Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den

Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den
Ein Rückblick in die Entstehungsphase der "Commedia sexy all'italiana"

Dienstag, 3. August 2010

Il marchio di Kriminal (Die Marke Kriminal) 1968 Fernando Cerchio, Nando Cicero

Inhalt:  Während Inspektor Milton (Andrea Bosic) den von ihm gefassten Kriminal (Glenn Saxson) in der Türkei hinter Gittern glaubt und seine Hochzeit vorbereitet, ist dieser längst wieder in London aktiv. Gemeinsam mit einer jungen Komplizin leitet er ein Altersheim, versichert die Insassen auf ihr Leben, und erzeugt bei den alten Damen einen Herzinfarkt, indem er mit seinem Skelettkostüm in deren Zimmer einsteigt.

Dabei wird er zufällig auf eine Buddhastatue aufmerksam, die sich im Besitz einer der Verstorbenen befand. In dieser war ein Plan verborgen, für dessen Vollständigkeit drei weitere Statuen nötig sind. Ausgerechnet Inspektor Miltons Braut ersteigert Eine von diesen, weshalb Kriminal rauere Methoden anwenden muss, um in den Besitz der übrigen Statuen zu gelangen. Doch wer ist die geheimnisvolle Person, die ebenfalls hinter dem Plan her ist ?


Über die Entstehung der Fortsetzung von Umberto Lenzis "Kriminal", ist heute nur wenig bekannt, weshalb die Beurteilung der äußeren Parameter im Spekulativen bleibt. Trotzdem ergeben sich sowohl durch die Parallelen, als auch die offensichtlichen Unterschiede zwischen beiden Filmen, interessante Erkenntnisse, nicht nur hinsichtlich der Qualität der Filme selbst, sondern auch zum Zeitgeist Mitte der 60er Jahre, der eine Figur wie den in einem Skelettkostüm wandelnden Kriminal (Glenn Saxson) - selbst in einer gegenüber der Comicvorlage von Max Bunker stark abgeschwächten Version - nicht als Protagonisten akzeptierte.

Allein dass es nach dem Misserfolg von "Kriminal" überhaupt eine Fortsetzung gab, ist erstaunlich, ganz abgesehen davon, dass der Titel "Il marchio di Kriminal" (Die Marke Kriminal) ein wenig wie das einsame Rufen in der Wüste wirkt, denn genau das war ja nicht gelungen - die Figur "Kriminal" zu einer Marke a lá "James Bond" aufzubauen. Auch die Tatsache, dass Umberto Lenzi, der gemeinsam mit dem Comicautor Max Bunker das Drehbuch für den ersten Film entworfen hatte, hier nicht mehr mitwirkte, stattdessen aber zwei Regisseure unterschiedlicher Generationen - Fernando Cerchio in einem seiner letzten Filme, Nando Cicero ("Die Bumsköpfe") in seinem zweiten Film - daran arbeiteten, macht deutlich, dass die ursprünglichen Macher das Projekt nicht mehr fortsetzen wollten.

Einzig die Hauptdarsteller blieben in "Il marchio di Kriminal" erhalten, aber auch nicht ohne eine spezielle Fußnote. Während Glenn Saxson in der Titelrolle und Andrea Bosic als sein Gegenspieler Inspektor Milton zwingend notwendig waren, um überhaupt einen Fortsetzungscharakter zu vermitteln, wirkt die erneute Besetzung von Helga Liné als weibliches Pendant so, als hätten Verträge erfüllt werden müssen. Diesmal spielt sie die Flamenco Tänzerin Mara Gitan, nachdem ihre Doppelrolle Trude/Inge in "Kriminal" ein abruptes Ende fand. In der ersten Szene, in der sie "Kriminal" begegnet und gleich mit ihm im Bett landet, erwähnt er noch, dass sie nur leben würde, weil sie seine Identität nicht kenne, was angesichts des ersten Teils, in dem sie diese sofort wusste, unfreiwillig komisch wirkt.

