Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den

Für ihn war der Weg zur "Sexy"-Variante vorgezeichnet - den
Ein Rückblick in die Entstehungsphase der "Commedia sexy all'italiana"

Dienstag, 30. Mai 2017

Von der Moralkritik zum Dekameron - die Entstehung der Commedia sexy all'italiana bis 1971

Protagonisten der 60er Jahre - Nino Manfredi und Catherine Spaak in "Adulterio all'italiana" (Seitensprung auf Italienisch, 1966)

Inhalt:

1. Die "Commedia sexy all'italiana" - Definition und Abgrenzung

2. Die 60er Jahre Metamorphose - Ausdruck des moralischen Wandels bis 1971

2.1. "Commedia all'italiana" und der Episodenfilm - Aufbruch in die Erotik
2.2. Persönliche Auswahl an prägenden Filmen 1961 bis 1968
2.3. Einflussreiche Regisseure und Drehbuchautoren
2.3.1. Mario Monicelli und Steno - die Wegbereiter 
2.3.2. Pasquale Festa Campanile und Massimo Franciosa - die Spezialisten
2.3.3. Luciano Salce - der Unterschätzte 
2.4. Die erotische Komödie kommt - Liste der Jahre 1969 bis 1971
2.5. Catherine Spaak und Lando Buzzanca

3. Tabubruch - die Jahre des Dekameron 1972 und 1973

3.1. Vom Mittelalter bis in die Gegenwart
3.2. Die Filme von 1972
3.3. Geburt der modernen "Commedia sexy" 
3.4. Die Filme von 1973 


1. Die "Commedia sexy all'italiana" - Definition und Abgrenzung

Protagonisten der 70er Jahre - Stefano Amato, Alfredo Pea, Alvaro Vitali in "L'insegnante" (Die Bumsköpfe, 1975)
„Oben ohne mit Jeans“, „Flotte Teens – jetzt ohne Jeans“ oder „Flotte Teens runter mit den Jeans“ – bis heute lassen die lautmalerischen Titel keinen Zweifel am Inhalt der italienischen Komödien, die Ende der 70er Jahre in die deutschen Kinos kamen. Die Kreativen der Verleihfirmen scherten sich weder um chronologische, noch inhaltliche Zusammenhänge und nutzten den Boom dieser Jahre dazu, auch ältere Filme mit einzureihen. „Die Bumsköpfe“ (1975) oder „Politess im Sittenstress“ (1976) feierten auf diese Weise mehrere Jahre nach ihrer Entstehung noch ihre deutsche Kinopremiere. Auch der Anfang der 80er Jahre in Schwung kommende Video-Markt setzte auf die Kombination aus Soft-Sex und Slapstick-Einlagen schräger Typen und verhalf damit nicht nur schönen Darstellerinnen wie Edwige Fenech und Gloria Guida sowie ihren männlichen Antipoden vom Schlage eines Alvaro Vitali oder Lino Banfi zu bis heute einschlägiger Berühmtheit, sondern prägten auch den Ruf Italiens als Herkunftsland irrer bis geschmackloser Sex-Komödien.

Lino Banfi und Edwige Fenech in die "Die trüben Tassen der Stube 9" (1978)
Ein Topf, in den wahlweise noch Militärklamotten („Die Knallköpfe der 6.Kompanie“, 1976), Dekameron-Epigonen („Wehe, wenn die Lust uns packt“, 1972) und Ausflüge in die frühgeschichtliche Historie („Als die Frauen noch Schwänze hatten“, 1970) geschmissen werden. Eine dank der deutschen Synchronisation zusätzlich auf lustig getrimmte Handlung kombiniert mit Nacktaufnahmen genügte dafür als Kriterium. Dabei mehr als ein Jahrzehnt Film-Historie ebenso ignorierend wie die spezifischen, sich von Deutschland erheblich unterscheidenden italienischen Eigenarten. In dem stark katholisch geprägten Land sind Ehescheidungen erst seit 1970 gesetzlich erlaubt, die Emanzipation und der damit verbundene Wandel der Geschlechterrollen befanden sich außerhalb weniger großstädtischer Zentren um ein Jahrzehnt im Rückstand gegenüber Mittel- und Nordeuropa. Und Pornografie, in Deutschland seit 1975 legal und leicht konsumierbar, wurde bis Ende der 70er Jahre in kurzen hinein geschnittenen Szenen gezeigt – sogenannten Hardcore-Fassungen harmloser Sex-Filme. 

