Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den

Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den
Ein Rückblick in die Entstehungsphase der "Commedia sexy all'italiana"

Montag, 13. Mai 2013

Assassinio sul tevere (Der Superbulle jagt den Ripper) 1979 Bruno Corbucci


Inhalt: Sieben einflussreiche Männer treffen sich abends in einer am Tiber gelegenen Badeanstalt, um mögliche Projekte in Rom zu diskutieren. Die regelmäßig zusammen kommende Runde übergibt ihrem Vorsitzenden Manfredo Ruffini (Alberto Farnese) das Wort. Doch nur wenige Augenblicke später fällt plötzlich der Strom aus, was von den Anwesenden launig kommentiert wird - bis sie im Kerzenlicht den toten Ruffini mit einem Messer im Rücken auf dem Tisch liegen sehen.

Franco Bertarelli, genannt „Venticello“ (Bombolo), betritt einen Juwelierladen, um sich ein paar wertvolle Stücke vorführen zu lassen. Er hat sich als Priester verkleidet, um das Vertrauen des Verkäufers zu erschleichen, aber Nico Giraldi (Tomas Milian) steht schon hinter ihm und nimmt den Widerspenstigen mit zu dessem neu erworbenen, noch nicht bezahlten Auto. Er benötigt ein paar Informationen über einen Verdächtigen im Fall des Tiber-Mordes, aber „Venticello“ rückt die Adresse erst heraus, nachdem Giraldi seinen Wagen zu Schrott gefahren hatte. Die Spur stellt sich als kalt heraus, aber Giraldi ist gezwungen weiter zu fahnden, um seinen alten Freund Otello Sarti (Enzo Liberti), den der Staatsanwalt als Verdächtigen verhaften ließ, wieder aus dem Knast zu holen…


Nachdem Regisseur und Drehbuchautor Bruno Corbucci seinen originellen Ermittler Maresciallo Nico Giraldi (Tomas Milian) im vierten Film der "Superbullen"-Reihe in die USA geschickt hatte, wo er es in "Squadra antimafia" (Der Superbulle jagt den Paten) mit dem organisierten Verbrechen aufnahm, war im fünften Teil wieder römisches Lokalkolorit angesagt. Die melancholische Melodie von "Roma stasera" und die Bilder eines kleinen beleuchteten Schiffes auf dem Tiber verbreiten eine angenehme Abendstimmung, die sich in der am Ufer des Flusses liegenden Badeanstalt aber nicht fortsetzt. Dort haben sich sieben einflussreiche Männer der Stadt versammelt, um gemeinsame Pläne zu diskutieren. Ein plötzlicher Stromausfall kann ihnen die Laune nicht verderben, dafür aber die Leiche ihres Vorsitzenden Manfredo Ruffini (Alberto Farnese), der mit einem Messer im Rücken auf dem Tisch liegt. Nach Meinung der Polizei, kann der Mörder nur einer von ihnen gewesen sein.

Mit "Assassinio sul tevere" (wörtlich "Mord auf dem Tiber") kehrten Corbucci und Milian wieder an ihre Anfänge des Jahres 1976 zurück, als der römische Polizist, der die Verbrecher dank enger Kontakte zu den Einheimischen mit eigenwilligen Methoden zur Strecke brachte, in "Squadra antiscippo" (Der Superbulle mit der Strickmütze) erstmals auftrat. Sein römischer Dialekt, die Lockenmatte und seine ständigen respektlosen Sprüche waren inzwischen zu seinem Markenzeichen geworden (von Milian in "Il trucido e lo sbirro" (Das Schlitzohr und der Bulle, 1976)  eingeführt) - nur die Strickmütze hatte er gegen einen Blaumann eingetauscht und vom Motorrad wechselte er auf das Fahrrad. Der deutsche Titel "Der Superbulle jagt den Ripper" ist entsprechend unpassend gewählt und setzt einzig auf die Steigerung der Sensationsgier, nachdem es Giraldi zuvor schon mit dem Paten zu tun bekommen hatte. Angesichts der Enttäuschung, die "Assassinio sul tevere" damals auslöste und ihm den Ruf einbrachte, einer der schwächsten Filme der Reihe zu sein, ist diese Vorgehensweise zwar verständlich, führte die Erwartungshaltung aber noch weiter in eine falsche Richtung, denn von einem "Ripper" gibt es hier weit und breit nichts zu sehen.

