Inhalt: Während Einer von ihnen einen Orgasmus beim Spielen am Flipper-Automaten vorführt, bereitet Marco (Gino Milli) schon den nächsten Programmpunkt für seine neofaschistischen Anhänger vor. Ausgerechnet Enrico, sein Freund und Club-Mitglied, soll sich mit einer jungen Frau eingelassen haben, die aus einer kommunistischen Familie stammt. Das ist ein strenger Verstoß gegen die internen Regeln und muss bestraft werden.
Gianna (Christina Businari) und Dido sollen den Beiden folgen und sie beim Sex erwischen. Doch während sie sie beobachten, werden sie selbst Opfer eines Überfalls, bei dem Gianna von Gorilla (Gino Barzacchi) vergewaltigt wird. Marco weiß, dass Gorilla zur Gang von Schizzo (Emilio Locurcio) gehört, die - anders als die aus wohlhabenden Familien stammenden Faschisten - sich mit kleinen Diebstählen über Wasser halten. Nachdem Marco Gorilla zusammen geschlagen hat, wird Nerone und seine Freundin vor ihr internes Gericht gestellt...
Als Renato Savino 1976 "I ragazzi della Roma violenta" (wörtlich "Die Jugend eines gewalttätigen Rom") drehte, befand er sich auf der Höhe der Zeit, was er in den ersten Minuten mit einem dokumentarischen Anstrich noch betonen wollte. Die Befragung von Bürgern nach einer Reaktion auf die steigende Jugendkriminalität, brachte neben hilflosen Antworten nur die Forderung nach einer härteren Bestrafung. Mehrfach wurde von den Passanten die Wiedereinführung der Todesstrafe gefordert.
Repräsentativ sind solche Aussagen natürlich nicht, aber sie passen in eine Phase, Mitte der 70er Jahre, in der terroristische Attentate, Studentenproteste, Arbeiterunruhen, freie Sexualität und eine sich emanzipierende Jugend zu einer tiefen Verunsicherung in der Bevölkerung beigetragen hatten, die in den Köpfen die abenteuerlichsten Spekulationen hervor riefen. Dabei entstand ein Konglomerat aus realistischen Tendenzen, wie das Wiedererstarken faschistischen Gedankenguts, einer Nachkriegsjugend, die sorglos von den Früchten ihrer Eltern leben konnte und einer steigenden Kriminalitätsrate, die sich - vermischt mit wilden sexuellen Fantasien - zum Bild einer verrohten, dekadenten Jugend verdichteten. Besonders beliebt war der Typus des Sprösslings reicher Eltern, der aus purer Langeweile vergewaltigte und mordete.
Während intelligente Filme wie "Fango bollente" die Spuren dieser Entwicklung in einer zunehmend abgestumpften Bürgerschaft erkannten, oder Carlo Lizzani in "San Babila ore 20 un delitto inutile" einen sezierenden Blick auf die neofaschistische Jugend warf, nutzten andere Filme diese Tendenzen entweder zu Sex-Komödien, wie "L'insegnante", oder Kriminalfilmen wie "Roma l'altra faccia della violenza" (Die blutigen Spiele der Reichen), der nicht nur im Titel schon deutliche Ähnlichkeiten zu "I ragazzi della Roma violenta" aufweist. Auch dort wird das sinnlose Morden und Vergewaltigen einer dekadenten Jugend thematisiert, aber zusätzlich noch in eine klassische Polizeigeschichte eingebettet. Mit solchen Nebensächlichkeiten hält sich Renato Savino gar nicht erst auf, der so ziemlich alles in seinen Film hinein packt, was gerade angesagt war - Faschismus, reiche und arme Jugend, Folterungen, körperliche Gewalt, und jede Menge Sexualität. Allein die Anzahl nackter Frauenkörper hätte jedem Sexfilm zur Ehre gereicht, nur das Savino diese nicht in ruhigen, längeren Einstellungen zelebriert, etwa beim einvernehmlichen Sex, sondern fast ausschließlich bei Gewalttaten.
Schon die ersten Szenen geben einen Vorgeschmack auf die kommenden Ereignisse. Während sich die Gruppe junger Neofaschisten unter der Leitung von Marco (Gino Milli) in ihren mit Hakenkreuzen und Bildern Adolf Hitlers versehenen Räumlichkeiten versammeln, führt Einer von ihnen vor, wie er beim Spiel am Flipper-Automaten einen Orgasmus bekommt. Die hübsche Gianna (Christina Businari), die sich in ihrer Ehre gekränkt fühlt, prüft persönlich nach, dass ihr Kamerad tatsächlich das Gerät einer richtigen Frau vorzieht. Nur wenig später befindet sie sich auf Beobachtungsposten gemeinsam mit dem Flipper-Liebhaber, um die Liebschaft eines Clubmitglieds mit der Tochter eines Kommunisten zu überprüfen - ein bestrafungswürdiges Delikt nach den strengen Regeln der neofaschistischen Gruppe.