Gloria Guida und Mario Carotenuto in "Flotte Teens und heiße Jeans" (1975)
Noch heute erstaunen die dezenten Nacktaufnahmen auch später Erotik-Komödien wie „La poliziotta della squadra del buon costume“ (Das Schlitzohr von der Sitte) von 1979. Erst nach 20 Minuten lässt Edwige Fenech darin die Hüllen fallen – im Vergleich zu deutschen Sex-Filmen der End-60er und frühen 70er Jahre („Schulmädchen-Report“, 1970) ein geradezu hochgeschlossenes Verhalten. Am Beispiel der deutsch-italienischen Co-Produktion "Warum hab‘ ich bloß 2x ja gesagt?" (italienischer Titel: Professione bigamo) von 1969 lassen sich die unterschiedlichen Gewichtungen anschaulich demonstrieren. Der unter der Regie von Franz Antel entstandene und mit dem damaligen italienischen Komödien-Star Lando Buzzanca in der Hauptrolle prominent besetzte Film kombinierte die „Commedia all’italiana“ mit dem brachialeren deutschen Humor, gerecht verteilt auf die Handlungsorte Rom und München. Während Edith Hancke, Willy Millowitsch und Heinz Erhardt prägnante Kostproben ihrer Kunst gaben, pflegte die italienische Seite mehr den sprachintensiven Disput in der generationsübergreifenden Großfamilie – Klischees, die in der jeweils anderssprachigen Synchronisation an Wirkung verloren.

Lando Buzzanca und Jacques Herlin in "Professione bigamo" (1969)
Aus heutiger Sicht kommt die Story über einen Bigamisten, der zunehmend in Schwierigkeiten gerät, seine beiden Ehen zu organisieren, nicht über eine typische Verwechslungskomödie hinaus, da die frivolen Anspielungen inzwischen verblasst sind. Noch weniger lässt sich die Provokation nachvollziehen, die die sympathische Figur eines Bigamisten damals im katholischen Italien auslöste. Zumal er sein Verhalten moralisch begründet. Schließlich hat er - im Gegensatz zu seinen Geschlechtsgenossen, die ihre Ehefrauen betrügen - die Seinen jeweils ordentlich geheiratet. Zwar musste für die italienische Kino-Fassung eine Sekunde herausgeschnitten werden, in der Andrea Rau vollständig nackt von vorne zu sehen ist, aber das Gewicht lag im konservativen Italien anders als in Deutschland traditionell auf dem inhaltlichen Tabu-Bruch, der in der „Commedia all’italiana“ schon seit den frühen 60er Jahren gepflegt wurde - selbst in dieser verwässerten deutsch-italienischen Co-Produktion ist das noch zu spüren.


2. Die 60er Jahre Metamorphose

2.1. „Commedia all’italiana“ und der Episodenfilm - Aufbruch in die Erotik

"Queste pazze, pazze donne" (1964)
Der Begriff „Commedia sexy all’italiana“ wurde erst in den 70er Jahren populär und wird heute in der Regel auf die diversen „Flotte Teens“ und „Lehrerinnen“ – Komödien angewendet. Ursprünglich entwickelte er sich in den 60er Jahren aus der klassischen „Commedia all’italiana“. Signifikant für den auf Basis des Neorealismus entstandenen Komödienstil, der seine beißende Gesellschaftskritik unter einer humorvollen Handlung verbarg, war seine unmittelbare Reaktion auf die soziokulturellen Veränderungen nach dem Krieg. Im Zuge der eintretenden Liberalisierung und damit sich langsam verändernden Geschlechterrollen wandten sich Anfang der 60er Jahre Regisseure wie Dino Risi, Pietro Germi oder Luciano Salce zunehmend sexuellen Themen zu, um Doppelmoral und patriarchalische Strukturen ironisch aufzubrechen. Anders als im deutschen Kinofilm der späten 50er Jahre, der seinen sexuellen Subtext unter dem konservativen Deckmäntelchen moralischer Aufklärung verbarg, verstanden politisch dem linken Spektrum angehörende Regisseure Sexualität als antibürgerlich und damit gesellschaftskritisch – eine Haltung, die auch die „Commedia all‘italiana“ beeinflusste.

"Amore all'italiana" (1966)
Schlüsselwerke wie Pietro Germis „Divorzio all’italiana“ (Scheidung auf Italienisch, 1961) oder Dino Risis „Il sorpasso“ (Verliebt in scharfe Kurven, 1962) verstießen so unverhohlen gegen damalige Tabus, dass sie die Bezeichnung „Commedia sexy all’iataliana“ auch ohne Nuditäten schon verdient gehabt hätten. Neben diesen Wurzeln wurde eine besonders in Italien gepflegte Inszenierungs-Form zu einem entscheidenden Wegbereiter der „Commedia sexy all’italiana“ – der Episodenfilm (ausführlich dazu siehe „L’amore in città und die Folgen“). Zwar ließ auch der Typus des „Decamerotico“, der in Folge von Pier Paolo Pasolinis „Il Decameron“ (1971) Anfang der 70er Jahre die erotische Komödienlandschaft überschwemmte, die Episodenform wieder aufleben, aber schon in den 60er Jahren brach nach dem Erfolg von „Boccaccio‘70“ (1962) ein regelrechter Boom aus. Viele Regisseure und Drehbuchautoren nutzten die Kurzfilmform, um unter einem gemeinsamen Dach tabuisierte Themen von unterschiedlichen Gesichtspunkten aus zu betrachten. Kritik und Verbote blieben zwar nicht aus, aber sie verteilten sich auf viele Schultern.


