Inhalt: Film in neun Episoden, in denen Vittorio Gassman
unterschiedliche Männer-Typen verkörpert:
Episode 1: Ein
Fremder reitet zu einem einsam in der sizilianischen Landschaft gelegen Haus.
Er umkreist das Gebäude, bevor er mit einem Gewehr bewaffnet zu der
verängstigten Ehefrau (Maria Fiore) tritt, deren Mann nicht anwesend ist. Sie
bietet ihm Wein an, aber das kann seine finstere Miene nicht verjagen…
Episode 2: Alvaro, Ministerial-Mitarbeiter, ist ein
Scherzkeks, der nur Blödsinn im Kopf hat. Niemand ist vor seinen Streichen
sicher, allen Frauen stellt er nach – doch zu Hause bei Frau und Kind gibt er
sich erschöpft von der Arbeit und führt ein strenges Regiment.
Episode 3: Nach einem Liebesakt mit einer Prostituierten
(Giovanna Ralli) in deren Wohnung, entdeckt Tonino das Bild eines alten
Schulfreundes auf deren Schrank. Es handelt sich um ihren Ehemann, der bald
nach Hause kommt. Sie bittet ihn da zu bleiben – ihr Mann würde sich sicher
freuen, ihn wiederzusehen, aber Tonino ist das unangenehm…
Episode 4: Beim Abendessen wird Marcello von seiner Mutter
dazu gezwungen, sich um die Ehre seiner Schwester zu kümmern, deren Liebhaber
sie verlassen hätte. Peinlich berührt geht der schüchterne Mann in eine
Freizeitanlage, wo Fred (Walter Chiari) arbeitet. Der sportliche, joviale
Frauenliebling versteht zuerst nicht, worauf Marcello hinaus will…
Episode 5: Als seine Geliebte morgens erwacht, sieht sie auf
der Uhr, dass es schon spät ist und sie sich beeilen müsste. Ihr noch von der
Nacht schlaftrunkener Liebhaber versucht sie zu beruhigen. Sie hätte doch noch
genügend Zeit für ihren Termin…
Episode 6: Mitten in der Nacht muss ein Mann mit ansehen, wie
ein Mercedes-Fahrer von einer Prostituierten mitgenommen wird, von ihm aber
keinerlei Notiz nimmt. Als eine andere Prostituierte an dem Treffpunkt
auftaucht, täuscht er den Besitz des Mercedes vor…
Episode 7: Auf Grund der schweren Krankheit seiner Mutter,
bekommt ein langjähriger Strafgefangener, der seinen Knastkumpels mit seinen
schlecht gesungenen Arien auf die Nerven geht, Freigang. Doch seine Mutter
hatte ihren Zustand nur vorgetäuscht, weil seine Frau mit ihm allein sein will.
Erfreut verbringt er die Nacht mit ihr, ohne den wahren Grund dafür zu kennen…
Episode 8: Ein Schrott-Sammler wird von einer Frau (Eleonora
Rossi Drago) in den obersten Stock eines
römischen Hauses gerufen, wo er angesichts der luxuriösen Ausstattung hofft,
ein Schnäppchen machen zu können. Doch stattdessen hat die schöne Dame des
Hauses etwas ganz anderes im Sinn, worauf er sich nur widerwillig einlässt…
Episode 9: Renato holt seine Geliebte (Sylva Koscina) mit
seinem Cabrio ab, um mit ihr zu schlafen, aber egal welchen Ort er für ihr
Stelldichein auch aussucht, immer ist es ihr unangenehm oder zu auffällig…
Nach mehr als 10 Jahren intensiver Drehbuchtätigkeit
wechselte Ettore Scola erstmals auf den Regie-Stuhl, um sein wie gewohnt mit
Ruggero Maccari gemeinsam erdachtes Script auch selbst umzusetzen. Fast
folgerichtig wurde Scolas erster Film ein Episoden-Film, der Anfang der 60er
Jahre eine Blütezeit im italienischen Kino erlebte, an dessen Entwicklung er
schon früh beteiligt war ("Amori di mezzo secolo" (1954)). In den
Jahren zuvor hatte er einzelne Stories
zu "L'amore difficile" (Erotica, 1962, Regie Sergio Sollima u.a.) und
"I cuori infantri" (1963, Gianni Puccini, Vittorio Caprioli)
beigetragen, aber besonders Dino Risis fulminanter Episoden-Film "I mostri" (1963) stand Pate für "Se permettete parliamo di donne" (Frivole
Spiele), der die gemeinsam mit Risi eingeschlagene Linie einer
ironisch-kritischen Analyse der sich nach dem Krieg verändernden Sozialisation
Italiens von "Il sorpasso" (Verliebt in scharfe Kurven, 1962) über
"Il successo" (1963) weiter fortsetzte, die heute zu den zentralen
Werken der "Commedia all'italiana" gezählt werden.