Während sie der Anblick des sich liebenden Pärchens antörnt, wird sie Opfer eines Überfalls von Gorilla (Gino Barzacchi) und zwei Kumpanen, die sie vergewaltigen, was Gianna nicht ganz ungelegen kommt. Gorilla gehört zur Gang von Schizzo (Emilio Locurcio), der Marco aus dem Knast kennt und mit ihm befreundet ist. Während Gorilla noch mit seinen Taten angibt und nicht unerwähnt lässt, wie gut es Gianna gefallen hätte, taucht Marco bei Schizzo auf und schlägt Gorilla bei einem Zweikampf zusammen, was die übrigen Bandenmitglieder nicht weiter stört, darunter der masochistisch veranlagte Nerone (Marco Zuanelli), der sich gerne selbst verstümmelt. Nachdem Marco bei einem gemütlichen Beisammensein kurz seine rechtsradikalen politischen Ansichten erläutert hat (das einzige Mal im Film), geht es wieder zur Tagesordnung über. In einer internen Gerichtsverhandlung verurteilt er seinen abtrünnigen Kumpanen Enrico dazu, sich selbst zu geißeln, während sich seine Freundin entblößen muss und vor Enricos Augen mit einem anderen Mitglied der Faschisten schlafen muss.
Das klingt nicht nur krude, sondern wird in solch hohem Tempo hintereinander weg erzählt, dass man darin problemlos eine ironische Überhöhung erkennen könnte, wenn sich Regisseur Savino nicht gleichzeitig so verdammt ernst nehmen würde. Es ist völlig irre, dass Marco plötzlich nachts am Bett des Mädchens aus kommunistischer Familie auftaucht und mit der Begründung mit ihr schläft, dass sie jetzt allen Gruppenmitgliedern gehören würde. Man sieht noch wie sie die Arme um ihn legt und ihn küsst, aber warum schmeißt sie sich am nächsten Tag vor den Zug ? - Angesichts der Plakativität, mit der hier die Ereignisse ablaufen, wirkt ein solches Drama komplett aufgesetzt, auch wenn es - die Dinge ernsthaft betrachtet - nachvollziehbar wäre.
Nach diesen Ereignissen konzentriert sich der Film zunehmend auf die Protagonisten Marco und Schizzo, deren Leben nicht unterschiedlicher sein könnte. Während Marco im neuen Jaguar unterwegs ist, sich mit seinen Eltern herum ärgert, die ihm Geld geben sollen, ohne ihn weiter zu nerven, weiß Schizzo kaum, wie er etwas zu essen bekommt. Diese Situation steigert der Film ins Abstruse, wenn sich Schizzo extra eine Harpune leiht, um damit ein gebratenes Hühnchen zu angeln, dabei erwischt wird und dem Händler einen Abend mit seiner Schwester, einer Prostituierten, versprechen muss, um das Hühnchen essen zu dürfen. Deren Zuhälter willigt in diesen Deal wiederum nur ein, wenn Schizzo ein Negligé für sie besorgt, was ihm deshalb gelingt, weil sich sein Kumpel Nerone im Kleidungsgeschäft die Arme mit Rasierklingen aufschlitzt. Diese gesamte Sequenz ist so unglaubwürdig und übertrieben, dass sie aus einer absurden Komödie tsammen könnte, und gipfelt noch in der parallenen Verzahnung mit Marcos Drangsalierung eines anarchistischen Professors, damit dieser seine Studenten nicht mehr mit linken Parolen beeinflussen soll. Während der gequälte Professor vor Schmerzen aufschreit, wechselt der Film ständig zur Sexszene mit Schizzos Schwester, wodurch das Stöhnen des Professors das Stöhnen des Freiers ersetzt.
Doch anstatt die Handlung weiter in dieser absurden Form voran zu treiben, verfällt der Film erneut zurück in seine plumpe Ernsthaftigkeit. Zunehmend entwickelt Marco Tötungs - Fantasien beim Sex, die der Film auch bildlich umsetzt. Parallel beginnen sowohl Schizzo als auch Marco einen Plan zu verfolgen, der in einer gezielten Vergewaltigung enden soll. Dieser Vorgehensweise fehlt jede Ironie oder Überhöhung, sondern ist nur noch unangenehm. Doch keineswegs in einer realistischen Konfrontation, sondern in der Offensichtlichkeit, mit der hier voyeuristische Bedürfnisse befriedigt werden sollen. Diese Verlogenheit toppt Savino zum Schluss noch damit, indem er wieder auf den Charakter der journalistischen Befragung des Beginns zurückkommt und den Betrachter mit einer Texttafel direkt darauf anspricht, was dieser gegen diese Art der Jugendkriminalität zu tun gedenkt - als ob der Film damit einen seriösen anstrich erhielte.
