Inhalt: Baron
Ferdinando Celafù (Marcello Mastroianni) ist seiner Ehefrau Rosalia (Daniela
Rocca) schon lange überdrüssig und sehr verliebt in seine 16jährige Nichte
Angela (Stefania Sandrelli), die er heimlich beobachtet. Als er erfährt, das
auch Angela ihn liebt, überlegt er wie er seine Frau los werden kann, die er in
seinen Träumen schon mehrfach ermordete.
Sich scheiden zu lassen ist im katholischen Italien verboten, aber als er von einem Justizprozess erfährt, indem die betrogene Ehefrau nur 8 Jahre Gefängnis bekam, weil sie durch den Mord an ihrem treulosen Mann ihre Ehre wieder hergestellt hatte, beginnt ein Plan in ihm zu reifen. Er muss einen Liebhaber für seine Frau finden...
Sich scheiden zu lassen ist im katholischen Italien verboten, aber als er von einem Justizprozess erfährt, indem die betrogene Ehefrau nur 8 Jahre Gefängnis bekam, weil sie durch den Mord an ihrem treulosen Mann ihre Ehre wieder hergestellt hatte, beginnt ein Plan in ihm zu reifen. Er muss einen Liebhaber für seine Frau finden...
"Divorzia
all'italiana" (Scheidung auf italienisch) entstand in einer Hochphase der
italienischen Komödie, die ihren Humor aus den als typisch geltenden Charaktereigenschaften ihrer
Landsleute schöpfte, die mit Lust, Improvisation und so absurd wie anziehend wirkender
Emotionalität ihren Alltag und ihr Liebesleben meisterten. Protagonistin dieser
Phase war besonders Sophia Loren, die als emotionale Südeuropäerin zuerst ein
paar folkloristisch angehauchte Freiheiten ausleben durfte, bevor die Moral selbstverständlich wieder siegte.
In "Peccato che sia una canaglia" (Schade, das du eine Kanaille bist, 1955), "La
fortuna di essere donna" (Das Glück eine Frau zu sein, 1956),
"Houseboat" (Das Hausboot, 1958), "It started in Naples" (Es
begann in Neapel, 1960), "La riffa" (Episode aus "Boccaccio '70", 1962), "Ieri, oggi e domani" (Gestern, heute und morgen,
1963) bis zu "Matrimonia all'italiana" (Hochzeit auf italienisch,
1964) durfte sie das Temperamentbündel geben, das in der damaligen Zeit als Frau etwas über die Strenge schlagen konnte, dabei aber immer das Herz am
richtigen Fleck hatte. Entstanden waren diese Komödien, die oft vor einem
realistisch anmutenden, kurzfristig ins Dramatische abdriftenden Hintergrund
inszeniert wurden, aus der Tradition des Neorealismus. Die Episode "Pizze
a credito" aus "L'oro di Napoli" (Das Gold von Neapel, 1954),
ebenfalls unter der Regie von Vittorio De Sica entstanden, offenbarte als
frühes Beispiel für Lorens Rollentypus noch sehr gut den Egoismus hinter der
Emotionalität, bevor dessen moralische Zwiespältigkeit zunehmend entfiel und
damit der gesellschaftskritische Aspekt.
Auch
Regisseur Pietro Germi entstammte der neorealistischen Tradition ("In nome della legge" (Im Namen des Gesetzes, 1949)) und hatte in
dem frühen Episodenfilm "Amori di mezzo secolo" (1954) mit
Regisseuren und Drehbuchautoren wie Roberto Rossellini, Antonio Pietrangeli und
Ettore Scola zusammen gearbeitet, aber sein "Divorzio all'italiana"
hatte mit den zeitgleich entstandenen, oben genannten Komödien nur wenig
gemeinsam, sondern entwickelte unter dem Deckmantel eines turbulenten
Geschehens seine Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen und speziell der vorherrschenden Doppelmoral in Italien.
Zugleich wurde er Namensgeber für die "Comedia all'italiana", eine
Bezeichnung, unter der Filme wie "I soliti ignoti"
(Diebe haben's schwer, 1958), "Il sorpasso" (Verliebt in scharfe
Kurven, 1962), "I mostri" (Die Monster, 1963) oder "Io la conoscevo bene" (Ich habe sie gut gekannt 1965) zusammen gefasst wurden, die sich
nicht auf die folkloristischen Aspekte der italienischen Lebensart
beschränkten, sondern unter der komödiantischen Oberfläche beißende Kritik übten.
