1. Antona (Maria Piera Regoli) langweilt sich mit ihrem graubärtigen
Ehemann, der sie zudem bei ihren Liebesabenteuern mit dem Bildhauer Raffaello
(Attilio Dottesio) stört, der über das Maßnehmen noch nicht hinaus kam. Als ihr
Mann wegen eines Schuldscheins für vier Tage verreisen muss, scheint sich die
Gelegenheit für mehr zu bieten...
2. Tonia (Enza Sbordone) wird von ihrem grobschlächtigen Ehemann
(Pasquale Fasciano), der jede Entscheidung mit seiner Mutter abspricht, klein
gehalten, weshalb sie sich einen anderen Weg sucht, um an ihre gewünschte
Kleidung zu gelangen. Bruder Giovanni (Ari Hanow) hat offensichtlich Gefallen
an ihren körperlichen Vorzügen gefunden und lässt sich leicht lenken...
3. Lavinias (Marzia Damon) betagter Mann Ignazio (Gianni Ucci)
interessiert sich nur für die Anhäufung seines Vermögens und kann die sexuellen
Wünsche seiner jungen Frau nicht befriedigen. Fulvio (Stefano Oppedesano), ein
gegenüber wohnender Schwerenöter hat ein Auge auf sie geworfen, weiß aber
nicht, wie er sich ihr unauffällig nähern soll. Als Ignazio auf eine längere
Geschäftsreise aufbrechen will, sucht er ein Hausmädchen für seine Frau. Das
ist die Gelegenheit für Fulvio, der sich als Frau verkleidet von dem Berater
Ignazios (Antonio Spaccatini) vorschlagen lässt...
Wie häufig steckt die Botschaft im Detail. Während die Mönche schon
freudig erregt zum nahegelegenen Nonnenkloster eilen, erklingt das fröhliche
Lied "Padre, Padre, Padre superiore" aus dem Off, in dem es unter
anderem heißt:
der du uns mit barmherziger Inbrunst führst und unsere Herzen gegen die
Sünde verteidigst,
mit festem Ziel und dem Blick des Asketen zeigst du deiner Herde die
glänzende, heilige und göttliche Schrift,
du spornst uns an, förderst unsere Kraft, bist das Schild der Tugend
gegen die Bösartigkeit..."
Es ist kaum anzunehmen, dass die katholische Kirche die Lobpreisung
Gottes auf dem Weg zur Befriedigung sexueller Begierden gut hieß, aber der Text
nahm sich der Sichtweise des im Filmtitel erwähnten "Decameron" an,
in dem geschrieben steht:
„Dann aber wussten sie es so einzurichten, dass sie, ohne der Hilfe des
Paters (...), in gleicher Freude noch viele Nächte verbringen konnten, zu
welchem Glück Gott mir und anderen Christenseelen (...) in seiner
Barmherzigkeit auch bald verhelfen möge“
Dieser offen eingeforderte göttliche Beistand zum außerehelichen Sex (der
zur Ablehnung des "Decameron" durch die Kirche führte) passte zu
einem Film, der sich respektlos der Institution der Ehe näherte, die nach
langem Widerstand der Kirche erst seit 1971 in Italien geschieden werden
durfte. In vielen italienischen Filmen der 50er und 60er Jahre wurden die Auswirkungen
thematisiert, die dieser äußere Zwang verursachte, sobald sich die Ehepartner
auseinander gelebt hatten oder eine neue Beziehung eingehen wollten
("Divorzia all'italiana" (Scheidung auf Italienisch, 1961)). Regisseur
und Drehbuchautor Joe D'Amato bewies damit schon in seinem ersten
eigenständigen Film (bei den parallel 1972 entstandenen Western arbeitete er
jeweils mit anderen Regisseuren zusammen) ein Gespür für aktuelle Strömungen,
denn die Erotik-Komödie oder "Commedia sexy all'italiana" nahm im
italienischen Kino gerade Fahrt auf und erwies sich als idealer Spielplatz für
Verstöße gegen die herrschende Moral.
