Inhalt:
Nachdem Captain Henry Morris
(David Warbeck) nicht verhindern konnte, dass einer seiner besten Freunde erst
einen Kameraden und dann sich selbst erschoss, ist er bereit, einen
gefährlichen Auftrag anzunehmen, der ihn mitten in den vom Vietcong kontrollierten
Dschungel führt. Er soll eine Radiostation zerstören, deren englischsprachige
Sendung die Moral der US-Soldaten untergräbt.
Nachdem er
von einem Hubschrauber abgesetzt wurde, trifft er auf eine Gruppe Soldaten und
die Kriegsberichterstatterin Jane Foster (Tisa Ferrow), die ihre Aktion
begleiten will. Morris macht sich sofort auf den Weg, der ihn zu einer mitten
im Dschungel stationierten, von vietnamesischen Kämpfern umzingelten US-Einheit
führt, die jede militärische Disziplin vermissen lässt...
Nach einer
längeren Durststrecke in der ersten Hälfte der 70er Jahre - Kriegs-Action galt
angesichts der Protestbewegung gegen den Vietnam-Krieg als wenig opportun -
hatte die italienische Filmindustrie auch das Kriegsfilm-Genre wieder entdeckt.
Umberto Lenzi brachte mit "Il grande attacco" (Die große Offensive,
1978) und "Da Dunkerque alla vittoria" (Nur Drei kamen durch, 1979)
zwei mit internationaler Beteiligung gedrehte Weltkrieg II-Filme auf die
Leinwand, die parallel zur beginnenden Welle der Hollywood-Epigonen und im
Dschungel gedrehten Kannibalen-Filme entstanden. Auch Regisseur Antonio
Margheriti hatte sich in dieser Hinsicht vorgetan, war mit
"Killer-Fish" (Piranha II - Die Rache der Killerfische, 1978) auf
Spielbergs "Der weiße Hai"-Spuren gewandelt und schuf mit
"Apocalypse domani" (Asphalt-Kannibalen, 1980) einen Film, der die
Vietnam-Thematik schon streifte, sie aber mit der aktuellen
Zombie/Kannibalismuswelle verband.
"L'ultimo
cacciatore" (Jäger der Apokalypse) kam nicht nur unmittelbar nach
"Apocalypse domani" in die italienischen Kinos, sondern wurde
ebenfalls nach einem Drehbuch von Dardano Sacchetti auf den Philippinen
gedreht. Weitere Querverbindungen sind trotz der verschiedenen Produzenten und
Darsteller - wie im italienischen Film-Business gewohnt - mannigfaltig. Die
Karriere von Gianfranco Couyoumdijan als Produzent und später Co-Autor fand im
Erotik- („La bella Antonia, prima Monica e poi Domina“ (Wehe, wenn die Lust
uns packt, 1972) und im Polizieschi-Genre („La banda del trucido“ (Die
Gangster-Akademie, 1977) ihren Ursprung, bevor er mit „Zombie Holocaust“
(Zombies unter Kannibalen, 1980) seinen Beitrag zur Kannibalismus-Welle
leistete. Mit Dardano Sacchetti hatte er erstmals bei „La banda del trucido“
zusammengearbeitet, der parallel das Drehbuch zu Lucio Fulcis „Paura nella città die morti viventi“ (Ein Zombie hing am Glockenseil, 1980) schrieb. In
Fulcis Vorgängerfilm „Zombie 2“ (Woodoo,1979) war neben ihm und Couyoumdjian
auch Tisa Ferrow schon mit an Bord, die im selben Jahr noch in D’Amatos
„Antropophagus“ (Man-Eater,1980) in der weiblichen Hauptrolle auftrat, bevor
sie ihre Karriere früh beendete.
Dass die
Produzenten von „Apocalypse domani“ zuvor schon an Lenzis Kriegsfilm „Nur Drei
kamen durch“ beteiligt waren, überrascht da schon nicht mehr, denn „L’ultimo
cacciatore“ kombinierte eine Vielzahl damals aktueller Strömungen: die
Kriegsfilmthematik - konsequent an den Hollywood-Vorbildern „The deer hunter“
(Die durch die Hölle gehen, 1978) und „Apocalypse now“ (1979) orientiert - die
vom Kannibalismusfilm gewohnte exotische Dschungel-Optik und diverse
Splatter-Einlagen, die gemessen an den üblichen Kriegsverletzungen übertrieben
wirkten. Als einer der verzichtbaren Begleit-Soldaten von einer mit
angespitzten Bambushölzern ausgestatteten Falle erwischt wird, quellen gleich
seine Gedärme heraus. Entsprechend wenig Reputation erfuhr Margheritis Film,
der trotz der zitierten Hollywood-Antikriegsfilme schnell den Ruf eines reinen
Action- und Baller-Vehikels erhielt, dass den Hintergrund des Vietnam-Kriegs
nur für eine besonders gewalttätige und dreckige Umsetzung nutzte. Auch
Regisseur Margheriti machte keinen Hehl aus seinen vor allem der Unterhaltung
dienenden Absichten mit einem US-Soldaten als Helden im Mittelpunkt, der sich im
Dschungel einem gesichtslosen Vietcong ausgesetzt sieht.