Für die Hauptrolle konnte nur Vittorio Gassman in Frage
kommen, der in jedem ihrer gemeinsamen Filme den "italienischen Mann"
in den unterschiedlichsten Facetten verkörpert hatte und in "Se permettete
parliamo di donne" nach "I mostri" (an der Seite Ugo Tognazzis)
ein weiteres Mal mit seiner Wandelbarkeit innerhalb der episodischen Form
verblüffte. Ohne zu übertreiben und nur mit geringem äußerlichen Aufwand
wechselt Gassman vom verklemmten Muttersöhnchen, über den Geschäftsmann, dem
jovialen Liebhaber zum einfach gestrickten Schrott-Sammler, deren prototypische
Merkmale er scheinbar mühelos in Gestik und Mimik nachahmt, ohne damit die
Szenerie zu beherrschen. Seine überragende schauspielerische Leistung liegt im
Gegenteil darin, dass er hinter seinen Rollen verschwindet. Dass Gassman in der
letzten, neunten Episode des Films (gemäß der mir vorliegenden italienischen
Originalfassung – Episodenfilme wurden häufig ummontiert oder gekürzt, in
Deutschland kam der Film 1967 nur mit vier Episoden in die Kinos) noch einmal
eine Kostprobe seines Möchtegern-Lebemanns aus „Il sorpasso“ gab - erneut mit
Cabriolet und identischer, auffällig peinlicher Hupe – konnte nur als
Reminiszenz verstanden werden und schloss den Kreis im gemeinsamen Oevre von Risi,
Scola, Maccari und Gassman. Vorläufig - mehr als 10 Jahre später fanden sie erneut bei "I nuovi mostri" (Viva Italia, 1978) zusammen.
Angesichts des Filmtitels "Se permettete parliamo di
donne" (übersetzt: lasst uns über Frauen sprechen) schien Scola einen
anderen Weg einschlagen zu wollen als in seinem Drehbuch zu „I mostri“ (Die
Monster), dessen Titel trotz der komödiantischen Umsetzung wörtlich gemeint
war. Tatsächlich wirkt Scolas Film leichter, weniger sezierend und bissig. Nicht
nur, weil er sich thematisch auf das Verhältnis Mann und Frau beschränkte, an
dem er den Konflikt zwischen Tradition und einer unaufhaltsamen Liberalisierung
der Gesellschaft demonstrierte, sondern weil er sich selbst in den kritischeren
Episoden auf ironische Seitenhiebe beschränkte, ohne – wie noch in „I mostri“ –
geradezu schmerzhaft den Egoismus und die Rücksichtslosigkeit des Einzelnen
herauszuarbeiten.