"La donna degli altri è sempre più bella" (Die Frau des Anderen ist immer schöner, 1963)
2.2. Persönliche Auswahl an prägenden Filmen der Jahre 1961 bis 1968:
(Nicht alle Beteiligten, sondern die für die Genre-Entwicklung wichtigsten Protagonisten werden hervorgehoben. Die "blauen" Links führen zu detaillierten Filmbesprechungen, die "grün" angelegten Premieren-Daten sind mir nicht exakt bekannt und wurden mittig auf das Erscheinungsjahr gelegt)

20.12.1961 Divorzio all'italiana (Scheidung auf Italienisch) - Pietro Germi (mit Stefania Sandrelli 
                                                                                                                         und Lando Buzzanca)
24.03.1962 La voglia matta (Lockende Unschuld) - Luciano Salce (mit Catherine Spaak, 
                                                                       Drehbuch Franco Castellano und Luciano Salce)
24.12.1962 L'amore difficile (Erotica) - Nino Manfredi, Sergio Sollima, Alberto Bonucci, 
    Luciano Lucignani, (Episodenfilm mit Catherine Spaak, Vittorio Gassman, Gastone Moschin 
                                          und Nino Manfredi, Drehbuch Sandro Continenza und Nino Manfredi)
13.02.1963 La parmigiana (Das Mädchen aus Parma) - Antonio Pietrangeli (mit Catherine Spaak, 
                                                                                                 Lando Buzzanca und Nino Manfredi)
01.07.1963 I cuori infranti - Vittorio Caprioli, Gianni Puccini (Episodenfilm mit Nino Manfredi 
                                                                         und Vittorio Caprioli Drehbuch Sandro Continenza)
01.07.1963 La donna degli altri è sempre più bella - Marino Girolami
                                                                                     (Episodenfilm, Drehbuch Marino Girolami)
31.07.1963 Adultero lui, adultera lei - Raffaello Matarazzo (mit Marilù Tolo  
                                                                                                          und Maria Grazia Buccella)
23.08.1963 Le monachine - Luciano Salce (mit Catherine Spaak und Lando Buzzanca,
                                                                     Drehbuch Franco Castellano und Giuseppe Moccia)
25.09.1963 Gli imbroglioni - Lucio Fulci (Episodenfilm mit Stefania Sandrelli, 
                                               Drehbuch Franco Castellano, Lucio Fulci und Giuseppe Moccia)
22.01.1964 Alta infedeltà (Ehen zu Dritt- Franco Rossi, Mario Monicelli, Elio Petri, Luciano Salce
                                                                         (Episodenfilm mit Nino Manfredi und Monica Vitti)
30.01.1964 Sedotta e abbandonata (Verführung auf Italienisch) - Pietro Germi 
                                                                                       (mit Stefania Sandrelli und Lando Buzzanca)
04.02.1964 Frenesia dell'estate (Verrückter Sommer) - Luigi Zampa 
                                                                                       (mit Sandra Milo und Vittorio Gassman)
21.03.1964 Amore in 4 dimensioni (Amore in 4 Dimensionen) - Mino Guerrini, Jacques Romain, 
          Massimo Mida, Gianni Puccini (Episodenfilm mit Sylva Koscina und Lando Buzzanca, 
                                                                                                                       Drehbuch Mino Guerrini)
28.03.1964 I maniaci - Lucio Fulci (Episodenfilm mit Vittorio Caprioli, Drehbuch Franco 
                                                                               Castellano, Lucio Fulci und Giuseppe Moccia)
22.05.1964 Queste pazze pazze donne - Marino Girolami (mit Franco Franchi 
                                                                                                                  und Ciccio Ingrassia)

Ugo Tognazzi in "Controsesso" (1964)


01.07.1964 Controsesso - Franco Rossi, Marco Ferreri, Renato Castellani 
                                                                                                          (Episodenfilm mit Nino Manfredi)
08.10.1964 Tre notti d'amore (Drei Liebesnächte) - Franco Rossi, Luigi Comencini, Renato Castellani 
                                                (Episodenfilm mit Catherine Spaak, Drehbuch Massimo Franciosa )
16.10.1964 L'idea fissa (Wenn das die Männer wüssten) - Mino Guerrini, Gianni Puccini
                        (Episodenfilm mit Sylva Koscina und Lando Buzzanca, Drehbuch Mino Guerrini)
16.10.1964 Le belle famiglie - Ugo Gregoretti              (Episodenfilm Drehbuch Steno)
24.12.1964 Extraconiugale (Seitensprünge) - Mino Guerrini, Giuliano Montaldo, Massimo Franciosa
          (Episodenfilm mit Gastone Moschin und Lando Buzzanca, Drehbuch Massimo Franciosa, 
                                         Giuseppe Moccia, Franco Castellano, Luigi Magni und Mino Guerrini)
27.01.1965 Le Bambole (Die Puppen) - Mauro Bolognini, Luigi Comencini, Dino Risi, Franco Rossi
                         (Episodenfilm mit Monica Vitti und Nino Manfredi, Drehbuch Rodolfo Sonego)
22.03.1965 La bugiarda - Luigi Comecini (mit Catherine Spaak)
08.05.1965 Letti sbagliati (Die richtige Frau im falschen Bett) - Steno
                                               (Episodenfilm mit Lando Buzzanca, Drehbuch Sandro Continenza)

