Inhalt: Die 18jährige Sergia (Catherine Spaak) lässt sich in
den frühen Morgenstunden trotz einer durchfeierten Nacht von den jungen Männern
Max (Fabrizio Capucci) und Fredi (Jacques Perrin) zu einem kurzen Sommer-Trip überreden.
Sie haben ein kleines Motorboot und Wasser-Skier organisiert und ziehen sie bis
zu einer kleinen Insel, wo ihnen angeblich das Strandhaus eines Onkels zur
Verfügung steht. Sergia ist begeistert von der schönen Insel und sie tollen
fröhlich herum, aber die beiden Jungs verfolgen noch ein anderes Ziel.
In der Nacht kommt Fredi an Sergias Bett, wird aber
freundlich von ihr zurückgewiesen. Fredi, offensichtlich verliebt in die junge
Frau, bedrängt sie nicht weiter und gibt sich damit zufrieden, neben ihr zu
schlafen, verstößt damit aber gegen den gemeinsam mit Max vereinbarten Plan. Fredi
sollte ihn, nachdem er mit Sergia geschlafen hatte, ebenfalls zu ihr lassen.
Beide glaubten, da Sergia wie ihre ältere Schwester Liuli einen schlechten Ruf
im Ort besitzt, sie wäre leichte Beute, doch sie schätzen ihre offene,
erotische Ausstrahlung falsch ein…
"La calda vita" (Das heiße Leben) erschien 1958 als
dritter Roman einer Trilogie über die heranwachsende Jugend, mit der der
Journalist und Schriftsteller Pier Antonio Quarantotti Gambini psychologisch
ausgefeilt auf die Phase sozialer Veränderungen nach dem Krieg in Italien
reagierte, die durch eine zunehmende Unsicherheit der Geschlechter im Umgang
miteinander geprägt wurde. Die traditionellen Verhaltensmuster begannen langsam
zu bröckeln und die Sexualität trat offensiver in den gesellschaftlichen Fokus,
gleichzeitig blieben patriarchalisch geprägte Vorurteile und die von der
katholischen Kirche vorgegebenen Regeln in den Köpfen hängen. Deshalb nutzten
kritische Künstler den konkret sexuellen Hintergrund ihrer Werke immer auch als
Provokation in ihrer Kritik an einem im Konservativismus verharrenden Bürgertum.
In "La voglia matta" (Lockende Unschuld, 1962))
hatte Luciano Salce die Generation der 40jährigen mit einer Jugend konfrontiert,
die nicht mehr nach ihren Regeln spielen wollte, aber besonders Alberto
Lattuada beeinflusste das erotische Genre schon früh und wurde zum Entdecker sehr
junger Darstellerinnen: Jacqueline Sassard („Guendalina“, 1957), später Nastassja
Kinski („Cosi come sei“ (Bleib wie du bist, 1978)) und nicht zuletzt Catherine
Spaak, die er als 15jährige in „I dolci inganni“ (Süße Begierde, 1960) so
offensiv lustvoll inszenierte, dass er damit einen Skandal hervorrief. Und die
junge Mimin auf Jahre hinaus auf diesen Typus festlegte. Es folgten „La voglia matta“, „Il sorpasso“ (Verliebt in scharfe Kurven, Dino Risi, 1962), „La
parmigiana“ (Antonio Pietrangeli, 1963) und „La noia“ (Die Nackte, Damiano
Damiani, 1963) bis sie in „La calda vita“ unter der Regie Florestano Vancinis
eine Art Resümee ihrer bisherigen Rollen, vielleicht auch der Thematik
insgesamt zog.
Der differenzierte literarische Hintergrund, dessen
filmische Umsetzung von Elio Bartolini an sein Drehbuch für Antonionis
„L’avventura“ (Die mit der Liebe spielen, 1960) erinnert, die Anspielung des
Titels auf Federico Fellinis „La dolce vita“ (Das süße Leben, 1960), die
offensichtlichen Handlungsparallelen zu „I dolci inganni“ – erneut bewies die
Hauptdarstellerin in ihrer Rolle Unabhängigkeit gegenüber der Erwartungshaltung
der älteren Generation – und die dezenten, für die Entstehungszeit aber
gewagten Nacktaufnahmen Catherine Spaaks ließen in „La calda vita“ eine
Mischung aus Schönheit, Fröhlichkeit, Tragik und Realismus entstehen, die die
Phase des Erwachsenenwerdens in all ihrer Komplexität zu erfassen vermochte. Die
Handlung konzentrierte sich auf eine kleine, felsige Insel, nur von vier
Darstellern getragen – Gabriele Ferzetti („L’avventura“) als Vertreter der
älteren Generation, der junge Jacques Perrin („La ragazza con la valigia“ (Das
Mädchen mit dem leichten Gepäck, Valerio Zurlini, 1961)) und Fabrizio Capucci gehörten
zu dem kleinen Ensemble – aber die kurze erzählerische Klammer sorgte für die notwendige
Verortung in den frühen 60er Jahren.