Bruno Corbucci hatte Tomas Milians Figur von Beginn an als Persiflage auf das Poliziesco-Genre angelegt, hielt in "Squadra antiscippo" aber noch die Waage zwischen ernsthaftem Polizeifilm und komödiantischen Einlagen. Mit der Hinzuziehung von Bombolo als sympathischem, aber dämlichem Kleinverbrecher, genannt "Venticello", im zweiten Film der Reihe "Squadra antifurto" (Hippie Nico von der Kripo, 1977), besann sich Corbucci zunehmend auf den Klamauk, der den Erfolg der "Superbullen"-Filme erst auslöste. Auch in "Assassinio sul tevere" gibt es solche Momente, wenn Milian samt männlichem Background-Chor bei einem Gesangswettbewerb auftritt oder auf einem Pferd reitend die Verfolgung eines Autos aufnimmt, aber insgesamt überwiegt der Charakter eines Poliziesco, in dem Nico Giraldi versucht, den schwierigen Fall ernsthaft zu lösen - zwar wie immer gut aufgelegt und um keinen Spruch verlegen, aber mit konventionellen Methoden.

Offensichtlich wollten Corbucci und Milian wieder einen größeren Realitätsbezug herstellen, denn Nico Giraldi bekommt es mit gerissenen Geschäftsleuten und korrupten Politikern zu tun - auch der Ermordete war kein Waisenknabe. Für den Staatsanwalt und Commissario Galbiati (Renato Mori) steht der Schuldige trotzdem bald fest. Ausgerechnet der mittellose Betreiber des Schwimmbads, in dem die Versammlung stattfand, Otello Santi (Enzo Liberti), soll der Täter gewesen sein. Giraldi, der ihn schon lange kennt, glaubt nicht an dessen Schuld, weshalb er sich bei seinen Nachforschungen nicht nur Ärger mit seinen Vorgesetzten einhandelt, sondern sein Leben in Gefahr gerät. Die Story orientiert sich konkret an beliebten Mustern des Poliziesco-Genres, bleibt aber vage hinsichtlich ihrer Ausrichtung zwischen Spannung und Komödie.

Einerseits werden eine Vielzahl an Personen eingeführt und Giraldis Nachforschungen detailliert geschildert, andererseits werden die Gewalttätigkeiten zu harmlos inszeniert, um Spannung aufkommen zu lassen. Tomas Milian gelingen einige wirklich komische Szenen, wie etwa in dem überfüllten Leichenschauhaus, aber insgesamt verliert sich "Assassinio sul tevere" zu sehr in langen Dialogen, die Giraldi zwar die Gelegenheit geben, ordentlich über kriminelle Geschäftsleute und Politiker herzuziehen, was aber angesichts der banalen Auflösung letztlich ohne gesellschaftskritische Tiefe bleibt. Selbst Bombolo hat nur als falscher Priester einen witzigen Auftritt.

Dafür bahnt sich eine ernsthafte Verbindung zu Angela (Roberta Manfredi, Tochter von Nino Manfredi) an, der Tochter des zu unrecht verdächtigten Badeanstalt-Betreibers. Ihre Eifersuchtsszenen, wenn Giraldi nicht ganz uneigennützig die attraktive Witwe des Ermordeten Eleonora Ruffini (Marina Ripa di Meana) verhört, nerven zwar mit der Zeit, aber am Ende wird geheiratet. Richtig gut kam die Domestizierung des Helden nicht an, weshalb Corbucci im Nachfolger "Squadra antigangster" (Ein Superbulle gegen Amerika, 1979) wieder darauf verzichtete und Giraldi gleich in die USA schickte. Erst ab "Delitto a Porta Romana" (Elfmeter für den Superbullen, 1980) durfte Ehefrau Angela (diesmal von Olimpia Di Nardo gespielt) wieder ran, aber unter "anderen Umständen".

Innerhalb der "Superbullen"-Reihe bedeutete "Assassinio sul tevere" einen gewissen Rückschritt, zumindest hinsichtlich der Abgedrehtheit des Plots und der Steigerung des Klamauks, aber als komödiantisch angelegter Polizeifilm mit einem gut aufgelegten Tomas Milian kann er trotzdem gut unterhalten und empfiehlt sich neben "Squadra antiscippo" als Einstieg in die Reihe.

"Assassinio sul tevere" Italien 1979, Regie: Bruno Corbucci, Drehbuch: Bruno Corbucci, Mario Amendola, Darsteller : Tomas Milian, Bombolo, Roberta Manfredi, Marina Ripa Di Meana, Renato Mori, Nello Pazzafini, Laufzeit : 94 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Bruno Corbucci: 

"Isabella, duchessa dei diavoli" (1969)

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Der Name "L'amore in città" bezieht sich auf einen Episoden Film aus dem Jahr 1953, der erstmals Regisseure in Italien dazu brachte, ihre extra dafür geschriebenen und gedrehten Kurzfilme zu einem Gesamtwerk zu vereinen. Der Episodenfilm steht symbolisch für eine lange, sehr kreative Phase im italienischen Film, die in vielerlei Hinsicht stilbildend für die Kunstform Film wurde. Die intensive Genre-übergreifende Zusammenarbeit unter den Filmschaffenden war eine wesentliche Grundlage dafür.