Aus heutiger Sicht ist es verhältnismäßig leicht, "I ragazzi della Roma violenta" als absurde Sex-Gewalt-Fantasie mit einer verbrämten politischen Botschaft abzutun, die stark aus dem damaligen Zeitgeist heraus betrachtet werden kann - der Film wirkt wie ein Konglomerat aus Poliziesco, Sexfilm und abstruser Komödie. Das ändert aber nichts an der Ernsthaftigkeit eines Films, der die Forderungen der Passanten nach der Todesstrafe keineswegs kritisch kommentierte, sondern auf kein Vorurteil über eine angeblich völlig aus den Fugen geratene Jugend verzichtete, wobei das faschistische Element fast folkloristisch wirkt. Endgültig sich selbst entlarvt er damit, dass er vor allem die Sensationsgier und den Voyeurismus seiner Betrachter befriedigen wollte.
"I ragazzi della Roma violenta" Italien 1976, Regie: Renato Savino, Drehbuch: Renato Savino, Darsteller : Gino Milli, Christina Businari, Emilio Locurcio, Gino Barzacchi, Marco Zuanelli, Laufzeit : 87 Minuten
Inhalt: Uruguay 1972 - im gesamten Land herrscht der Ausnahmezustand. Fieberhaft sucht die Polizei und die Armee nach dem entführten Amerikaner Philipp Michael Santore (Yves Montand). Doch während die Straßenkontrollen zu keinen Ergebnissen führen, ist es ein einsam abgestellter Wagen, der Gewissheit bringt - in seinem Fonds liegt die Leiche des Entwicklungshelfers, der von den "Tupamaros" umgebracht wurde, nachdem die Regierung nicht auf deren Forderung eingegangen war, inhaftierte Mitglieder der Untergrundbewegung im Austausch frei zu lassen.
Als ein paar Tage zuvor Santore gemeinsam mit dem brasilianischen Botschafter entführt wurde, erweckte das Erstaunen, denn man stellte sich allgemein die Frage, warum die "Tupamaros" für ihre Verhöre, deren Ergebnisse sie der Öffentlichkeit später mitzuteilen pflegten, einen Entwicklungshelfer entführt hatten. Vor allem der Journalist Carlos Ducas (O.E.Hasse) beginnt bei verantwortlichen Stellen nachzuforschen, die sichtlich nervös reagieren, während der Polizeiapparat unter der Führung von Captain Lopez (Renato Salvatori) alles daran setzt, Santore möglichst schnell frei zu bekommen. Parallel verhören Mitglieder der "Tupamaros" den Amerikaner und konfrontieren ihn mit seiner tatsächlichen Aufgabe in dem südamerikanischen Land...
Betrachtet man Costa-Gavras Hauptwerke des zeitgenössischen Polit-Thrillers, ausgehend vom 1969 gedrehten "Z" über den ein Jahr später entstandenen "L'aveu" (La confessione / Das Geständnis) bis zu seinem ersten amerikanischen Film "Missing" (Vermisst) im Jahr 1981, dann spürt man sein Suchen nach einer Antwort auf die immer gleiche Frage - wie kann ein totalitärer Staat entstehen und bestehen bleiben, obwohl er die Freiheitsrechte seiner Bürger einschränkt und gegen jeden Widerstand mit Gewalt vorgeht.
Seine so klaren wie detaillierten Analysen können nicht darüber hinweg täuschen, dass Costa-Gavras mit seinen Filmen zwar die Motive, die Strategien und inneren Beziehungen der Täter demaskierte, nicht aber die Reaktion des Bürgertums. So genau man Verschwörungen und Propagandamethoden auch recherchieren vermag, so wenig lassen sich daraus kausale Konsequenzen folgern, da das Volk immer eine Unbekannte bleibt. Seine höchst unterschiedlichen Ansätze des prinzipiell gleichen Themas, sieht man von den zeitgenössischen und geographischen Bezügen einmal ab, lassen deshalb nur eine generelle Intention zu - dem Betrachter eine möglichst vielschichtige Beschreibung der Entwicklung eines demokratischen Staates zu einer Diktatur derart vor Augen zu führen, das ein solches Zustandekommen in Zukunft zumindest erschwert wird.
Die Entwicklung, die seine Polit-Thriller in ihrer jeweiligen Inszenierungsform, aber auch in der angestrebten Zielgruppe nahmen, sind entsprechend ein Abbild ihrer Zeit. "Z" war sein persönlichster Film, der trotz seiner generellen, private Details vermeidenden Analyse, nicht verbergen konnte, dass Costa-Gavras hier seine eigene Geschichte und damit die seines Heimatlandes Griechenland erzählte. Wie sehr er damit konfrontierte, lässt sich aus dem Zustandekommen des Films herauslesen, in dessen Folge auch die späteren Filme erst entstehen konnten. Um überhaupt Mittel für den Film zu bekommen, gründete Jacques Perrin eigens dafür eine Produktionsfirma und Yves Montand übernahm ohne Honorar eine der Hauptrollen (wie auch die meisten weiteren Darsteller).