Auch der Beginn des Films irritiert in dieser Hinsicht, denn obwohl mit der Einblendung "Ein Jahr später..." ein direkter Bezug zum ersten Teil hergestellt wird, kann Kriminal in London ungestört seinen Geschäften nachgehen. Bekanntlich war er aber am Ende des ersten Teils in der Türkei verhaftet worden, letztlich ein Kompromiss dem Publikum gegenüber. Glücklicherweise nahm "Il marchio di Kriminal" diesen Charakter nicht auf, sondern schildert den Protagonisten wieder als skrupellosen Leiter eines Londoner Heims für wohlhabende Witwen, dessen junge Begleiterin Lebensversicherungen unter deren Namen abschließt, bevor er sie mit seinem Skelettkostüm wortwörtlich zu Tode erschreckt. Dabei zerbricht er zufällig eine Buddhastatue, wodurch ein Zettel erscheint, der Teil einer Schatzkarte ist, die zu zwei sehr wertvollen Gemälden führt. Der Dieb dieser Bilder hatte den Plan in vier Buddhastatuen versteckt, wodurch die Jagd auf die weiteren drei Statuen beginnt.


Diese Mischung aus Motiven des Edgar Wallace Films "Die toten Augen von London" und Belmondos Jagd nach geheimnisvollen Statuen in "Abenteuer in Rio", kennzeichnet das wenig eigenständige Drehbuch, das kaum noch etwas mit dem Comic gemeinsam hat. Trotzdem kann "Il marchio di Kriminal" als Unterhaltungsfilm überzeugen, weil er einerseits die Lässigkeit des Originals übernahm, andererseits Glenn Saxsons leicht schmierigen Charme mehr betonte und darin keinen Ersatz-James-Bond mehr suchte.

 "Il marchio di Kriminal" wird zunehmend zum Vehikel des Verbrechers Kriminal, dessen Beweggründe - über die schnöde Bereicherung hinaus - zwar immer noch nicht deutlich werden, der dabei aber in der Regel viel Spaß hat, was man auch als Intention gelten lassen kann. Inspektor Milton darf wieder den Verfolger spielen, aber seine Rolle hat hier noch weniger Gewicht als in "Kriminal". Nur ganz am Ende mussten wohl gewisse moralische Konsequenzen gezogen werden, um diesen Film vor einem Publikum zu rechtfertigen, dass schon in Teil 1 wenig mit dem Protagonisten anfangen konnte, obwohl dort noch sowohl seine kriminelle, als auch seine sympathische und intelligente Seite betont wurden. Diese Ambivalenzen wurden ihm in "Il marchio di Kriminal" ausgetrieben, weshalb hier ein Mann im Mittelpunkt steht, der in seiner skrupellosen Art kaum noch als Sympathieträger funktionieren konnte. Dadurch waren ihm keine weitere Fortsetzungen vergönnt - schade eigentlich.

"Il marchio di Kriminal" Italien, Spanien 1968, Regie: Nando Cicero, Fernando Cerchio, Drehbuch: Eduardo Manzanos BrocheroDarsteller : Glenn Saxson, Helda Liné, Andrea Bosic, Frank Olivier, Ugo Sasso, Laufzeit : 88 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Nando Cicero:

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Der Name "L'amore in città" bezieht sich auf einen Episoden Film aus dem Jahr 1953, der erstmals Regisseure in Italien dazu brachte, ihre extra dafür geschriebenen und gedrehten Kurzfilme zu einem Gesamtwerk zu vereinen. Der Episodenfilm steht symbolisch für eine lange, sehr kreative Phase im italienischen Film, die in vielerlei Hinsicht stilbildend für die Kunstform Film wurde. Die intensive Genre-übergreifende Zusammenarbeit unter den Filmschaffenden war eine wesentliche Grundlage dafür.