Trotzdem
ist gerade "Divorzio all'italiana" ein Beispiel dafür, wie sehr die Unterschiede
zwischen der "Comedia all'italiana" und den oberflächlichen Lustspielen dieser Zeit zunehmend im Auge des Publikums
verblassten. Gut auch an den verliehenen Filmpreisen zu erkennen -
"Divorzio all'italiana" erhielt 1963 den Oscar für das beste
Originaldrehbuch, der im Kern deutlich harmlosere, moralisch geglättete
"Ieri, oggi e domani" (Gestern, heute und morgen, 1963) 1965 den
Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Ein Grund für die fehlende
Differenzierung liegt auch in der Besetzung der Hauptrolle des neapolitanischen
Adligen Ferdinando Cefalù mit Marcello Mastroianni, der in vielen Komödien unterschiedlicher Coleur mitwirkte und häufig als Partner von Sophia Loren auftrat.
Gleichzeitig
zeigt sich darin ein geschickter Schachzug Germis, denn nur ein Sympathieträger
wie Mastroianni, in dessen Emotionen immer auch jungenhafte Begeisterung mitschwangen,
lässt vergessen, das es sich bei Ferdinando Cefalù, um einen Mann handelt, der
gewissenlos und langfristig den Mord an seiner Frau plant, um eine neue
Beziehung mit seiner erst 16jährigen Nichte einzugehen. Der Film entwickelt eine
Zwangssituation, die nur noch den Mord an der Ehefrau als einzig möglichen
Ausweg erscheinen lässt. Äußerlich handelt es sich dabei um eine Kritik an den
italienischen Gesetzen, die erst 1970 die Scheidung eines Ehepaares erlaubten,
aber Germis Film geht in seiner Sezierung der gesellschaftlichen Moral viel
weiter darüber hinaus. Auch in „Il sorpasso“ gibt es Anspielungen auf das
Scheidungsgesetz im katholisch geprägten Italien, aber „Divorzio
all’italiana“ spielte darüber hinaus mit gesellschaftlichen Klischees, die ihre
Wirkung bis heute nicht verloren haben.
Betrachtet
man die beiden Protagonisten einmal objektiv – ihn, den Baron, Spross einer
verarmten Adelsfamilie, die das ehemals herrschaftliche Gebäude nur noch in
einem kleinen Flügel bewohnt, und sie, seine mit ihm seit 15 Jahren verheiratete
Frau Rosalia (Daniela Rocca) – dann ist er der unsympathischere von Beiden. Äußerlich einem eitlen, auf den Resten des Familienerbes lebenden
Bonvivants entsprechend, beobachtet er vom Bad aus seine minderjährige Nichte
Angela (Stefania Sandrelli), das Objekt seiner Begierde, während seine Ehefrau
versucht, mit ihm Zärtlichkeiten auszutauschen, nachdem er nur widerwillig zu
Bett ging. Angesichts seines abweisenden Verhaltens, ist ihre spätere Reaktion,
sich wieder ihrer Jugendliebe zu nähern, verzeihlicher, als die heimliche
Affäre, die er zuvor mit Angela beginnt und die ihn zur Umsetzung seiner Pläne
motiviert.
Doch „Divorzio all’italiana“ gibt die Handlung aus der subjektiven Sicht
Ferdinandos wider. Es ist die Geschichte eines verzweifelten Mannes, der
abgöttisch in die sehr hübsche Angela verliebt ist, die seine Gefühle nicht
weniger enthusiastisch erwidert, während er von einer penetrant Liebe
fordernden Ehefrau mit Damenbart belästigt wird. Der Film nimmt vollständig
seine unreflektierte Haltung ein, die keinen Moment in Erinnerung ruft, warum
er seine Frau geheiratet hatte und ob er sie einmal liebte, sondern kreist nur
um seine Mordfantasien, die sich in dem Moment konkretisieren, als er erfährt,
das auch Angela mit ihm zusammen sein will. Eine Scheidung war nicht möglich
und eine Affäre hätte Schande über ihre Familie gebracht – es gab nur einen
Ausweg und wer hätte sich diesem schönen Paar widersetzen wollen?
Trotzdem –
Mord ist Mord und wird auch in Italien hart bestraft, weshalb Ferdinando
Gesetzestexte prüft, um die mögliche Gefängnisstrafe einschätzen zu können.