In "L'aveu" vollzog Costa-Gavras eine vollständige Wendung in der Inszenierung, indem er sich auf eine politische Persönlichkeit (wieder von Yves Montand gespielt) als Opfer konzentrierte, an deren Beispiel er die Verhör- und Foltermethoden eines totalitären Regimes - hier die stalinistische UDSSR am Beispiel des Satellitenstaates CSSR - analysierte. Nachdem an der Produktion dieses Films erstmals italienische Firmen teilnahmen, erweiterte sich dieser Kreis bei "Der unsichtbare Aufstand" auch auf eine deutsche Produktionsgesellschaft. Darin werden auch die Parallelen zu den Polit-Filmen italienischer Regisseure deutlich, denn die italienische Produktionsgesellschaft EIA engagierte sich ebenso bei Damiano Damianis Filmen "Il giorno della civetta"(Der Tag der Eule, 1968) und "Confessione di un commissario di polizia al procuratore della repubblica" (Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauerte, 1971), sowie bei Elio Petris "La classe operaia va in paradiso" (Die Arbeiterklasse kommt ins Paradies, 1971). Wie beim ebenfalls italienisch-deutsch-französisch produzierten Polit-Thriller "La Smagliatura" (Der dritte Grad) von 1976, übernahmen drei Darsteller aus den jeweiligen Produktionsländern eine der Hauptrollen - Yves Montand als das entführte Opfer, der amerikanische Entwicklungshelfer Philip Michael Santore, Renato Salvatori als uruguayischer Polizeichef Lopez und O.E.Hasse als Journalist Carlos Dukas. Das Costa-Gavras nicht - wie heute üblich - auf authentische Landsleute zurück griff, sondern nur in französischer Sprache drehte, war dem Team geschuldet, dass die Herstellung der Filme erst ermöglichte.
Das änderte sich erst mit "Missing", der in den USA produziert wurde und ausschließlich mit authentischen Muttersprachlern besetzt wurde. In diesem Film schildert Costa-Gavras die Folgen einer Diktatur aus der Sicht eines Opfers, dazu noch eines Amerikaners, der eher zufällig in die Mühlen des (chilenischen) Polizeiapparats gerät. Das hat ihm den ungerechtfertigten Vorwurf der Verharmlosung eingebracht. Dabei versuchte der Regisseur mit "Missing", eine weitere Zielgruppe zu erreichen, indem er erstmals nicht nur direkt Beteiligte - egal ob auf politischer Seite oder im Widerstand - in den Mittelpunkt stellte, sondern ein privates, mehr emotional erfahrbares Schicksal schilderte.
"Der unsichtbare Aufstand" nimmt in dieser Politfilm-Reihe eine Sonderstellung ein, obwohl er sich in seiner Inszenierung vordergründig an "Z" orientierte und ein ähnliches Kaleidoskop entfaltete, bestehend aus dem Blick auf die unterschiedlichen Interessenvertreter und deren Vorgehensweisen - Politiker, Medienvertreter, Wirtschaftsbosse, Diplomaten, Militär und Polizei. Inmitten dieser ständig wechselnden, von wortgewaltigen Reden begleiteten Standorte, befindet sich ein Ruhepol - eine Zentrale der uruguayischen Stadtguerilla "Tupamaros", an der ein Verhör stattfindet, dass prinzipiell an "L'aveu" (Das Geständnis) erinnert, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Hier verhört nicht die Staatsmacht, sondern die Untergrundbewegung ihr entführtes Opfer, das sich zunehmend als der eigentliche Täter heraus stellt. Die späteren Folgen für den Amerikaner Santore (Yves Montand) verheimlicht Costa-Gavras nicht, denn der Film beginnt damit, dass seine Leiche gefunden wird, bevor er die Ereignisse, vom Beginn der Entführung an, langsam aufwickelt.
Für die Öffentlichkeit ist es überraschend, warum mit Santore ein harmloser Entwicklungshelfer entführt wurde, was auch den Journalisten Dukas (O.E.Hasse) auf den Plan ruft, der parallel zu dem Verhör der Widerstandsgruppe eigenen Ermittlungen nachgeht. Kombiniert mit weiteren Einblendungen, teilweise rigorosen Szenen, wenn etwa in einem Vorlesungssaal am lebenden Beispiel Foltermethoden geschult werden, entwickelt Costa-Gavras in einem spannenden Prozess ein schlüssiges, aus unterschiedlichen Blickwinkeln entstehendes Dokument über die tatsächliche Aufgabe des angeblichen Entwicklungshelfers Santore, dass die unverhohlene Unterstützung totalitärer Systeme zur Erhaltung eigener wirtschaftlicher Interessen durch die USA offen legt.