"Scandali.....nudi!" (1965)

11.06.1965 Scandali nudi - Enzo di Gianni (mit Mario Carotenuto, Franco Franchi,
                                                                                         Ciccio Ingrassia und Carlo Giuffrè)
01.07.1965 Menage all'italiana - Franco Indovina (mit Ugo Tognazzi und Romina Power,
                                                                                                                 Drehbuch Rodolfo Sonego)
20.07.1965 Casanova '70 - Mario Monicelli (mit Marcello Mastroianni, Virna Lisi, Marisa Mell)
28.12.1965 Oggi, domani, dopodomani - Luciano Salce, Marco Ferreri, Eduardo De Filippo
                                (Episodenfilm mit Catherine Spaak, Drehbuch Luciano Salce, 
                                                                                       Franco Castellano und Giuseppe Moccia)
01.07.1966 Amore all'italiana - Steno (Episodenfilm, Drehbuch Steno)
21.08.1966 I nostri mariti (Unsere Ehemänner- Dino Risi, Luigi Zampa, Luigi Filippo D'Amico
                                       (Episodenfilm mit Ugo Tognazzi und Lando Buzzanca,
                                                                                                                   Drehbuch Rodolfo Sonego)
01.10.1966 Adulterio all'italiana (Seitensprung auf Italienisch)  - Pasquale Festa Campanile
                          (mit Nino Manfredi und Catherine Spaak Drehbuch Pasquale Festa Campanile)
02.10.1966 Come imparai ad amare le donne (Das gewisse Etwas der Frauen) - 
           Luciano Salce (mit Romina Power und Orchidea De Santis, Drehbuch Franco Castellano 
                                                                                                                     und Giuseppe Moccia)
22.11.1966 Le fate (Die Gespielinnen- Luciano Salce, Antonio Pietrangeli, Mario Monicelli,
                                       Mauro Bolognini (Episodenfilm mit Monica Vitti und Gastone Moschin,
                                                                                                                   Drehbuch Luciano Salce)
22.02.1967 Le streghe (Hexen von Heute) - Franco Rossi, Mauro Bolognini, 
                                  Luchino Visconti, Pier Paolo Pasolini, Vittorio De Sica (Episodenfilm, 
                                                     Drehbuch Franco Rossi, Luigi Magni und Pier Paolo Pasolini)
17.03.1967 L'immorale (Unmoralisch lebt man besser) - Pietro Germi (mit Stefania Sandrelli)
21.04.1967 Don Giovanni in Sicilia - Alberto Lattuada (mit Lando Buzzanca) 
01.07.1967 Lo scatenato  - Franco Indovina
01.12.1967 La cintura di castità (Der Keuschheitsgürtel) - Pasquale Festa Campanile
                                                                                     (mit Monica Vitti, Drehbuch Luigi Magni)
01.07.1968 Vedove inconsolabili in cerca di…distrazioni  - Bruno Gaburro 
04.08.1968 Straziami ma di baci saziami - Dino Risi (mit Nino Manfredi  
                                                                                                                       und Ugo Tognazzi)
13.09.1968 Scusi, facciamo l'amore? (Wenn die Liebe lockt) - Vittorio Caprioli 
                                                                                                     (Drehbuch Vittorio Caprioli)
27.11.1968 Meglio vedova (Lieber eine junge Witwe) - Duccio Tessari
                                                                                                      (mit Virna Lisi und Lando Buzzanca)
23.12.1968 La matriarca (Huckepack) - Pasquale Festa Campanile
                                                                        (mit Catherine Spaak, Drehbuch Ottavio Jemma)

"Scusi, facciamo l'amore?" (Wenn die Liebe lockt, 1968)

2.3. Einflussreiche Regisseure und Drehbuchautoren

2.3.1. Mario Monicelli und Steno - Die Wegbereiter 

Regisseure und Drehbuchautoren, die seit den frühen 50er Jahren die Komödienlandschaft in Italien prägten, gab es viele - und doch kristallisierten sich einzelne Künstler heraus, deren Einfluss auf die erotische Variante herausstach. Zuerst sind Mario Monicelli und Steno zu nennen, Wegbereiter der "Commedia all'italiana" in den 50er Jahren, ohne die die spätere "Sexy"-Variante nicht vorstellbar wäre. Doch obwohl Monicelli aktiv in der Episodenfilm-Szene mitmischte ("Boccaccio '70", 1962) und seinen 60er Jahre-Komödien die Nähe zur sexuellen Liberalisierung ("La ragazza con la pistola" (Mit Pistolen fängt man keine Männer, 1968)) immer anzumerken waren, lag sein Gewicht mehr auf den soziopolitischen Veränderungen. Sein ehemaliger Partner Steno blieb dagegen besonders in Zusammenarbeit mit Totò der Kleinkunstform treu, die er in zahlreichen Komödien auslebte, deren absurder Humor und sketchartige Form die Basis für die Popularität der Episodenfilme der 60er Jahren schuf und den Boden für abgedrehte Komödianten vom Duo Franco Franchi/Ciccio Ingrassia bis zu Alvaro Vitali bereitete.
 
