Inhalt:
Commissario Ghini (Luc Merenda) wird zu einem Überfall mit Geiselnahme gerufen.
Er lässt sich von den drängenden Banditen nicht ablenken, sondern bereitet in
Ruhe die Befreiung vor, die ihm ohne Opfer unter den Geiseln gelingt. Nur die
Verbrecher kommen nicht unbeschadet davon, aus Ghinis Sicht eher die Ausnahme.
Denn während Gangsterbosse wie Belli (Elio Zamato) oder Lanza (Franco Citti)
offensichtlich etwas Größeres vorbereiten, kommt Ghinis kleine Einsatztruppe
kaum hinterher.
Währenddessen
hat Sergio Marazzi, genannt “Monnezza“ (Tomas Milian), ganz andere Probleme.
Ein wohlhabendes mailändisches Paar hat sich in sein Restaurant verirrt und
kommt mit den hier herrschenden rüden Umgangsformen nicht zurecht. Während
seine Freundin ihm kaum eine Pause gönnt, versucht er ein Gespräch mit einem
alten Bekannten zu führen, der ihn um Hilfe bittet. Er braucht einen Fahrer für
einen Job, aber Monnezza hat Bedenken, da er gegen Gewalt ist. Erst als ihm
versprochen wird, dass dabei keine Waffen eingesetzt werden, macht er einen
Vorschlag, ohne zu ahnen, was er damit auslöst…
Mit
"Squadra volante" (Die gnadenlose Jagd, 1974) hatten Regisseur
Stelvio Massi und Tomas Milian schon gemeinsam einen frühen Poliziesco gedreht,
aber während der Hochphase des Genres waren sie getrennte Wege gegangen. Massi,
der zuvor viele Jahre als Kameramann im Italo-Western-Genre mitgewirkt hatte,
wurde danach ebenso zu einem führenden Vertreter des "Polizieschi
all'italiana" ("Mark il poliziotto" - Trilogie) wie Tomas
Milian, aber ihre einzige weitere Begegnung sollte in "La banda del
trucido" (Die Gangster-Akademie) stattfinden, als das Genre seinen Zenit
schon überschritten hatte. Vergleichbar verlief die Karriere des französischen
Darstellers Luc Merenda, der erstmals 1973 in "Milano trema - la polizia
vuole giustizia" unter Sergio Martino als Commissario aktiv wurde, danach
noch mehrfach den kompromisslosen Gesetzeshüter gab und ebenfalls schon mit
Stelvio Massi in "Il conto è chiuso"
(In den Klauen der Mafia, 1976) zusammengearbeitet hatte.
Damit
waren ähnliche Voraussetzungen geschaffen wie bei der Entstehung von "Il trucido e lo sbirro" (Das
Schlitzohr und der Bulle, 1976), dessen Erfolg die Produzenten mit "La
banda del trucido" wiederholen wollten. Mit Stelvio Massi war ein im Genre
erfahrener Regisseur mit an Bord, Luc Merenda übernahm die Rolle des
Commissario von Claudio Cassinelli und als Bösewicht ("Trucido")
wirkte diesmal Elio Zamoto, ebenfalls ein renommierter Darsteller zwiespältiger
Persönlichkeiten ("Perche si uccide un magistrato?" (Warum musste
Staatsanwalt Traini sterben?)). Entscheidend für das Gelingen war aber die
Figur des Sergio Marazzi, genannt "Monnezza", eines römischen
Kleinganoven mit großer Klappe und goldenem Herzen, die Tomas Milian in
"Il trucido e lo sbirro" entwickelt hatte und die viele Jahre sein
Markenzeichen bleiben sollte. Konkret spielte er den "Monnezza" nur
noch einmal in "La banda del gobbo" (Die Kröte, 1978), aber Milian
variierte seinen anarchistischen Wuschelkopf auch als Nico Giraldi in seiner
Superbullen-Reihe, die er ebenfalls 1976 mit "Squadra antiscippo"
(Der Superbulle mit der Strickmütze) startete.