Das Costa-Gavras’ Sympathien den „Tupamaros“ gehören, lässt sich nicht übersehen. Es ist nicht nur das Verhör, das sich durch Fairness und überzeugende Argumentationen auszeichnet, die Santore letztlich dazu zwingen, seine tatsächliche Funktion einzugestehen, sondern auch deren sonstiges gewaltfreies Auftreten, von dem sie nur im Notfall Abstand nehmen. Selbst die Hinrichtung Santores (die anderen entführten Opfer werden frei gelassen) schildert Costa-Gavras als basisdemokratischen Akt, indem er die Mitglieder darüber abstimmen lässt. Bezeichnenderweise zeigt er den Mord nicht im Bild, im Gegensatz zu einer Vielzahl von Hinrichtungen durch die Polizei unter der Leitung des Captain Lopez (Renato Salvatori). Dahinter verbirgt sich zwar eine gewisse Legitimation der Ermordung als Gegenreaktion, aber Costa-Gavras benutzt diese nicht zur Heroisierung der Widerstandsbewegung, sondern zeigt sie mehr als verzweifelten, letztlich unsinnigen Akt, der nur verhindern soll, äußerliche Schwäche zu zeigen, während der Nachfolger Santores schon die Bühne betritt.
Im Grunde – und das macht die Besonderheit des Films aus – blieb Costa-Gavras damit nur bei der Realität – einer Realität, die ihn schließlich selbst einholte. Tatsächlich verstanden sich die „Tupamaros“ lange Zeit als friedliche Gegenbewegung, bevor sie anfangs der 70er Jahre zu radikalen Maßnahmen übergingen und entführte Opfer zu Geständnissen zwangen, die sie dann der Öffentlichkeit mitteilten – ohne Folgen für die Regierenden. 1971 verloren die Linken die Wahlen und als „Der unsichtbare Aufstand“ 1972 gedreht wurde, befanden sich die meisten Führungskräfte der „Tupamaros“ schon im Gefängnis. Die atmosphärische Dichte und realistische Anmutung eines südamerikanischen Staates an der Schwelle zur Diktatur erreichte Costa-Gavras nicht nur durch diese fatalistische Erkenntnis, sondern besonders durch den Drehort Chile, damals noch unter der kommunistischen Allende-Regierung.
Im Film wird viel über Brasilien und die Dominikanische Republik gesprochen, die sich schon vor Uruguay als gute Schüler us-amerikanischer Lehrmethoden erwiesen hatten, aber nur ein Jahr nach dem „Der unsichtbare Aufstand“ abgedreht worden war, folgte auch Chile unter Augusto Pinochet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte sich „Der unsichtbare Aufstand“ – egal, welche Haltung man im Einzelnen zu gewissen Details einnimmt – in seiner generellen Intention legitimiert.
"État de siège" Frankreich, Italien, Deutschland 1973, Regie: Costa-Gavras, Drehbuch: Costa-Gavras, Franco Solinas, Darsteller : Yves Montand, Renato Salvatori, O.E.Hasse, Jacques Weber, Evangeline Peterson, Jacques Perrin, Laufzeit : 115 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Costa-Gavras:
"Z" (1969)
Inhalt: Walter (Vittorio Gassmann) ist auf der Flucht vor der Polizei, die ihn wegen des Diebstahls einer wertvollen Halskette sucht. Nachdem er knapp entkommen war, übergibt er den Schmuck seiner Freundin Francesca (Doris Dowling), mit der er am Bahnhof verabredet war. Um in der Menge zu verschwinden, schließt sie sich spontan den Arbeiterinnen für die Reis-Anpflanzungen an, die in großer Zahl auf dem Weg in die Po-Ebene sind.
Als sie im Zug Silvana (Silvana Morgana) begegnet, wird ihr erst klar, worauf sie sich eingelassen hat. Da sie keinen Vertrag mit den Arbeitgebern an den Reisfeldern hat, droht ihr am Ziel die Zurückweisung. Silvana beruhigt sie, doch damit verfolgt sie eigene Ziele, denn sie hatte bemerkt, dass Francesca etwas in einem Tuch versteckt hielt. An den Reisfeldern angekommen, erfährt Francesca schnell, dass sie hier keineswegs willkommen ist. Als sie zudem feststellen muss, dass ihr Silvana den Schmuck gestohlen hatte, bleibt ihr nur noch eine Möglichkeit, bevor sie von dort wieder verschwinden muss. Gemeinsam mit anderen Arbeiterinnen, die keinen Vertrag haben, erzwingt sie den Zugang zu den Reisfeldern...
Der "Neorealismus", mit dem gerne die Phase - beginnend mit Viscontis "Ossessione"( 1942) bis in die Mitte der 50er Jahre - im italienischen Film bezeichnet wird, in dem die italienischen Filmemacher schonungslos die Realität ihres Landes auf die Leinwand brachten, verfügt über einige Schlüsselwerke - darunter befindet sich auch "Riso amaro" (Bitterer Reis) von Giuseppe De Santis aus dem Jahr 1949, dass in kaum einer Aufzählung fehlen darf.