"Le avventure di Giacomo Casanova" (1955)
Kein Zufall, dass auch Lucio Fulci, der fast ein Jahrzehnt lang eng mit Steno zusammenarbeitete, zwei seiner frühen Regie-Arbeiten dem Episodenfilm ("Gli imbroglioni" (1963) und "I maniaci" (1964)) widmete. Steno stieg mit „Letti sbagliati“ (Die richtige Frau im falschen Bett, 1965) und „Amore all’italiana“ (1966) - ebenfalls die episodische Form wählend - scheinbar erst ein Jahr später ins aufkommende Erotik-Genre ein, aber das lässt übersehen, dass er schon 1955 einen Film drehte, der als frühester Vertreter der "Commedia sexy all'italiana" gelten kann, heute aber nahezu vergessen ist: "Le avventure di Giacomo Casanova" (Casanova - seine Liebe und Abenteuer). Der Film schildert nicht nur amüsant die zahlreichen Liebschaften des Frauenhelden, sondern war mit seinen Nacktszenen seiner Zeit deutlich voraus - mit der Folge, dass Stenos Film der Zensur zum Opfer fiel und aus dem Filmgedächtnis verschwand. 

"L'uccello migratore" (1972)
Entsprechend gilt Steno nicht als unmittelbarer Initiator der "Sexy"-Variante, aber an seinem Werk lassen sich mehr als drei Jahrzehnte Entwicklung im Komödien-Fach nachvollziehen - von den noch neorealistisch geprägten Anfängen, über die Totò-Kleinode bis zur Entstehung der "Commedia all'italiana" in den späten 50er Jahren. Es folgten die Episodenfilme, die offensiveren Erotik-Komödien „Il trapianto“ (Die liebestollen Abenteuer von Baron X, 1970), „Il vichingo venuto dal sud“ (1971) und „L'uccello migratore“ (1972) bis zum brachialen Slapstick-Humor der späteren 70er Jahre, einzig den kurz aufflackernden "Decamerotico" sparte Steno aus.


2.3.2. Pasquale Festa Campanile und Massimo Franciosa - die Spezialisten

Françoise Prévost und Gabriele Ferzetti in "Un tentativo sentimentale" (1963)

Die Rolle des "Commedia sexy"-Spezialisten steht dagegen Pasquale Festa Campanile zu, der die Entwicklung ab Mitte der 60er Jahre maßgeblich vorantrieb und dem Genre bis in die 80er Jahre treu blieb. Bevor er selbst Regie zu führen begann, hatte Campanile Erfahrung als Drehbuchautor gesammelt. Besonders seine Zusammenarbeit mit Luigi Zampa ("Ladro lui, ladra lei" (Dieb hin, Dieb her, 1958)) und seine fünf gemeinsamen Filme mit Dino Risi („Poveri ma belli“ (Ich lass' mich nicht verführen, 1957)) hinterließen Spuren, aber auch der heute nur wenig bekannte Franco Rossi ("Tutti innamorati" (Verliebte haben’s schwer, 1958) und "Smog" (1962)) beeinflusste ihn maßgeblich. Neben Mauro Bolognini war Rossi in den 60er Jahren mehr als jeder andere Regisseur am Boom der Episodenfilme beteiligt. Allein zwischen 1964 und 1968 steuerte er sieben Kurzfilme bei, die das Thema Sexualität im Zusammenhang mit den sich verändernden Geschlechterrollen behandelten. 

"Con quale amore, con quanto amore" (1970)
Festa Campanile selbst wirkte an keinem Episodenfilm mit, hatte aber inclusive seiner ersten Regie-Arbeiten "Un tentativo sentimentale" (Versuchung in Liebe, 1963) und "Le voci bianchi" (Helle Stimmen, 1964) immer einen Compagnon an seiner Seite, mit dem er zuvor alle Drehbücher gemeinsam geschrieben hatte - Massimo Franciosa. Danach trennten sich ihre Wege. Während Campanile ab "Adulterio all'italiana" (Seitensprung auf Italienisch, 1966) zu einem vielbeschäftigten Regisseur aufstieg und allein bis 1970 "Quando le donne avevano la coda" (Als die Frauen noch Schwänze hatten) acht einschlägige Komödien ablieferte, blieb Franciosas Beitrag zur aufkommenden Erotik Komödie eher sparsam, aber nicht wenig einflussreich. Besonders seine Zusammenarbeit mit Mino Guerrini beim Episodenfilm "Extraconiugale" (Seitensprünge, 1964) wurde zu einer wichtigen Initialzündung des Genres. Auch die Autoren Franco Castellano, Luigi Magni und Giuseppe Moccia sowie die Darsteller Lando Buzzanca und Gastone Moschin waren an "Extraconiugale" beteiligt, der schon früh die typischen Merkmale der 70er Jahre Komödie vorwegnahm.

