Catherine Spaak und Enrico Maria Salerno |
Nadja Tiller und Vittorio Gassman |
Fulvia Franco und Nino Manfredi |
Bernhard Wicki und Lilli Palmer |
"L'amore difficile" steht nicht nur am Beginn der Hochphase des Episodenfilms im italienischen Kino, sondern gehört auch zu den Fixpunkten deutsch-italienischer Zusammenarbeit in der aufkommenden erotischen Komödie. Gemeinsam mit den Co-Produktionen "Come imparai ad amare le donne" (Das gewisse Etwas der Frauen, 1966) und "Warum habe ich bloß 2mal ja gesagt" (Professione bigamo, 1969) symbolisiert er die Entwicklung in Richtung der erotischen Komödie der 60er Jahre und in einer Art künstlerischem Triangel auch die Unterschiede italienisch-deutscher Eigenheiten.
Der zentrale "Come imparai ad amare le donne" besaß ein zwischen den Ländern ausgewogenes Kreativteam (und wurde von mir in beiden Blogs berücksichtigt), der späte "Warum habe ich bloß 2mal ja gesagt" entstand unter deutscher Hoheit, während "L'amore difficile" noch größtenteils italienisch geprägt war. Trotzdem gehört er - nicht nur wegen Nadja Tiller, Lilli Palmer und Bernhard Wicki - auch in meine Liste des "deutschen erotischen Films".
Claudia Mori in "Le donne" |
Lilla Brignone in "L'avaro" |
So beliebt die Gattung des Episodenfilms in Italien unter
Filmschaffenden war, kann von einer kontinuierlichen Pflege nicht die Rede sein
(siehe auch den Essay „L’amore in città und die Folgen“). Nach einem kurzen
Aufflackern in den frühen 50er Jahren, wurde erst der Erfolg von „Boccaccio ‘70“ (1962) zum Auslöser eines bis Ende der 60er Jahre anhaltenden Booms. Zumindest
in Italien, denn über die geballte Star-Power des von Luchino Visconti,
Vittorio De Sica und Federico Fellini verantworteten Episodenfilms, der die
erotischen Geschichten Boccacios sehr frei in die Moderne transferierte,
verfügten nur noch wenige der späteren Genre-Vertreter. Signifikant dafür ist
auch, dass die erste Episode auf Grund der 3stündigen Gesamtlänge von der
Produktionsgesellschaft für die Vermarktung außerhalb Italiens herausgenommen
wurde. Regisseur Mario Monicelli, obwohl Anfang der 60er Jahre eine anerkannte
Größe in Italien, verfügte nicht über das internationale Renommee seiner
Mitstreiter.
Gastone Moschin in "Le serpente" |
Adriano Rimoldi in "L'avaro" |
Dabei war der Auswahl der Stoffe der Wille zu größtmöglicher
Seriosität anzumerken. Ausschließlich Werke der Literatur dienten als Vorlage,
wie besonders in der deutschen Fassung mit eingeblendeten Schautafeln vor den
einzelnen Episoden betont wurde. Die Kurzgeschichten der italienischen Autoren
Alberto Moravia („L‘avaro“), Mario Soldati („Il serpente“), Ercole Patti („Le
donne“) und Italo Calvino (L’avventura di un soldato“) sollten mit ihrem
intellektuellen Gestus der erotischen Thematik die Anrüchigkeit nehmen. Wie
häufig wurde die Reihenfolge der Episoden in der deutschen Fassung geändert. In
diesem Fall ohne Bedeutung, da die einzelnen Kurzfilme außer der
grundsätzlichen Thematik keine Gemeinsamkeiten oder innere Dynamik aufweisen.
Bemerkenswerter ist die deutsche Übersetzung der Originaltitel. Aus „L’avaro“
(Der Geizhals) wurde „Der Hausfreund“, „Le donne“ (Die Frauen) umbenannt zu
„Der Junggeselle“, „Le serpente“ (Die Schlange) mutierte zu „Der Ehemann“ und
„L’avventura di un soldato“ (Abenteuer eines Soldaten) wurde zu „Der Soldat“
vereinfacht.
