Inhalt: Während Dean Miller (Hugo Stiglitz) in die Redaktion
des Fernsehsenders kommt, für den er arbeitet, berichtet ein
Nachrichtensprecher von dem Austritt einer radioaktiven Wolke am gestrigen Tag.
Miller erhält den Auftrag, den Leiter der Nuklearanlage, Professor Hagenbeck (Eduardo
Fajardo), am Flughafen zu interviewen, wo dieser in Kürze ankommen soll, um
über die Gefahren des Vorfalls zu informieren.
Miller und sein Kameramann werden entsprechend Zeuge, als
die Maschine auf dem Rollfeld landet, allerdings ohne sich vorher per Funk angemeldet
zu haben. Das aus Polizei und Militärs bestehende Empfangskomitee ist gewarnt,
kann aber nichts gegen das Inferno unternehmen, das über sie herein bricht.
Professor Hagenbeck und seine Männer, viele von ihnen durch die Kontamination
im Gesicht gezeichnet, werfen sich blutrünstig auf sie und lassen sich auch
nicht durch einen Kugelhagel aufhalten. Miller kann entkommen, aber nicht verhindern,
dass die Infizierten, deren Anzahl sich ständig vergrößert, weiter Richtung Stadt
vordringen…
"Incubo sulla città contaminata" (übersetzt:
Alptraum von einer kontaminierten Stadt) gehört zu jenen Ende der 70er Jahre während
der Phase des Niedergangs der italienischen Filmindustrie entstandenen
Produktionen (siehe "Das italienische Kino frisst sich selbst"), die
dank mangelhafter Synchronisation und eines Marketings, das auf die von George A.
Romero „Dawn of the dead“ (Zombie, 1978) und Lucio Fulci ("Zombi 2"
(Woodoo – die Schreckensinsel der Zombies, 1979)) losgetretenen Zombie-Welle aufsprang
(deutscher Verleihtitel: Großangriff der Zombies), keine faire Chance
hinsichtlich ihrer tatsächlichen Qualitäten erhielten. Zudem bot die billige und
hinsichtlich der Gewalt- und Nacktszenen kalkulierte Machart genügend Angriffsfläche.
Der Gesichts-Maske der Infizierten und den Splatterszenen sind die
Improvisationskünste der Maskenbildner ebenso anzusehen, wie der Inszenierung, an
Hand kleinteiliger Schauplätze und einer stark zergliederten Handlung apokalyptische
Ausmaße vorgaukeln zu müssen.
Oberbefehlshaber General Murchinson (Mel Ferrer) ist nur in
seinem Hauptquartier zu sehen, von wo er aus die Gegenmaßnahmen gegen die
grassierende Verseuchung leitet, die die Bevölkerung einer Großstadt zu
blutgierigen Monstern mutieren lässt. An Hand eines Lage-Modells wird die
Größenordnung der unaufhaltsam scheinenden Gefahr visualisiert, während
Murchinsons Mann vor Ort, Major Holmes (Francisco Rabal), nach einer
anfänglichen Liebesszene mit seiner Frau Sheila (Maria Rosaria Omaggio)
hauptsächlich per Hubschrauber über dem Gebiet kreist und damit Überblick
beweisen sollte. Stellvertretend für das Fußvolk steht der Fernsehreporter Dean
Miller (Hugo Stiglitz), der Zeuge der Ankunft der kontaminierten Männer um
Professor Hagenbeck (Eduardo Fajardo) am Flughafen wird, und seine Frau Anna (Laura Trotter), die sich
durch das Chaos am Boden schlagen müssen.
Garniert wird die Handlung noch mit kleinen Nebenstorys,
etwa um die Tochter des Generals, Jessica (Stefania D'Amorio), und deren Mann
Bob (Pierangelo Civera), die, ohne von den Vorkommnissen zu ahnen, da wie
gewohnt die Bevölkerung nicht informiert wird, um keine Panik zu erzeugen, ihren
Urlaub auf dem friedlich scheinenden Land verbringen. Beginnend am Flughafen, über
das Eindringen der Infizierten in Deans Fernsehstudio, das Krankenhaus, in dem
seine Frau Anna als Ärztin arbeitet, diverse Villen oder eine außerhalb
gelegene Tankstelle bis zum Showdown in einem Vergnügungspark, mussten Lenzi und
seinen Mitstreitern kleinere Schauplätze mit einer überschaubaren Anzahl an
Angreifern genügen, um Größe vorzutäuschen. Das gelang angesichts der
Voraussetzungen erstaunlich gut. Die Außenaufnahmen entstanden zwar in Madrid,
aber die Ansiedlung der Handlung in einer anonym bleibenden Großstadt der USA
wirkt dank der Betonung von Industrie, kühler Architektur und einer
weitläufigen Landschaft glaubwürdig, auch wenn den Villen ihre spanische
Herkunft anzusehen ist.