Angesichts
der sensiblen Thematik um den erst wenige Jahre zuvor beendeten Kampfeinsatz
der US-Armee, war eine differenzierte Betrachtungsweise zur Entstehungszeit des
Films kaum zu erwarten, aber „L’ultimo cacciatore“ vermittelt aus heutiger
Sicht trotz der ausführlich gezeigten Kampfhandlungen weder einen
befriedigenden, noch heroischen Charakter und verwendete die Zitate aus „Deer
hunter“ und „Apocalypse now“ eigenständig. Michael Ciminos „Deer hunter“ wird
nur in einer der letzten Szenen des Films konkret kopiert, als Captain Morris
(David Warbeck) in einen Wasserkäfig gesperrt wird, wo er nicht nur von
Wasserratten angegriffen wird, sondern miterleben muss, wie ein Mithäftling
aufgefressen wird. Wie üblich steigerten die italienischen Epigonen das
Gewalt-Level der US-Vorbilder, aber damit verstießen sie auch gegen deren
Tabus. Der Wahnsinn, der in Coppolas „Apocalypse now“ zum allgegenwärtigen,
bewusst überzeichneten Zustand innerhalb der US-Armee wird, bekam in „L’ultimo
cacciatore“ einen realistischeren Anstrich und vermittelte einen ungeschönten
Blick.
John
Steiner als Befehlshaber einer mitten im Dschungel stationierten Einheit
verwahrloster und unmotivierter Soldaten wirkt im Vergleich zu Marlon Brandos
ähnlich angelegter Rolle in Coppolas Film zwar wie ein seriöser Offizier,
schickt aber einen seiner Männer nur zum Spaß unter dem Dauerbeschuss der
Vietnamesen in den Urwald, um eine Kokosnuss vom Baum zu pflücken. Besonders
die Eingangssequenz, in der ein alter Freund von Captain Morris erst einen
Kameraden und dann sich selbst in einem herunter gekommenen Strip-Lokal
erschießt oder später die Vergewaltigungsszene um die Bildreporterin Jane
Foster (Tisa Ferrow) lassen kein gutes Haar an den US-Soldaten, die gegenüber
den anonym bleibenden vietnamesischen Angreifern größtenteils als wehrloses
Kanonenfutter herhalten müssen.
Margheriti
verfolgte damit weder kritische Absichten, noch bemühte er
gesellschaftspolitische Zusammenhänge, aber die geradlinige und kurzweilige
Inszenierung lässt in ihrer kompromisslosen Direktheit keine positiven
Emotionen aufkommen - zu verdanken auch dem reduzierten, in der Originalfassung
wortkargen Spiel des Neuseeländers David Warbeck, der der Hauptrolle in „L’ultimo
cacciatore“ nach jahrelanger Untätigkeit seine zweite Karriere als
Schauspieler verdankte. Zwar schlägt er sich erfolgreich durch alle
Widrigkeiten, aber patriotische Töne sind von ihm nicht zu hören. Sein gern
zitierter Satz, er hasse den Vietcong nicht, sondern erschießt ihn, wirkt aus
dem Zusammenhang gerissen zynisch und menschenverachtend, verliert diese
Dimension aber angesichts der Beiläufigkeit, mit der Captain Morris nicht nur
so die Frage der Journalistin beantwortet, sondern generell seinem Auftrag
nachgeht. Der Anlass, eine die Moral der US-Armee untergrabende Radio-Station
auszuheben, mag etwas konstruiert scheinen, aber die Szenen, in denen die
Soldaten zu der freundlichen weiblichen Stimme abgeschlachtet werden, die ihnen
empfiehlt, sich lieber nach Hause zu ihrer Freundin zu begeben, verfehlen ihre
Wirkung nicht. Auch die von Mia Ferrows Schwester Tisa gespielte
Kriegsberichterstatterin ist weniger klischeehaft als im Genre üblich - optisch
glaubwürdig und ohne Bunny-Attitüde, verzichtete der Film auf die
gebetsmühlenartigen Vorträge, dass Frauen hier nichts zu suchen hätten, und
kehrte einmal sogar die Rettungssituation um.
„L’ultimo
cacciatore“ reihte sich Anfang der 80er Jahre hinsichtlich seines Action- und
Gewaltpotentials zwar mühelos in die parallel entstandenen Horror- und
Apocalypse-Filme ein, aber die mit einem im Vergleich zu den US-Produktionen
geringen Budget ausgestattete italienische Machart hielt sich nicht mit
Ausgewogenheiten auf, sondern schuf einen atmosphärisch stimmigen Kriegsfilm,
der ohne Verherrlichungen auskam.
"L'ultimo cacciatore" Italien 1980, Regie: Antonio Margheriti, Drehbuch: Gianfranco Couyoumdijan, Dardano Sacchetti, Darsteller : David Warbeck, Tisa Ferrow, Tony King, Bobby Rhodes, John Steiner, Laufzeit : 97 Minuten
Abschlussfilm beim 1. Festival des italienischen Genre-Filmfestivals "Terza Visione" in Nürnberg vom 25. bis 27.04.2014
Abschlussfilm beim 1. Festival des italienischen Genre-Filmfestivals "Terza Visione" in Nürnberg vom 25. bis 27.04.2014
weitere im Blog besprochene Filme von Antonio Margheriti:
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