Inhalt: Michael Hamilton (Clarke Gable) kommt zum ersten Mal nach dem Krieg wieder nach Neapel, um die Erbschaftsangelegenheiten seines bei einem Unfall verstorbenen Bruders zu regeln. Der Anwalt will so schnell wie möglich wieder nach Philadelphia zurück, da er Land und Leuten in Italien sehr skeptisch gegenüber steht. Doch sein italienischer Anwaltskollege Mario Vitali (Vittorio De Sica) überrascht ihn damit, das sein Bruder gemeinsam mit einer Frau verunglückte und sie ihren 8jährigen Sohn Nando hinterließen, Hamiltons Neffen. Dieser lebt bei seiner Tante Lucia (Sophia Loren) auf Capri, weshalb sich Hamilton dazu entschließt, mit der Fähre hinüber zu fahren, um den Jungen einmal kennenzulernen. Die schöne Lucia selbst hatte ihm Vitali schon in Neapel bei einer Prozession durch die Altstadt vorgestellt, bei der sie als Königin mitwirkte.
Ihr Zuhause auf Capri wirkt zwar weniger königlich, aber offensichtlich ist Nando, den Hamilton vorher schon zufällig am Hafen trifft, sehr glücklich bei seiner Tante. Mit dem Eindruck, die Dinge erledigt zu haben, verabschiedet sich der Anwalt, um die letzte Fähre nach Neapel zu nehmen. Doch diese existiert nicht, weshalb er sich für eine Nacht ein Hotelzimmer nehmen muss. Als er am späten Abend durch die Gassen streift und einen Café trinken will, begegnet ihm wieder Nando, der raucht und Werbezettel für die Auftritte seiner Tante verteilt, auf denen diese leicht bekleidet abgebildet ist. Als er ihn nach seiner Schule fragt, antwortet er nur, diese würde zu früh für ihn beginnen. Misstraurig geworden, begibt er sich zu dem Etablissement und erlebt Lucia bei ihrem Auftritt. Er beschließt, dass sich doch etwas ändern muss...
Von den
us-amerikanischen Filmen, in denen Sophia Loren die Hauptrolle spielte, ist
"It started in Naples" (Es begann in Neapel) der italienischste.
Nicht nur das Suso Cecchi D'Amico am Drehbuch mitwirkte, Vittorio De Sica eine
wichtige Nebenrolle spielte und der Film in den römischen "Cinecittà"
Filmstudios, sowie vor Ort in Neapel und auf Capri entstand, sondern Sophia
Loren kam mit ihrer Rolle als junge Frau aus einfachen Verhältnissen wieder auf
ihre Anfänge zurück. Damit schloss sich der Kreis, denn Vittorio De Sica hatte
die in Neapel aufgewachsene Loren in "L'oro di Napoli" (Das Gold von
Neapel, 1954) in einer Rolle (Episode "Pizze a credito") besetzt, die
sie in "Es begann in Neapel" variierte.
Mit
Regisseur Melville Shavelson hatte sie zuvor schon in den USA
"Houseboat" (1958) gedreht, dort aber eine Italienerin aus gutem
Hause verkörpert, während sie jetzt wieder die lebenslustige Süditalienerin
gab, die ihre optischen Vorzüge einzusetzen weiß. Ihr Lebenswandel im Film
wirkt entsprechend wenig solide, auch weil sie im knappen Trikot nachts zum
Vergnügen der Touristen singt und tanzt. In "L'oro di Napoli" hatte
sie noch einen heimlichen Liebhaber und ihre Beweggründe waren durchaus
egoistischer Natur, aber diese Freizügigkeit war im amerikanischen Kino dieser
Zeit nicht möglich, weshalb sich Shavelson eine ziemlich hanebüchene
Konstruktion ausdachte.
Als der
Anwalt Michael Hamilton in Neapel ankommt, will er nur so schnell wie möglich
die Erbschaftsangelegenheiten seines vor 10 Jahren nach Italien ausgewanderten
Bruders erledigen. Sein Kollege Mario Vitale (Vittorio De Sica) möchte ihm
Neapel und Umgebung zeigen, aber Hamilton lehnt ab, da er glaubt, dass das einzige Interesse der Italiener darin liegt, Touristen
auszunehmen, weshalb er auch der freundlichsten Geste misstraut. Aus dem Off
kommentiert er entsprechend ironisch Land und Leute, besonders deren Hang zum
bequemen Leben. Doch sein Plan wird erschüttert, als er erfährt, das sein noch
in den USA verheirateter Bruder mit einer Frau verunglückte und sie einen
8jährigen Sohn hinterließen, seinen ihm bisher unbekannten Neffen Nando
(Marietto).
Zu Beginn
des Films gibt Italien nicht nur in der Meinung Hamiltons ein sehr
leichtfertiges Bild ab, in das das Leben seines Bruders hervorragend passt. An
diesem Punkt kommt auch Sophia Loren ins Spiel, der als Tante von Nando das
Sorgerecht übertragen wurde. Als Hamilton sie auf Capri besucht, um seinen
Neffen kennen zu lernen, fügt sich alles ins voreingenommene Bild - sie schläft
tagsüber, da sie bis zum frühen Morgen im Nachtclub auftritt, und der ihr
anvertraute Junge verteilt nicht nur Werbezettel mit der Leichtbekleideten,
sondern raucht und geht nicht zur Schule, da er ihren Schlafrhythmus angenommen
hat.