Der im damaligen italienischen Genre-Film häufig gewählte
US-Hintergrund weist auf die kassenträchtigen Vorbilder hin, von denen einige
in Lenzis Film wiederzuerkennen sind. Die Ausgangssituation einer radioaktiven
Verseuchung lässt sich auf „China Syndrom“ (1979) zurückführen, der im Jahr
zuvor die aktuelle Diskussion über die Atomkraft befeuerte, ebenso wie apokalyptische
Untergangsszenarien seit „Mad Max“ (1979) Konjunktur hatten, ganz abgesehen von
den Hollywood-Katastrophenfilmen der 70er Jahre („Earthquake“ (Erdbeben, 1974)),
die ebenfalls versuchten, das große Ganze an Einzelschicksalen zu vermitteln.
Selbstverständlich lässt sich auch der Einfluss von „Dawn of the dead“ nicht
übersehen, aber „Incubo sulla città contaminata" mischte daraus einen
individuellen Genre-Mix, der selbst bei konkreten Zitaten Eigenständigkeit
bewies.
Dean und Anna hören auf ihrer Flucht Kirchenglocken und
glauben an einen sicheren Ort, denn die Kirche gilt besonders für Anna noch als
letzter Hort der Menschlichkeit. Das erinnert an Don Siegels „Invasion of the Body
Snatchers“ (Die Dämonischen, 1956), als die Protagonisten den Klang von Musik mit
derselben Annahme verbinden. Beides erweist sich als Fehleinschätzung. Doch
Lenzis Film geht darüber hinaus, zerstört das Symbol der Kirche brutal, während
bei Siegel die Musik nur verschwindet, weil der Radiokanal gewechselt wurde. Diese
Stringenz gehört zu den wichtigsten Unterscheidungs-Merkmalen zwischen den
italienischen Filmproduktionen und ihren Hollywood-Vorbildern, die die
horrorartigen Geschehnisse in der Regel mit der Betonung menschlicher Emotionen
zu kompensieren versuchten. Trotz diverser Paar-Konstellationen verfällt der
straff inszenierte, knapp 90minütige Film nie in vergleichbaren Gefühlskitsch, sondern
bleibt jederzeit konsequent und häufig auch sehr spannend in der Darstellung
einer fortschreitenden Katastrophe.
Zu viel Gesellschaftskritik sollte in "Incubo sulla
città contaminata" nicht hineininterpretiert werden, dazu nutzte das
Drehbuch zu sehr damals aktuelle Strömungen. Aber verbunden mit der Filmmusik
Stelvio Ciprianis, die selbst den Auftritt einer Fernseh-Tanzgruppe dank seines
Stücks „Masquerade“ aufwertet, gelangen Lenzi bedrückende Bilder einer
unmenschlich wirkenden Ordnung. Beginnend mit der etwa zweiminütigen
Eingangssequenz, die allein schon den gesamten Film rechtfertigt, fängt die
Kamera, von oben auf die Stadt blickend, die sich wiederholenden Muster und
Reihen ein - ein Blick auf eine Umwelt, der sich im weiteren Verlauf noch mehrfach
wiederholt. Nicht die blutrünstigen Monster, die diese Ordnung zerstören, sind
die eigentliche Gefahr, sondern das Perpetuum Mobile eines gleichförmigen
Lebens – wie der Film mit seinem überraschenden Ende eindrucksvoll
demonstriert.
"Incubo sulla città contaminata" Italien, Spanien, Mexiko 1980, Regie: Umberto Lenzi, Drehbuch: Piero Regnoli, Antonio Cesare Corti, Luis Maria Delgado, Darsteller : Hugo Stiglitz, Laura Trotter, Francisco Rabal, Maria Rosaria Omaggio, Mel Ferrer, Laufzeit : 88 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Umberto Lenzi:
"Il giustiziere sfida la città" (1975)
"Roma a mano armata" (1976)
"Il trucido e lo sbirro" (1976)
"La banda del gobbo" (1978)