartet schon am Tunnelausgang mit ihren Maschinengewehren, ohne des Professors und Giorgia habhaft zu werden. Beide stellen sich kurz darauf freiwillig, um selbstbewusst eine Belohnung von 7 Millionen Dollar für den eigentlichen Zweck der Festnahme zu fordern - die sieben goldenen Männer und Giorgia sollen für die USA einen kommunistischen Diktator aus einem südamerikanischen Land entführen.

Diese ersten Minuten beinhalten noch sämtliche Qualitäten des Vorgängers, aber die danach beginnende eigentliche Story krankt an den bekannten Schwierigkeiten einer Fortsetzung - der Zwang zum schneller, höher und weiter. Besaßen die futuristischen Spielereien in "Sette uomini d'oro" noch einen dezenten, die Realität leicht überhöhenden Charakter, die an die Gimmicks der "James Bond" - Filme erinnerten, werden im Nachfolger für beinahe jede Aktion fantastische Apparaturen hervor gezaubert, passend zu einer Handlung, die sich nicht mehr mit einem gewieften Bankraub zufrieden gab. Nicht nur, dass der "Professor" die Entführung des Diktators von einem U-Boot der US-Flotte aus leitet, gleichzeitig bringt seine Truppe noch ein im Hafen liegendes Sowjet-Schiff unter seine Kontrolle, in dessen Rumpf riesige Goldbarren-Reserven lagern. Von dem fast unsichtbar ausgeführten Bankraub der Premiere sind diese Vorhaben ebenso weit entfernt, wie deren intelligente Wendungen von der linearen, grob gestrickten Story in "Il grande colpo dei sette uomini d'oro". Stattdessen setzte diese auf viel Action. Es wird geprügelt und mit Maschinengewehren um sich geballert, ohne dass angeblich Jemand verletzt wird - kein Vergleich zum gewaltlosen Vorgehen im Erstling.

Vielleicht versuchte Marco Vicario auch gar nicht erst, dessen dichte, in einem überschaubaren Umfeld spielende Handlung zu wiederholen, sondern ließ seinen Mitstreitern in einem bewusst übertriebenen Szenario freien Lauf. Dafür spricht die Lust, mit der besonders Gastone Moschin und Rosanna Podestà hier aufspielten, die deutlich mehr Screen-Time erhielten. Während Moschin seine Karikatur eines Deutschen sympathisch umsetzte, glänzte Podestà als selbstbewusst, emanzipierte Verführerin des Diktators, den der neu zum Cast hinzu gekommene Enrico Maria Salerno als urkomische Fidel-Castro-Kopie gab, die wesentlich besser wegkam als die US-Amerikaner, deren Foltermethoden der Film persiflierte. Am Ende kombinierte Vicario den Nachfolger mit Originalszenen aus "Sette uomini d'oro" und schloss damit das Kapitel um eine Gaunerbande, der er zwei - trotz der gemeinsamen 60er Jahre Optik plus passender Stimmungsmusik - sehr unterschiedliche Filme widmete.

"Il grande colpo dei sette uomini d'oro" Italien, Frankreich, Spanien 1966, Regie: Marco Vicario, Drehbuch: Marco Vicario, Mariano OzoresDarsteller : Philippe Leroy, Rosanna Podestà, Gastone Moschin, Gabriele Tinti, Maurice Poli, Enrico Maria Salerno, Laufzeit : 96 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Marco Vicario:

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Der Name "L'amore in città" bezieht sich auf einen Episoden Film aus dem Jahr 1953, der erstmals Regisseure in Italien dazu brachte, ihre extra dafür geschriebenen und gedrehten Kurzfilme zu einem Gesamtwerk zu vereinen. Der Episodenfilm steht symbolisch für eine lange, sehr kreative Phase im italienischen Film, die in vielerlei Hinsicht stilbildend für die Kunstform Film wurde. Die intensive Genre-übergreifende Zusammenarbeit unter den Filmschaffenden war eine wesentliche Grundlage dafür.