An einem
homogenen Lebenslauf des "Monnezza" war Milian nicht interessiert,
nur an dessen charakteristischen Eigenschaften. Er selbst war für die Dialoge
dieser Figur verantwortlich, auch wenn er als Argentinier synchronisiert werden
musste, um "Monnezza" dessen typischen römischen Dialekt verleihen zu
können. Aus dem Einzelgänger mit guten Kontakten in "Il trucido e lo sbirro" wurde hier ein Restaurantbesitzer mit Freundin und kleinem Sohn,
der in seinem römischen Viertel hohes Ansehen und Einfluss genießt. Der
Gaunerei hat er noch nicht ganz abgeschworen, weshalb er eine kleine Akademie
für Trickbetrüger betreibt, die selbstverständlich gewaltlos vorgehen.
Diese
Gestaltung war signifikant für die Entwicklung des "Poliziesco" in
eine immer humorvollere Richtung. War "Monnezza" in "Il trucido e lo sbirro" noch ein eigenwilliger Typ mit lockeren Sprüchen, der sich
aber ernsthaft für die Verfolgung einer brutalen Gangsterbande an der Seite des
Commissario einsetzte, spürte man in "La banda del trucido" schon die
Nähe zur komödiantisch angelegten Figur des Nico Giraldi der
"Superbullen"-Filme. Der größere Unterschied zum Vorgängerfilm lag
aber darin, dass die ernsthafte Handlung um Commissario Ghini (Luc Merenda) und
die Kapriolen von "Monnezza" nur lose verzahnt wurden und der Film in
zwei sehr unterschiedliche Handlungsstränge zerfiel. Während Ghini noch den
klassischen Hard-Liner gibt, der auf den römischen Straßen aufräumt und es
neben dem Oberschurken Belli (Elio Zamuto) noch mit einigen anderen Gangstern
zu tun bekommt, sieht man "Monnezza" hauptsächlich in seinem
Restaurant, wo er es mit Mailänder Kundschaft, seiner dicken Freundin, die zum
Film will, und seinem kleinen Sohn, den er ständig auf dem Rücken herum trägt,
aufnehmen muss. Auch die Szenen um die "Gangster-Akademie" haben eher
Ulk-Charakter, denn seine Schüler erweisen sich ausschließlich als Volltrottel.
Dass es
überhaupt zu einer Berührung zwischen diesen Handlungssträngen kommt, wirkt
etwas konstruiert, wie selbst der erfahrene Drehbuchautor Sacchetti zugab, der
auch für "Il trucido e lo sbirro" verantwortlich war.
"Monnezza" empfiehlt einen Freund als Fahrer des Fluchtfahrzeuges für
einen Belli-Coup, nachdem man ihm versprochen hatte, das sie ohne Waffen
vorgehen wollen. Dass man Belli nicht trauen konnte, hätte gerade
"Monnezza" wissen sollen, weshalb er sich nach dem Tod seines
Freundes gezwungen sieht, die Polizeiverfolgung durch Commissario Ghini dezent
zu unterstützen. Diese kurzen Szenen sind nicht von wesentlicher Bedeutung für
die Beurteilung eines Films, der einerseits höchst abwechslungsreich ist,
andererseits einen uneinheitlichen Charakter vermittelt im ständigen Wechsel
zwischen hartem Kriminalfilm und Komödie.
Der
deutsche Verleih traf eine entsprechende Entscheidung, indem er mehr als 10
Minuten der Handlung herausschnitt, die ausschließlich zu Lasten der Rolle des
"Monnezza" ging, um damit den Poliziesco-Charakter stärker zu
betonen. Den Film gleichzeitig "Gangster-Akademie" zu nennen, womit
Tomas Milians Rolle wieder heraus gestellt wird, ist allerdings inkonsequent.
Letztlich bleibt das Urteil über "La banda del trucido" eine Frage
des persönlichen Geschmacks. Die Handlung um den Commissario ist schnell
geschnitten und mit ordentlich Action verzahnt, ihr fehlt allerdings jede
innovative Note, während Tomas Milian als "Monnezza" hier wie gewohnt
eine gute Show abliefert - wer ihn liebt, wird auch den Film in seiner
vollständigen Fassung mögen.
"La banda del trucido" Italien 1977, Regie: Stelvio Massi, Drehbuch: Elisa Brigante, Fulvio Gicca, Darsteller : Tomas Milian, Luc Merenda, Elio Zamuto, Franco Citti, Nicoletta Piersanti, Laufzeit : 95 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Stelvio Massi:
"Il commissario di ferro" (1978)
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