Obwohl Mino Guerrini seine Karriere im Episodenfilm Mitte der 60er Jahre startete, gilt er als Vertreter der zweiten Generation der Erotikfilm-Regisseure. Erst 1969 kam sein eigenständige Genre-Vertreter "Oh dolci baci e languide carezze" (Schulmädchen lieben heiß), bevor er in den 70er Jahren zwei Dekameron-Epigonen und diverse Militärklamotten ("Un ufficiale non si arrende mai nemmeno di fronte all'evidenza, firmato Colonnello Buttiglione" (Zu Befehl, Herr Feldwebel, 1973)) beisteuerte. Das Drehbuch dazu stammte wie gewohnt von Franco Castellano, der seit "Extraconiugale" fest an Guerrinis Seite blieb, aber auch regelmäßig für Luciano Salce („Oggi, domani, doppodomani“, 1965) schrieb.


2.3.3. Luciano Salce - der Unterschätzte

"Come imparai ad amare la donne" (Das gewisse Etwas der Frauen,1966)
Luciano Salces Bedeutung für die Entstehung der „Commedia sexy all’italiana“ ist so wichtig wie leider nahezu unbekannt. Mit "La voglia matta" (Lockende Unschuld, 1962) schuf Salce früh eine bittere Komödie über die Konfrontation der Nachkriegsgeneration mit einer im Zeichen der Liberalisierung aufwachsenden Jugend, die wegweisend für das Genre wurde. Zudem beteiligte er sich während der 60er Jahre intensiv an den einflussreichen Episodenfilmen, aber anders als die Werke seines Kollegen Festa Campanile zählen seine Komödien nicht zu den heute noch populären Erotikfilmen, obwohl sie eine Vielzahl typischer Elemente aufweisen. Seine zwei „Fantozzi“- Filme, die unter anderer Regie noch acht weitere Fortsetzungen erfuhren, stehen dafür beispielhaft. Nur scheinbar verfügten sie über eine ähnlich irre Loser-Figur wie sie in den Militärklamotten oder „L’insegnante“ (Die Bumsköpfe, 1975) – Epigonen üblich wurden. Der von Paolo Villaggio gespielte „Fantozzi“ wurde aber subversiver angelegt und ist wegen seiner spezifisch italienischen Eigenart schwerer in andere Sprachen zu übersetzen. 

Auch sein Einfluss als Darsteller über mehr als drei Jahrzehnte ist enorm. Allein um 1970 spielte er an der Seite von Lino Banfi in Mino Guerrinis "Oh dolci baci e languide carezze", gemeinsam mit Lando Buzzanca in Marco Vicarios „Il prete sposato“ (Priester, du sollst nicht ohne Liebe leben, 1970) und unter der Regie von Mariano Laurenti in „Mazzabubù... quante corna stanno quaggiù?“ (1971) – allesamt wichtige Vertreter des Komödien-Genres.




"Oh dolci baci e languide carezze" (Schulmädchen lieben heiß, 1969)

 
2.4. Die erotische Komödie kommt - Liste der Jahre 1969 bis 1971

17.04.1969 Vedo nudo - Dino Risi (mit Nino Manfredi und Sylva Koscina
                                                                                                                      Drehbuch Dino Risi)
01.07.1969 Oh dolci baci e languide carezze (Schulmädchen lieben heiß) - Mino Guerrini
                                                          (mit Lino Banfi , Drehbuch Luciano Salce und Mino Guerrini)
01.07.1969 Puro siccome un angelo papà mi fece monaco... di Monza - 
                                            Giovanni Grimaldi (mit Lando Buzzanca, Drehbuch Giovanni Grimaldi)
01.07.1969 Le calde notti di Poppea (Poppaea - Die Kaiserin der Gladiatoren) 
                                                                                                  - Guido Malatesta (mit Femi Benussi)
30.08.1969 Isabella, duchessa dei diavoli (Isabella - Mit blanker Brust und spitzem Degen
                                                         - Bruno Corbucci (mit Brigitte Skay, Drehbuch Mario Amendola)
05.09.1969 Professione bigamo (Warum hab’ ich bloß 2× ja gesagt?)  - Franz Antel 
                                                                                                                           (mit Lando Buzzanca)
12.09.1969 Dove vai tutta nuda? (Warum läufst du immer nackt herum?- Pasquale Festa Campanile
       (mit Gastone Moschin, Drehbuch Sandro Continenza, Pasquale Festa Campanile 
                                                                                                                         und Ottavio Jemma)
22.10.1969 La stagione dei sensi - Massimo Franciosa (mit Laura Belli)
06.11.1969 Certo, certissimo, anzi... probabile (Die Freundin war immer dabei) - Marcello Fondato 
                                                                                           (mit Catherine Spaak und Lino Banfi)
27.11.1969 Playgirl '70 - Federico Chentrens
29.11.1969 Il giovane normale - Dino Risi (mit Janet Agren )
12.12.1969 Zenabel (Die Jungfrau mit der scharfen Klinge) - Ruggero Deodato 
                                                                                                                        (mit Lucretia Love)


"Basta guardala" (1970)