Im Jahr zuvor, 1948, hatte Visconti mit "La terra trema" (Die Erde bebt) noch einen puristischen, stark an den Idealen des Realismus orientierten Film heraus gebracht, während Vittorio De Sica für "Ladri di biciclette" (Fahrraddiebe, 1948) die größten internationalen Ehrungen erhielt. Trotz der steigenden Reputation im internationalen Bewusstsein, waren diese Filme keine Kassenerfolge, aber ihre Anerkennung weckte Begehrlichkeiten, die sich auch zunehmend in der Zusammenarbeit mit Hollywood zeigte. Als Zwitterwesen zum Abschluss dieser Ära gilt besonders "Stazione termini" von Vittorio De Sica aus dem Jahr 1953, dass in zwei Fassungen herauskam - neben De Sicas "neorealistischer" Interpretation, noch eine gekürzte für den amerikanischen Markt.
So weit war es in "Riso amaro" noch nicht gekommen, aber einige Details wiesen auf Veränderungen hin, die nur noch wenig mit den Idealen der Phase unmittelbar nach dem Ende des zweiten Weltkriegs zu tun hatten. Zum Einen regierte seit 1948 mit der Cristlichen Partei Italiens wieder eine konservative Kraft (sehr schön in Samperis "Nenè" (1977) geschildert), die zwar keine Zensur ausübte, aber die Verteilung der Produktionsgelder derart beeinflusste, dass offensichtlich marxistisch geprägte Filme keine Zuschüsse mehr erhielten. Auf diese war Dino De Laurentiis sowieso nicht angewiesen, der Ende der 40er Jahre vor allem Historienfilme ("Il cavaliere misterioso" (Der geheimnisvolle Chevalier)) oder Komödien ("Adamo ed Eva") an die Kinokassen brachte. Dass er sich hier als Produzent mit einem realistischen Szenario auseinandersetzte, blieb für ihn lange Zeit eine Ausnahme, beweist aber sein Gespür für eine Mischung aus aktueller Thematik und dem, was die Zuschauer in die Kinos locken konnte.
Aus heutiger Sicht ist es geradezu frappierend, dass "Riso amaro" nach wie vor als ein Hauptwerk des "Neorealismus" gilt, beweist es damit doch, dass gutes Marketing deutlich wirksamer ist als tatsächliche Inhalte. Am ehesten könnte man "Riso amaro" als frühen Sexploitation-Film bezeichnen, nicht ganz zufällig neben De Santis von dessen langjährigem Mitstreiter Carlo Lizzani erdacht, der sich später in "L'amore in città" (1953) - allerdings deutlich zurückhaltender - den Prostituierten widmete, bevor er in den 70ern plakative Filme wie "Storie di vita e malavita" (Straßenmädchen-Report) drehte. De Laurentiis' Rechnung ging voll auf, denn der realistische Hintergrund der Arbeiterinnen in der Po-Ebene bot vielfach die Gelegenheit, sie zum Einen mit nackten Beinen bei der Reis - Anpflanzung zu zeigen, zum Anderen in Unterwäsche beim nachträglichen Zusammensein in der Frauenunterkunft. Das Massenangebot an leicht geschürzten Frauen verfehlte seine Wirkung nicht und erzeugte einen Kassen tauglichen Skandal in diesen prüden Jahren.
Das war besomders Silvana Mangano zu verdanken, die als junge Arbeiterin vorteilhaft ins Bild gerückt wurde. Schon in der ersten Szene am Bahnhof, von wo die Frauen zu den Reisanbaugebieten transportiert werden sollen, tanzt sie lasziv zu Boogie-Woogie-Klängen. Der eigentliche Beginn des Films wird noch von der Stimme eines Reporters bestimmt, dessen Erläuterung des Reisanbaus einen dokumentarischen Touch vermitteln soll, aber die Tanzszene wirkt dagegen schon völlig irreal. Allein, dass Silvana (wie sie auch im Film heißt) ihren eigenen Musikapparat dabei hat, ist genauso unwahrscheinlich, wie ihre Performance inmitten von Menschen, die sich für wenig Lohn mehrere Wochen lang unter unwürdigen Bedingungen zu einer harten Arbeit verpflichtet haben. Das sich Walter (Vittorio Gassmann) auch noch als Tanzpartner andient, ist angesichts der attraktiven Silvana, noch halbwegs verständlich, nicht aber angesichts der Tatsache, dass er sich auf der Flucht vor der Polizei befindet. Prompt wird er gesehen, kann das gestohlene Kollier aber noch seiner Freundin Francesca (von der amerikanischen Darstellerin Doris Dowling gespielt, deren Gesicht dafür eine Spur zu klar und intelligent ist) geben, die spontan zu den Arbeiterinnen in den Zug steigt.
Aus der heutigen Sicht ist es schwer verständlich, warum "Riso amaro" immer noch für seine realistische Darstellung der Situation der Reisarbeiterinnen gelobt wird, denn diese kommt über die Funktion als folkloristischer Hintergrund nicht hinaus. Auch Visconti besetzte in "Ossessione" ausgesprochen attraktive Darsteller und Roberto Rossellini arbeitete in "Stromboli" 1950 mit seiner Frau Ingrid Bergman zusammen, aber der Blick auf das Italien der Nachkriegszeit blieb immer größer als seine Darsteller, die - im Gegenteil - zunehmend unter der Last der Realität zerbrachen. Davon kann trotz allem Liebesleid und Verbrechen in "Riso amaro" keine Rede sein, denn nur der Konflikt der vier Protagonisten untereinander (als zweiter Mann betritt noch Raf Vallone die Szenerie), erzeugt hier die Dramatik, die zum Ende hin fast opernhafte Züge trägt.