Die Absicht dahinter liegt auf der Hand – die Typisierung
männlicher Charaktere sollte eine inhaltliche Klammer herstellen, widersprach
aber der Intention besonders der ersten beiden Episoden. Vittorio Gassman als
Rechtsanwalt in „L’avaro“ ist nichts weniger als „ein Hausfreund“ – auch nicht
im ironischen Kontext - sondern von emotionaler Leere. Moravia entwarf das
bösartige Bild eines überheblichen Bürgers, dessen Geiz jeden Bereich seines
Lebens erfasst. Sich selbst als Frauenheld hoch stilisierend, ist er nicht in
der Lage, der von ihm forcierten Annäherung der verführerischen Ehefrau (Nadja
Tiller) seines Klienten angemessen zu begegnen. Ein Paradebeispiel für Feigheit
und Kleingeistigkeit – und eine Paraderolle für Gassman.
Enrico Maria Salerno als „Junggeselle“ scheint da in „Le
donne“ von ganz anderem Kaliber zu sein, denn die hübschen jungen Frauen stehen
auf den erfahrenen Liebhaber mit künstlerisch, intellektueller Aura. Bruna
(Claudia Mori) beendet zwar ihre Affäre, weil sie in zwei Tagen heiraten will,
schläft aber noch mit Antonio (Enrico Maria Salerno), und die 18jährige Valeria
(Catherine Spaak) springt schnell als Ersatz ein und verbringt einen zärtlichen
Nachmittag mit ihm am Strand. Ein täuschender Eindruck. Nicht nur die
Selbstverständlichkeit, mit der hier außerehelicher Geschlechtsverkehr
zelebriert wurde, provozierte, sondern die selbstbewusste Rolle der Frauen. Der
sehr von sich eingenommene Macho muss konsterniert feststellen, dass er selbst zum
Sexualobjekt wurde.
In „Le serpente“ zeigt der von Bernhard Wicki gespielte
Ehemann zwar die üblichen Verschleißerscheinungen einer länger andauernden Ehe,
aber unsympathisch ist er nicht. Im Mittelpunkt der von Mario Soldati erdachten
Story steht das Tabu-Thema Sex im fortgeschrittenen Alter, hier am Beispiel
zweier Mittvierziger. Hilde (Lilli Palmer) fühlt sich von ihrem Ehemann vernachlässigt,
nicht mehr begehrt. Die titelgebende „Schlange“ im italienischen Original steht
für die Fantasien, die Hilde immer wieder überkommen – so hält sie ihren Gürtel
aus Schlangenleder, den sie spontan öffnete und von sich warf, für eine Schlange
und ruft ihren Mann um Hilfe. Mit dem Ergebnis, dass er sich über sie lustig
macht. Er begreift ihr Verlangen erst, als sie zwei junge Sizilianer zu unrecht
der Vergewaltigung beschuldigt.
Ein echtes Abenteuer, aber ohne Happy-End. Am Ende steht der
Soldat einsam auf den Gleisen eines verlassenen Kleinstadt-Bahnhofs, während
sich die Witwe und sein Zug in unterschiedlichen Richtungen entfernen. In der
deutschen Fassung das schöne Schlussbild eines Films dessen Humor nur sehr
rudimentär die Verlogenheit der vorherrschenden Moral und der zementierten
Geschlechterrollen überdeckte und damit die Linie für die kommende „Commedia all’Italiana“
und deren Ableger „Commedia sexy“ vorgab. Dass die Drehbuchautoren Sandro
Continenza, Ettore Scola und Fabio Carpi sowie die Darsteller Catherine Spaak,
Nino Manfredi, Vittorio Gassman, Enrico Maria Salerno und Gastone Moschin zu
den kommenden Größen der „Commedia all’italiana“ gehören sollten, unterstreicht
noch die Bedeutung von „L’amore difficile“. Das gilt auch für Lilli Palmer, Bernhard
Wicki und besonders die Rolf Thiele-Muse Nadja Tiller als Vertreter der „deutschen
Produktion“.
"L'amore difficile" Italien, Deutschland 1962, Regie: Sergio Sollima, Nino Manfredi, Luciano Lucignani, Alberto Bonucci, Drehbuch: Ettore Scola, Sandro Continenza, Fabio Carpi, Nino Manfredi, Renato Mainardi, Giuseppe Orlandini, Alberto Moravia (Kurzgeschichte), Mario Soldati (Kurzgeschichte), Ercole Patti (Kurzgeschichte), Italo Calvino (Kurzgeschichte), Darsteller : Catherine Spaak, Claudia Mori, Enrico Maria Salerno, Vittorio Gassman, Nadja Tiller, Lilla Brignone, Bernhard Wicki, Lilli Palmer, Gastone Moschin, Fulvia Franco, Nino Manfredi, Laufzeit : 117 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Sergio Sollima:
"La resa dei conti" (1966)
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