30.01.1970 Con quale amore, con quanto amore - Pasquale Festa Campanile 
                   (mit Catherine Spaak , Drehbuch Pasquale Festa Campanile und Ottavio Jemma)
04.03.1970 Un caso di coscienza - Giovanni Grimaldi (mit Lando Bussanca                                                                                                                                                    Drehbuch Steno)
06.03.1970 Il trapianto (Die liebestollen Abenteuer von Baron X) - Steno (mit Carlo Giuffrè                                                                                                                                                    Drehbuch Steno)
01.07.1970 Nel giorno del Signore - Bruno Corbucci (mit Lando Buzzanca und Lino Banfi,
                                                                                Drehbuch Mario Amendola und Bruno Corbucci)
01.07.1970 La ragazza del prete - Domenico Paolella (Drehbuch Domenico Paolella)
20.08.1970 Cerca di capirmi - Mariano Laurenti (Drehbuch Massimo Franciosa                                                                                                                                           und Mariano Laurenti)
27.08.1970 L'asino d'oro processo per fatti strani contro Lucius Apuleius cittadino romano 
                                                                                                  - Sergio Spina (mit Barbara Bouchet)
28.09.1970 Il debito coniugale - Franco Prosperi (mit Lando Buzzanca und Barbara Bouchet, 
                                                                                                      Drehbuch Massimo Franciosa)
15.10.1970 Quando le donne avevano la coda  (Als die Frauen noch Schwänze hatten)  - 
                     Pasquale Festa Campanile (mit Senta Berger, Drehbuch Pasquale Festa Campanile 
                                                                                                                              und Ottavio Jemma)
01.11.1970 Il prete sposato (Priester - Du sollst nicht ohne Liebe leben- Marco Vicario
       (mit Rossana Podestà, Lando Buzzanca und Luciano Salce, Drehbuch Marco Vicario) 
19.12.1970 La prima notte del Dottor Danieli, industriale col complesso del... giocattolo 
       Giovanni Grimaldi (mit Lando Buzzanca, Drehbuch Bruno Corbucci und Giovanni Grimaldi)
27.12.1970 Basta guardala - Luciano Salce (Drehbuch Steno)


"Il merlo maschio" (Das nackte Cello, 1971)

25.02.1971 Mazzabubù... quante corna stanno quaggiù? - Mariano Laurenti (mit Lino Banfi, 
                                                                                                                Drehbuch Sandro Continenza)
10.03.1971 Le calde notti di Don Giovanni (Sein Schlachtfeld war das Bett) - Alfonso Brescia 
                                                                                         (mit Barbara Bouchet und Edwige Fenech)
01.07.1971 Scusi, ma lei le paga le tasse? - Mino Guerrini (mit Karin Schubert,
                                                                                                                     Drehbuch Mino Guerrini)
01.07.1971 Non commettere atti impuri - Giulio Petroni (mit Barbara Bouchet)
01.07.1971 Il provinciale (Das Callgirl und die Liebe- Luciano Salce (mit Maria Grazia Buccella)
01.07.1971 Le belve - Giovanni Grimaldi (Episodenfilm mit Lando Buzzanca und Femi Benussi,
                                                                                                             Drehbuch Giovanni Grimaldi)
01.07.1971 Per amore o per forza - Massimo Franciosa (mit Carlo Giuffrè,
                                                                                                             Drehbuch Massimo Franciosa)
12.08.1971 Il vichingo venuto dal sud - Steno (mit Lando Buzzanca, Drehbuch Steno) 
25.08.1971 Il Decameron (Decameron) - Pier Paolo Pasolini (Drehbuch Pier Paolo Pasolini 
                                                                                                             nach Giovanni Boccaccio)
15.09.1971 Homo Eroticus Marco Vicario (mit Rossana Podestà, Lando Buzzanca 
                                                                                                                      und Luciano Salce)
22.09.1971 Il merlo maschio (Das nackte Cello) - Pasquale Festa Campanile 
                      (mit Laura Antonioni und Lando Buzzanca , Drehbuch Pasquale Festa Campanile)
29.09.1971 Quando gli uomini armarono la clava e... con le donne fecero din-don 
 (Als die Frauen das Bett erfanden) - Bruno Corbucci (mit Aldo Giuffrè und Vittorio Caprioli, 
                                                                                                            Drehbuch Bruno Corbucci)
08.10.1971 Roma bene (Roma bene - Liebe und Sex in Rom) - Carlo Lizzani 
                                                                                     (mit  Senta Berger und Vittorio Caprioli)
29.09.1971 Le inibizioni del dottor Gaudenzi, vedovo col complesso della buonanima 
                                              - Giovanni Grimaldi (mit Carlo Giuffrè, Drehbuch Giovanni Grimaldi)


Catherine Spaak und Lando Buzzanca in "La parmigiana" (Das Mädchen aus Parma, 1963)