Das das jährliche Schauspiel der Masseneinwanderung der Arbeiterinnen auf die Reisfelder der Po-Ebene hier nur als Hintergrund dient, wird vor allem an der fehlenden politischen Relevanz deutlich. Der einzige Aufstand wird von Francesca angezettelt, weil die Geschäftsleitung die Frauen nicht zur Arbeit zulassen will, die zuvor keinen Vertrag abgeschlossen hatten. Francescas Motiv liegt aber nicht in der dringenden Notwendigkeit, Nahrung für ihre Familien besorgen zu müssen, wofür die Arbeiter damals die anstrengende und schlecht entlohnte Arbeit akzeptierten, sondern weil ihr Silvana das Kollier gestohlen hatte und sie sonst keine Chance mehr hätte, es zurück zu bekommen. Auch sonst entsteht nur durch die Optik ein gewisses kritisches Potential, während die Frauen sich in Solidarität und im gemeinsamen Gesängen üben, aber kein negatives Wort über ihre Arbeitgeber verlieren. De Santis erster Film "Caccia tragica" (Tragische Jagd, 1947), der im Gegensatz zu "Riso amaro" kaum bekannt ist, behandelte ähnliche Themen, aber komplexer und ernsthafter.
Wahrscheinlich liegt darin gerade das Geheimnis des Erfolgs des Films, denn hier konfrontierte er seine Betrachter nur dezent mit der damaligen Gegenwart, nutzte aber das Etikett "Neorealismus" für freizügige Darstellungen und eine dramatische Liebesgeschichte um den so verführerischen wie unsoliden Walter. Einen gewissen Unterhaltungswert kann man "Riso amaro" nicht absprechen, aber über die Zeitlosigkeit paralleler Werke wie etwa "Il cristo proibito" (auch mit Raf Vallone) oder "Cronaca di un amore" von Michelangelo Antonioni, die sich von den ursprünglichen Ideen des Neorealismus verabschiedet hatten, verfügt der Film nicht - dafür ist er sowohl in seinen Charakterzeichnungen, als auch beim Storyaufbau zu sehr am damaligen Massengeschmack orientiert.
"Riso amaro" Italien 1949, Regie: Giuseppe De Santis, Drehbuch: Giuseppe De Santis, Carlo Lizzani, Darsteller : Silvana Mangano, Vittorio Gassman, Doris Dowling, Raf Vallone, Checco Rissone, Laufzeit : 104 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Giuseppe De Santis:
Inhalt: Commissario
Basevi (Thomas Milian) analysiert in einem Interview mit einem Journalisten die steigende
Verbrechensrate in Mailand und die zunehmende Gewaltbereitschaft der Gangster.
Egal ob Schutzgelderpressung, Glücksspiel oder Prostitution - in allen Bereichen
muss die Polizei ihre Bemühungen verstärken, um weiter Herr der Lage zu
bleiben.
Aktuell beschäftigt ihn besonders eine Bande von Bankräubern, die bei ihrer
Flucht nicht nur auf die Polizei, sondern wahllos auf Passanten schoss und
dabei mehrere Unschuldige tötete. Mit Hundertschaften und dem Einsatz von
Hubschraubern versucht die Polizei den Anführer Piero Cavallero (Gian Maria
Volonté) zu fassen, während die steigende Wut der Bevölkerung die Situation zusätzlich
erhitzt...
Klarer kann
man einen Filmtitel nicht benennen - "Banditi a Milano" (Die Banditen
von Mailand) trifft es auf den Punkt, denn Carlo Lizzanis Film konzentrierte
sich schnörkellos auf eine Bande von Bankräubern, unter der Leitung von Piero
Cavallero (Gian Maria Volonté), deren siebzehnter Überfall zu einem blutigen
Fiasko wird. Lizzani nutzte dieses Szenario für die Beschreibung der sich Ende der 60er Jahre auf Grund der politischen Ereignisse zunehmend polarisierenden Gesellschaft und einer damit verbundenen erhöhten Gewaltbereitschaft. Sein Film nahm damit früh das Genre des "Polizieschi" vorweg, der ein Spiegelbild der Verbrechens- und Terror-Welle der 70er Jahre wurde und schuf in "Banditi a Milano" schon entscheidende Charakteristika des Genres - atemlose Verfolgungsjagden in dicht bevölkerten Großstädten, unschuldige Opfer und Täter, die sich wie Stars gerieren. Auch die Diskussion über die Wahl der Mittel, mit der die Polizei gegen diese vorgehen soll, wurde hier schon thematisiert.