Dabei stößt er auf einen Gerichtsfall, bei dem ein bekannter Rechtsanwalt
(Pietro Tordi) eine Frau verteidigt, die ihren treulosen Ehemann erschossen
hatte. Was dieser in seinem Plädoyer bietet, ist reinstes Theater, indem er
eine Situation herauf beschwört, in der die mehrfache Mutter gar nicht anders
handeln konnte, um ihre Ehre wieder zu erlangen. Ab diesem Zeitpunkt hört
Ferdinando schon im Geiste das Plädoyer zu seiner eigenen Verteidigung, womit
er das Volk und damit die Richter auf seiner Seite hat, obwohl die Verlogenheit
dieser Worte aus allen Poren trieft. Entscheidend für seine Position ist, dass
seine Ehefrau Rosalie keine Lobby hat – weder konkret in dem kleinen
sizilianischen Ort, noch beim Betrachter des Films.
Während
Ferdinando umgeben ist von seinen Eltern, seiner Schwester und den Männern seiner
Heimatstadt, und mit seinen geistreichen Ausführungen sehr zum
Unterhaltungswert des Films beiträgt, verfügt Rosalie über keine Unterstützung.
Bei dem Versuch, für sie einen Liebhaber zu finden, um sie dann erschießen zu
können, stößt er auf Schwierigkeiten, bis ihr früherer Jugendfreund Carmelo
(Leopolde Trieste), den Ferdinando zuerst als Penner abschätzig behandelt, als
Restaurator der Kirche in den Ort zurückkommt. Bei diesem handelt es sich um
einen Künstler, womit Germi dessen gesellschaftlichen Status noch weiter
reduziert. Obwohl ihre Gefühle viel authentischer sind und Beide sich mit ihrem
schlechten Gewissen herumplagen, wirkt das schwärmerische, leicht linkische
Paar Rosalie/Carmelo auch aus heutiger Sicht wesentlich uncooler als Ferdinando
und die schöne, junge Angela.
Nachdem
sich seine Frau mit Carmelo während der Premiere von Fellinis „La dolce vita“
(Das süße Leben, 1960), bei der das gesamte Volk sensationsgierig im Kino verweilte,
aus dem Staub machte, braucht Ferdinando nur noch die Mechanismen des
Volksempfindens für sich arbeiten zu lassen. Germi spielte damit auf die unreflektierte
Reaktion des Publikums auf Fellinis avantgardistische Filme an. Ohne zu begreifen,
dass darin ihre eigene Haltung kritisiert wird, strömen sie hinein, um sich am
sexuell liberalen Gestus der Filme zu delektieren, bevor sie danach das Urteil
über die treulose Rosalie sprechen. Beinahe könnte man vergessen, das
Ferdinando, der sich nach außen hin leidend gibt, die gesamte Situation
arrangiert hat, so sehr wird er von seiner gesamten Umgebung dazu genötigt, mit
der Waffe für die Wiederherstellung nicht nur seiner Ehre, sondern auch seiner Familie,
ja des gesamten Ortes zu sorgen. Germi zeigt den Mord, den Ferdinando erst
ausführt, nachdem Carmelo schon von seiner Ehefrau erschossen wurde, nicht im
Bild, um gar nicht erst den Eindruck von Grausamkeit entstehen zu lassen,
während die beiden Treulosen zuletzt dabei gezeigt werden, wie er sie vor dem
Meereshintergrund malt.
Selbst in
dem Wissen, das es sich dabei um einen kaltblütigen Mord handelt, der nicht nur
mit den drei Jahren bestraft werden dürfte, die Ferdinando schließlich bekommt,
und auch wenn man dessen egoistischen, sich nicht in Frage stellenden Charakter
durchschaut, kann man sich der Wirkung des Films nicht entziehen und damit dem
Verdacht, als Teil der Einwohner der sizilianischen Kleinstadt oder im
Zuschauerraum des Gerichts nicht ähnlich geurteilt zu haben. Erst im letzten Bild lässt
Germi den Betrachter wieder die Realität erkennen, aber dann ist es zu spät,
denn „Divorzia all’italiana“ hat längst sein verführerisches Gift ausgeströmt –
in einer amoralischen Konsequenz, die diesen sehr unterhaltsamen, witzigen
Film von typischen Komödien seiner Zeit unterscheidet. Germi
macht zudem deutlich, das es nicht die Gesetze sind, die das Handeln der
Menschen beeinflussen, sondern deren Denkweise, die diese Gesetze erst ermöglichen.
weitere im Blog besprochene Filme von Pietro Germi:
"In nome della legge" (1949)
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