Sergia (Catherine Spaak) spielt zu Beginn des Films noch
eine Nebenrolle an der Seite ihrer älteren Schwester Liuli, die bei einer
Abendgesellschaft die Männer gegenseitig ausspielt und von einem eifersüchtigen
Verehrer geohrfeigt wird. Die 18jährige Sergia verlässt die Gruppe offensichtlich
gut verdienender Erwachsener – ein wiederholtes Motiv im italienischen Film
dieser Zeit, das den wirtschaftlichen Aufschwung der 50er Jahre, aber auch den
allgemeinen Erfolgsdruck symbolisieren sollte – in den frühen Morgenstunden, um
schlafen zu gehen, weshalb sie zuerst ablehnend auf das Angebot von Max
(Fabrizio Capucci) und Fredi (Jacques Perrin) reagiert, mit ihnen auf eine nahe
gelegene Insel zu fahren, wo ihnen das Ferienhaus eines Onkels zur Verfügung
steht. Erst die aufkommende Unruhe um ihre spät zurückkehrende Schwester lässt
sie spontan zusagen.
Die Bedeutung dieser Anfangssequenz erschließt sich nur
langsam, denn die folgenden Minuten werden von fröhlicher Unbeschwertheit
bestimmt. Wasser-Skilaufen, Sonnenbaden und die wunderschöne Landschaft der
kleinen felsigen Insel begleiten die ideale Sommer-Stimmung eines scheinbar
planlosen In-den-Tag-Hineinlebens. Tatsächlich verfolgen die jungen Männer ein
klares Ziel – sie wollen Beide mit Sergia schlafen. Das einsam gelegene
Sommerhaus hatten sie aufgebrochen, selbst für die Wasser-Ski hatte Max Geld
gestohlen, um entsprechend Eindruck zu schinden, aber ihr Plan scheitert. Als
Fredi nachts als Erster versucht, Sergia zu überzeugen, wird er sanft, aber
bestimmt zurückgewiesen. Er verbringt die Nacht schlafend neben ihr, aber für
Max wirkt es so, als hätte er ihm das Terrain nach seinem Erfolg nicht
überlassen.
Ihre fehlgeleitete Erwartungshaltung erklärt sich aus der
Vorgeschichte. Heimlich hatten sich die jungen Männer zuvor zugeraunt, Sergia
und ihre ältere Schwester wären streifenfrei gebräunt, so wie beide Frauen in
dem kleinen Ort den Ruf von Schlampen, also leichter Beute besaßen – mit der Diskrepanz
zwischen dem selbstbewussten, erotischen Auftreten der jungen Sergia und ihrer
gleichzeitigen Selbstbestimmtheit kommt besonders Max nicht zurecht, der zunehmend
aggressiver reagiert. Der Konflikt spitzt sich weiter zu, als mit Guido (Gabriele
Ferzetti) ein Vertreter der älteren Generation auf das jugendliche Trio stößt.
Guido, der Besitzer des Strandhauses, reagiert nicht nur souverän, sondern weiß
auch mit der kessen Sergia umzugehen.
Der Titel „La calda vita“ spielt auf die Hitze sexueller
Erotik an, die Catherine Spaak geradezu idealtypisch verkörpert, zerstört aber
gleichzeitig die Illusion männlicher Fantasien von freier Verfügbarkeit. Wie
schon in „I dolci inganni“ und „La voglia matta“ steht in „La calda vita“ ein
neuer, moderner Frauen-Typus im Mittelpunkt. Sergia ist hübsch, sympathisch und
keineswegs revolutionär, aber sie will ihren eigenen Weg gehen und unterwirft
sich nicht mehr den bisherigen moralischen Regeln. Sie lässt Männer zurück, die
unterschiedlich, teilweise tragisch auf ihre freundlich geäußerte Abweisung
reagieren - der heiße Sommer ist endgültig vorbei.
"La calda vita" Italien, Frankreich 1964, Regie: Florestano Vancini, Drehbuch: Florestano Vancini, Elio Bartolini, Pier Antonio Quarantotti Gambini (Roman), Darsteller : Catherine Spaak, Gabriele Ferzetti, Jacques Perrin, Fabrizio Capucci, Laufzeit : 100 Minuten
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