In einer zentralen Episode spielt Gassman einen ängstlichen,
zurückhaltenden Mann, der von seiner dominanten Mutter dazu aufgefordert wird,
die Ehre seiner jüngeren Schwester wieder herzustellen, da deren Liebhaber
(Walter Chiari) nicht die Verantwortung für eine gemeinsame Nacht übernehmen
will, genauer, sie nicht heiraten will. Gassman, dem sein verstorbener Vater
als leuchtendes Beispiel vorgehalten wird, geht nur sehr unwillig zu dem gut gelaunten,
sportlichen Typ in einer von schönen Frauen bevölkerten Freizeitanlage, der gar
nicht versteht, worauf er hinaus will. Seine Schwester wäre mit ihren 27 Jahren
schließlich erwachsen, nicht besonders hübsch und könnte doch dankbar sein für
ihre kurze Zweisamkeit. Eine Argumentation, der sich der große Bruder nicht
verweigern kann, besonders nachdem sein Gegenüber ein abendliches Rendezvous
mit ihm und zwei attraktiven, erotisch gekleideten Frauen verabredet hatte –
etwas, dass ihm noch nie gelang. Als seine Mutter wissen will, was bei dem
Gespräch herausgekommen wäre, stellt er ihr, während er sich für die
Verabredung in Schale wirft, nur die Gegenfrage, ob sie etwa seine Schwester
heiraten würde?
Damit brachte Scola die Komplexität einer sich wandelnden
Sozialisation auf den Punkt. Die alten Traditionen existierten zwar noch, aber
ihnen wurde die Grundlage entzogen – mit dem Ergebnis, dass die Schwester der
Lächerlichkeit ausgesetzt wird, anstatt ihre Ehre wieder herzustellen. Schuld
daran ist sowohl das Beharren der Mutter auf veraltete Regeln, als auch die Verantwortungslosigkeit
des Liebhabers, der nur die Vorteile der sexuellen Liberalisierung nutzt. Die
Reaktion des großen Bruders ist verständlich. Er, der unter der
Erwartungshaltung seiner Mutter leidet, muss sich auf keine Auseinandersetzung
mit dem ihm überlegenen Mann einlassen, sondern profitiert sogar von dessen
Flirt-Fähigkeiten. Trotz des entlarvenden Charakters dieser Story, legte Scola
auch hier das Gewicht mehr auf einen unterhaltend, amüsanten Charakter, der den
gesamten Film prägt.
Immer geht es um eine überraschende Abschluss-Pointe, die
zwar mit dem Kontrast Tradition/Moderne spielte, diesen aber nicht tiefergehend
analysierte. In der ersten Episode schläft eine Sizilianerin mit einem
wortkargen, bewaffneten Mann, weil sie glaubt, damit ihrem Ehemann helfen zu
können – nach dem Beischlaf offeriert er ihr freundlich, ihm nur das geliehene
Gewehr zurückbringen zu wollen. Oder eine junge Frau beschwert sich nach einer
gemeinsamen Nacht bei ihrem Liebhaber, dass sie zu spät aufgewacht wäre, um
pünktlich zu einem wichtigen Termin zu kommen. Nachdem sie sich zärtlich
verabschiedete, mit dem Versprechen am Abend zu telefonieren, fährt sie schnell
zu ihrer eigenen Hochzeit. Ein Mann täuscht vor, über einen teuren Wagen zu
verfügen und wird deshalb von einer Luxus-Prostituierten für ein
Schäferstündchen zu seiner Wohnung mitgenommen, die sich in einer wenig
komfortablen Ecke Roms befindet. Dort offeriert er ihr, kein Geld zu haben,
worauf sie schimpfend davon fährt. Als sich seine Mutter vom Balkon aus darüber
beschwert, antwortet er, ihm mache das auch keinen Spaß, aber er hätte keine
Wahl – der letzte Bus wäre nach Feierabend immer schon davon gefahren.
"Se permettete parliamo di donne" Italien 1964, Regie: Ettore Scola, Drehbuch: Ettore Scola, Ruggero Maccari, Darsteller : Vittorio Gassman, Walter Chiari, Giovanna Ralli, Eleonora Rossi-Drago, Sylva Koscina, Laufzeit : 100 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Ettore Scola:
"C'eravamo tanto amati" (1974)
"Brutti, sporchi e cattivi" (1976)
"I nuovi mostri" (1977)
"La terrazza" (1980)
"Brutti, sporchi e cattivi" (1976)
"I nuovi mostri" (1977)
"La terrazza" (1980)
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