2.5. Catherine Spaak und Lando Buzzanca – Die Komödien-Stars der 60er Jahre

Catherine Spaak in "Oggi, domani, dopodomani" (1965)
Im Gegensatz zu den komplexen Querverbindungen im Regie- und Drehbuch-Fach, blieb die Liste der wichtigsten Schauspieler in den 60er Jahren überschaubar, noch weit entfernt von der großen Anzahl an hübschen Darstellerinnen und männlichen Komikern der 70er und frühen 80er Jahre. Nino Manfredi und Gastone Moschin waren in den 60er Jahren spezialisiert auf bürgerlich angepasste Typen, denen die neuen Freiheiten oft mehr Frust als Lust verschafften, Virna Lisi und Monica Vitti spielten häufig exaltierte Frauentypen und Vittorio Caprioli stieg zum omnipräsenten Nebendarsteller auf, gab betrogene Ehemänner, Patriarchen oder Angeber. Die eigentlichen Protagonisten dieser Phase waren aber Catherine Spaak und Lando Buzzanca. Beiden gemein ist nicht nur die große Anzahl an Rollen, die sie in den 60er und frühen 70er Jahren spielten, sondern auch ihr heutiger daran gemessen geringer Bekanntheitsgrad und die fehlende Anerkennung der seriösen Filmkritik, obwohl sie geradezu idealtypisch für die Entwicklung der erotischen Komödie im italienischen Film dieser Phase stehen.

Catherine Spaak in "La matriarcha" (Huckepack, 1968)
Spaak war eine Entdeckung Alberto Lattuadas, der die damals erst 15jährige in „I dolci inganni“ (Süße Begierde, 1960) so gewagt, wie ästhetisch zurückgenommen inszenierte. Sie blieb dem Rollentypus einer zwar sexuell offensiven, aber immer selbstbewusst auftretenden jungen Frau treu und verkörperte auf diese Weise den langsamen Prozess der Emanzipation in den 60er Jahren. Neben einer Vielzahl an Rollen im Episodenfilm spielte sie unter Dino Risi (Il sorpasso), Luciano Salce („La voglia matta“ und "Le monachine", 1963), Damiano Damiani („La noia“ (Die Nackte, 1963)), Antonio Pietrangeli („La parmigiana“ (Das Mädchen aus Parma, 1963)), Marco Ferreri („L‘uomo dei cinque palloni“ (Break up, 1965)), Luigi Comencini („La Bugiarda“ (1965)), Mario Monicelli („L'armata Brancaleone“ (Die unglaublichen Abenteuer des hochwohllöblichen Ritters Branca Leone, 1966)) und nicht zuletzt Pasquale Festa Campanile („Adulterio all'italiana“ (Seitensprung auf italienisch, 1966)). Ihr später folgender gemeinsamer Film „La matriarca“ (Huckepack, 1968) kann als Übergang vom noch zurückhaltend inszenierten erotischen Film der 60er Jahre zur modernen „Commedia sexy all’italiana“ der 70er/80er Jahre gelten.

Lando Buzzanca in "Le belve" (1971)
Im Gegensatz zu ihren Ende der 60er Jahre im Filmbusiness auftauchenden Kolleginnen Laura Antonelli, Edwige Fenech, Femi Benussi oder auch die ältere Silva Koscina war Catherine Spaak nie frontal nackt zu sehen. Vielleicht ein Grund dafür, warum sie bald schon in Vergessenheit geriet – vergleichbar zu Lando Buzzanca, ihrem männlichen Gegenstück in dieser Phase, der schon in Germis frühen Genre-prägenden Filmen „Divorzio all'italiana“ (Scheidung auf italienisch, 1961) und „Seddota e abbandonata“ (Verführung auf italienisch, 1964) in Nebenrollen mitwirkte. Seine Mischung aus Frauenheld und Trottel erwies sich in den 60er Jahren als Ideal für eine Persiflage auf männliches Macho-Gehabe, denn trotz seiner Ungeschicklichkeiten und dem Chaos, das um ihn herum entstehen konnte, waren ihm auch die schönen Frauen an seiner Seite zuzutrauen. Nicht ohne Grund besetzte ihn Bruno Corbucci 1965 als „James Tont“ in seinen beiden Agenten-Parodien.

Auch wenn er bis Ende der 70er Jahre noch im Komödien-Geschäft aktiv blieb, steht sein nach „La parmigiana“ und dem ebenfalls 1963 herausgekommenen "Le monachine" dritter und gleichzeitig letzter gemeinsamer Film mit Catherine Spaak „La schiava io ce l'ho e tu no“ (Ein Glückschwein muss kein Ferkel sein, 1973) symbolisch für ihre in die Jahre gekommenen Charaktere. Mit seinen Nachfolgern, die in den 70er Jahren zunehmend zu reinen Witzfiguren degradiert wurden, hatte Lando Buzzanca nur noch wenig gemeinsam.

Der Name "L'amore in città" bezieht sich auf einen Episoden Film aus dem Jahr 1953, der erstmals Regisseure in Italien dazu brachte, ihre extra dafür geschriebenen und gedrehten Kurzfilme zu einem Gesamtwerk zu vereinen. Der Episodenfilm steht symbolisch für eine lange, sehr kreative Phase im italienischen Film, die in vielerlei Hinsicht stilbildend für die Kunstform Film wurde. Die intensive Genre-übergreifende Zusammenarbeit unter den Filmschaffenden war eine wesentliche Grundlage dafür.