Das dieser
äußerlich anzügliche, unsolide Eindruck relativiert werden musste, wird schon
daran deutlich, das Lucia (Sophia Loren) die Tante des Jungen ist, nicht seine
Mutter, was wesentlich realistischer gewesen wäre. Nicht nur weil dem Jungen
keinerlei Trauer hinsichtlich des Todes seiner Eltern anzumerken ist, obwohl
dieser noch nicht lange zurückliegen kann, sondern weil seine leibliche
Mutter - außer zu Beginn durch den
Anwalt - nie erwähnt wird, weder von ihm, noch von Lucia, ihrer Schwester.
Nandos Vater, der Bruder Hamiltons, und dessen Liebe zum Feuerwerk, bleiben ein
wichtiges Thema im Film, aber die Mutter, traditionell die wichtigste Person,
scheint nie existiert zu haben.
Ganz
offensichtlich war es für die Story zwar notwendig, das Nando zu Lucia ein sehr
enges Verhältnis hat, um den Kampf um ihn glaubwürdig darstellen zu können,
aber als Mutter hätte sie ein uneheliches Kind gehabt und viele Jahre eine
wilde Ehe mit Hamiltons Bruder geführt, womit eine Liebesbeziehung zwischen den
beiden Protagonisten nicht mehr möglich gewesen wäre. Auch sonst wandelt sich
die schöne Lucia schon bald in ein sehr anständiges, jungfräuliches Mädchen,
deren nächtliche Auftritte rein künstlerischer Natur sind und die
selbstverständlich keinerlei Männerbekanntschaften hat. Stattdessen geht sie
auf den Rat des Anwalts Vitale ein, sich nicht um den Jungen zu streiten,
sondern mit dem 30 Jahre älteren Michael Hamilton zu vertragen. Auch dieser
wird entsprechend eingewiesen und es beginnen gemeinsame Tage auf Capri, die
den schönsten Italien-Urlaub in den Schatten stellen - natürlich trotz aller Liebe immer mit respektvollem Abstand, wie es sich gehört.
Ähnlich
unglaubwürdig gestaltet sich auch der private Hintergrund des Anwalts, der kurz
vor seiner Hochzeit in Philadelphia steht. Dass er diese um einen Tag
verschieben muss, wie er seiner Verlobten am Telefon mitteilt, da er von Capri
aus keine Fähre mehr zurück zum Festland bekam, kann man nur wohlwollend als
dramaturgisches Schelmenstück ansehen. Hamilton wird zu Beginn so konservativ
beschrieben, dass es nicht vorstellbar ist, dass er so unmittelbar vor seiner
Hochzeit eine Reise nach Italien unternehmen würde. Wirklich ernst hatten die
Drehbuchautoren die Verlobte sowieso nicht genommen, weshalb er die Beziehung
mit ihr wenig später aufkündigt, als sie ihn am Telefon zu sehr nervt. „Es
begann in Neapel“ lässt keinen Aspekt aus, der das Zusammenkommen zweier
Menschen erschweren könnte, egal wie sehr das Drehbuch dafür getreten werden
musste.
Umso
erstaunlicher ist es, wie souverän Sophia Loren und Clarke Gable darüber hinweg
spielen. Gable nimmt man den stocksteifen Anwalt sowieso nicht ab, so lässig
bewegt er sich von Beginn an zwischen den vielen Menschen. Auch sein Umgang mit
der schönen Lucia zeugt von weltmännischem Auftreten, während Sophia Loren der
Spagat zwischen erotischer Versuchung, liebender Mutter (hier Tante) und
anständigem Mädchen perfekt gelingt. Der Film verdankt seinen Erfolg der
Tatsache, dass die beiden Hauptdarsteller so überlebensgroß sind, das die
Drehbuchkonstruktionen dahinter einfach verschwinden. Und er verdankt seinen
Erfolg einem Blick auf Italien, das von Sonne und Meer, immer gutgelaunten und
dem Leben positiv gegenüber stehenden Menschen geprägt ist – ein Leben voller
Amore und anderen großen Gefühlen. Selbst wenn es im Film um die ernsthafte
Thematik eines Sorgerechtsstreits vor Gericht geht, muss selbst der Anwalt der
Klägerseite, als von Emotionen erfüllter Italiener, die Partei der Mamma -
pardon, der Tante! – ergreifen.
Diese wenig
realistische, ironiefreie und familientaugliche Sichtweise, auch wenn sie italienische Charakteristika aufgreift und ein wenig die amerikanische Lebensart karikiert (besonders im von Sophia Loren gesungenen Lied "Tu vuó fa l'americano"), könnte man leicht als typische
Hollywood-Komödie abtun, aber sie wurde stilbildend auch für viele italienische
Filme, besonders in der Zusammenarbeit zwischen Vittorio De Sica und Sophia
Loren. In "La riffa" (Episode aus "Boccaccio '70",
1962), "Ieri, oggi e domani" (Gestern, heute und morgen,
1963) und "Matrimonia all'italiana" (Hochzeit auf italienisch, 1964)
variierten sie mehrfach die Rolle der Lucia, immer eingebettet in ein
pseudo-realistisches Umfeld. Im Vergleich zu den Filmen der „Commedia
all’italiana“ wie etwa Mario Monicellis „I soliti ignoti“ (Diebe haben’s
schwer, 1958), die hinter dem Humor und der optimistischen Lebensart auch die
Schattenseiten spüren ließen, blieben De Sicas Filme dieser Phase von
unterhaltender Harmlosigkeit, bewahrten sich aber noch einen Rest an ironischer
Distanz. „Es begann in Neapel“ kann dagegen nur mit seinen beiden
Hauptdarstellern aufwarten, die mit Hilfe gut aufgelegter Nebendarsteller das
verlogene Kind irgendwie schaukeln.
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