Anstatt psychologische Hintergründe oder persönliche Befindlichkeiten der Verbrecher
zu analysieren, wählte Lizzani einen semi-dokumentarischen Einstieg in
seinen Film, der Kommissar Basevi (Tomas Millian) in den Mittelpunkt stellt,
der gegenüber einem sich im Off befindlichen Reporter die Verhältnisse in Mailand
schildert. Die Kamera gleitet dabei von einem Lynch-Mob über die Dächer
Mailands, blendet zwischendurch einen Gangster alter Schule ein, der davon
berichtet, dass die heutigen Verbrecher keine Kinderstube mehr hätten, woran aus seiner Sicht
Gewalt verherrlichende Comics Schuld sind, bevor Lizzani die Zerstörung
eines Nachtclubs mit entsprechenden Comiczeichnungen garniert.
Insgesamt hinterlassen diese ersten 20 Minuten, deren Bezug zur eigentlichen
Gangsterstory erst im Nachhinein deutlich wird, einen absurden Eindruck in
ihrer Mischung aus gewalttätigen Verbrechen und komischen Einlagen. Ein Gangsterboss holt sich mit Gewalt seinen gerade am Spieltisch verlorenen Einsatz
wieder und nutzt dabei die Gelegenheit, sich als der bessere und preiswertere Schutzgelderpresser anzubieten. Oder ein Mann platzt ständig in
irgendwelche Unterredungen oder Verhöre, weil er die ihm gestohlene
100000 Lire von der Behörde zurück erhalten will. Und eine Frau gibt sich als angebliche Zeugin aus und hält den Kommissar mit
ihren erotischen Fantasien von der Arbeit ab.
Bemerkenswert an Lizzanis Film-Einstieg ist die Gegenüberstellung der linken Protestbewegung und den damit verbundenen soziologischen Veränderungen mit der bürgerlichen Realität in Italien. Der Mob zu Beginn könnte auch einer eskalierende Studenten-Demo entstammen. Die Haltung der konservativen Generation, die die allgemeine Entwicklung verabscheut, wird von einem Gangster vertreten. Nachtclubs und freie
Sexualität werden als Symbole des moralischen Niedergangs verabscheut, dienen aber gleichzeitig als Geschäftsgrundlage. Und nicht zuletzt gab hier Gian Maria
Volonté den skrupellosen Gangster im gleichen Modus wie in seinen anderen Filmen Revolutionäre oder Widerstands-Kämpfer. Diese Kombination aus Realität und Fiktion zu Beginn verlieh dem Verhalten der Bankräuber die notwendige Authentizität - selbst als die Gewalt eskaliert und Piero Cavallero (Gian Maria
Volonté) auf der Flucht vor der Polizei wahllos in die Menschenmenge schießt.
Obwohl Lizzani die unschuldigen Opfer einen Moment ihrer Anonymität entreißt, einen kurzen Blick auf ihr vorheriges Leben und ihre Angehörigen zu
werfen, schürt er damit keine emotionalen
Ressentiments gegenüber den Gangstern. Im Gegenteil bleibt der selbstgefällige, großmäulige
Cavallero die schillerndste Figur. Unterschwellig gewalttätig, betont bürgerlich
auftretend, unangenehm übergriffig gegenüber Frauen und von seiner eigenen
hohen Intelligenz überzeugt, ist Gian Maria Volonté hier Revolutionär und Spießer in
einer Person. Sein Spiel ist dabei so anpassungsfähig, dass Details seiner individuellen Vergangenheit keine Rolle mehr spielen - dieser Mann ist Teil der
Gesellschaft und Volonté machte es sichtlich Spaß, seinen Charakter darin frei und mit Wucht zu entfalten. Betont wird dieser Eindruck noch durch die Charakterisierung seines
Gegenspielers. Den Kommissar spielte Thomas Milian mit jungenhaftem Charme, intellektuell, immer eine
Zigarettenspitze im Mund, gleichzeitig rational und beherrscht - im Gegensatz zu dem Gangster ist der Kommissar ein Außenseiter.
Trotz der rasenden Verfolgungsjagden, Polizei-Hundertschaften,
die schwer bewaffnet jeden Quadratmeter absuchen, und Hubschraubern, die
Cavallero und seinen noch einzig gebliebener Begleiter immer mehr in die Enge treiben, bewahrte der Film Neutralität. Beobachtend, ohne äußere Betonung irgendwelcher Sympathien, beschrieb
Lizzani den langsamen Verfall einer Gesellschaft und gab einen pessimistischen Ausblick auf deren weitere Entwicklung. Das Lachen des Gangsters, der trotz seiner Verhaftung in Siegerpose bleibt, klingt lange nach.
"Banditi a Milano" Italien 1968, Regie: Carlo Lizzani, Drehbuch: Carlo Lizzani, Massimo De Rita, Darsteller : Gian Maria Volonté, Tomas Milian, Ray Lovelock, Don Backy, Laura Solari, Carla Gravina, Laufzeit : 92 Minuten
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