Wie er unmissverständlich in seinem Filmtitel "Sollazzevoli storie
di mogli gaudenti e mariti penitenti - Decameron nº 69" (Belustigende
Geschichten von erfreuten Ehefrauen und büßenden Ehemännern) erkennen ließ,
betrachtete D’Amato die Angelegenheit als großen Spaß, aber die aus heutiger
Sicht harmlosen, neckischen Episoden, die in die Rahmenhandlung der sich
sexuell auslebenden Nonnen und Mönche eingebettet wurden, waren zu ihrer
Entstehungszeit ein Tabubruch. Er selbst glaubte noch nicht daran, dass ihm der
Film gelungen wäre, wie er einmal in einem Interview äußerte, weshalb er unter
dem Pseudonym "Romano Gastaldi" als Regisseur antrat und seinen
echten Namen "Aristide Massaccese" nur als Kameramann aufführte. Sein
endgültiges Pseudonym "Joe D'Amato" verwendete er erstmals 1973 bei
"Diario di una vergine romana", aber erst ab "Emanuelle e
Françoise le sorelline" (Foltergarten der Sinnlichkeit, 1975) wurde es zu
seinem ständigen Markenzeichen.
D’Amatos selbstkritische Haltung gegenüber seinem ersten Film lässt sich
nachvollziehen, denn die einzelnen Episoden kamen über üblichen Komödienstoff
nicht hinaus, der vor allem dazu diente, entblößte weibliche Körper ins Bild zu
rücken. Die zweite Story ähnelt einem Striptease, wenn der Mönch Giovanni (Ari
Hanow) jedes Mal ein wenig mehr von Tonia (Enza Sbordone) erhaschen darf,
sobald er ein von ihr gewünschtes Kleidungsstück besorgt hat. Sie nutzt dessen
Begeisterung für ihren Körper aus, weil sie von ihrem Mann (Pasquale Fasciano)
kurz gehalten wird. Auch der Ehemann, der verfrüht zurückkommt, als sich seine
Frau (Maria Piera Regoli) gerade mit einem Anderen vergnügt (1. Episode), oder
der als Frau verkleidete Liebhaber (3.Episode) gehören zum Standard-Repertoire
volkstümlischer Lustspiele, begleitet von brachialen Humoreinlagen, aber
D’Amato verlieh seinen Geschichten einen eigenständigeren Charakter.
Dass der Film die Unmoral feierte und es von „gehörnten“ Ehemännern nur
so wimmelte, war angesichts des Filmtitels zu erwarten, aber auch die Liebhaber
kommen nicht gut davon. In der ersten Episode wird der vom Dauersex
überforderte Bildhauer Raffaello (Attilio Dottesio) rausgeschmissen und gegen
die Schwägerin eingetauscht, auf den ihr lästig gewordenen Mönch Giovanni hetzt
Tonia ihren grobschlächtigen Ehemann (mit sehr negativen Folgen für Giovannis
Libido) und der viel benutzte Lover im dritten Teil darf sich auf eine
Dauerstellung als weibliche Arbeitskraft im Haus des wohlhabenden Geschäftsmann
Ignazio (Gianni Ucci) vorbereiten – nicht einmal seine männlichen Gesichtszüge
und die Offenbarung seines Penis bewahren ihn davor.
Der plakative, austauschbare deutsche Titel „Hemmungslos der Lust
verfallen“ wirkt aus heutiger Sicht übertrieben, da sowohl die Nacktdarstellungen,
als auch die sexuellen Spielarten Niemanden mehr hinter dem Computer herlocken,
aber D’Amatos Film zelebrierte auf unterhaltsame Weise einen lässigen Umgang
mit Sex, der nur einen Sieger kannte – die Frauen.
"Sollazzevoli storie di moglie gaudenti e mariti penitenti - Decameron no 69" Italien 1972, Regie: Joe D'Amato, Drehbuch: Joe D'Amato, Darsteller : Marzia Damon, Enza Sbordone, Attilio Dottesio, Ari Hanow, Stefano Oppedisano, Laufzeit : 81 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Joe D'Amato:
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