Mit seiner Hilfe gelingen einige strategisch gelungene Überfälle auf Militärstützpunkte, so dass sie reiche Beute machen. El Chuncho will diese an General Elias verkaufen und ist mehr an dem Geld und seinem eigenen Spaß als an der Revolution interessiert. Das ändert sich zunehmend, als er das Elend seiner Landsleute erkennt, und diese ihn als Helden feiern. Doch Bill Tate verfolgt ganz andere Ziele...
"Wer weiß?" (Quien sabe?) lautet der
Originaltitel, während der deutsche Verleih mit „Töte Amigo“ mehr das ungleiche
„Brüder“- Paar hervorhob, dass sich im mexikanischen Bürgerkrieg
zusammenraufte. Als Damiano Damiani seinen Film 1967 mit dieser Frage
übertitelte, befand sich der Vietnamkrieg in einer ersten Hochphase, doch
angesiedelt hatte er seine Story um den einheimischen Revoluzzer Chuncho (Gian
Maria Volonté) und dessen amerikanischen Kompagnon Bill Tate (Lou Castel)
zwischen 1910 und 1920. Die Anspielungen zu den Ereignissen im Vietnamkrieg
sind trotzdem offensichtlich. Der US-Amerikaner unterstützt die mexikanischen
Aufständischen vordergründig im Kampf gegen ihre eigenen Landsleute, verfolgt
letztlich aber nur egoistische Beweggründe. Damiano Damiani bezeichnete seinen
Film nicht ohne Grund als "politisch" und wehrte sich gegen die Einordnung
ins Western-Genre. Tatsächlich förderte die abenteuerliche und an den
klassischen Western angelehnte Handlung die vielschichtige Betrachtungsweise
der Kritik an der amerikanischen Vorgehensweise.
Zu verdanken ist das besonders Gian Maria Volonte, der hier
vordergründig eine Variation seiner Rollen in den wenigen Jahren zuvor
entstandenen Sergio Leone Western "Per un pugno di dollari" (Für eine
Handvoll Dollar,1964) und "Per qualche dollaro in più" (Für eine paar
Dollar mehr,1965) gab. Wieder ist er ein wild aussehender, emotional manchmal
unbeherrschter, schießwütiger Bandit, der zwar Waffen für den Revolutions -
General Elias (Jaime Fernández) stiehlt, dabei aber vor allem an seinen Spaß
und seinen Verdienst denkt. Der Zugüberfall gleich zu Beginn des Films ist entsprechend
sein Meisterstück, das er mit rücksichtsloser Härte umsetzt.
Beginnend mit dem Offizier, den er als lebendes Hindernis
auf den Gleisen platziert, dem Abknallen jedes Soldaten, der diesem zu Hilfe
kommen will, bis zum kompletten Abschlachten aller auf dem Zug befindlichen
Militär- und Polizeikräfte, auch wenn diese schon wehrlos davon laufen, ist der
Überfall eine einzige Gewaltorgie, die "El Chuncho" (Gian Maria
Volonté) gemeinsam mit seiner Bande, zu der auch "El Santo" (Klaus
Kinski) und die schöne Adelita (Martine Beswick) gehören, durchführt. Dabei
lernt er den US-Amerikaner Bill kennen, der den Lokführer erschossen hatte, um
damit Hilfe für Chunchos Bande vorzutäuschen. Sein Manöver gelingt und er kann
sich der Bande anschließen, obwohl er mit seinem glatten und gepflegten Äußeren
bei einigen Mitgliedern Misstrauen erzeugt.
Stakkatoartig reiht Damiani danach noch einige Überfälle auf
Armeestützpunkte aneinander, um den Strategiewechsel dank der Mitwirkung des
Amerikaners zu verdeutlichen, aber schon nach einem Drittel des Films enden
diese reinen Action-Sequenzen und die Handlung widmet sich zunehmend der
inneren Struktur der Revolutionäre, zu der auch Kinskis Rolle als gewalttätiger
"Heiliger" und Adelidas Misstrauen gegenüber dem gepflegten Bill
beiträgt. Im Mittelpunkt bleibt aber die Beziehung zwischen dem Mexikaner und
dem Amerikaner – den ungleichen „Amigos“, die sich mehr und mehr auseinander
leben. Während sich Chuncho, der in einen Gewissenskonflikt zwischen seinem
Wunsch nach Bereicherung und der offensichtlichen Armut und Unterdrückung
seiner Landsleute gerät, Bill annähern will, versucht dieser, jede Emotion zu
unterdrücken und begreift nicht das ihm entgegen gebrachte Vertrauen.
Diese Wechselwirkung zeigt sich besonders in der zentralen
Szene des Films, in der Chuncho einem reichen Großgrundbesitzer und dessen
engagierter Frau begegnet. Beide imponieren ihm, da der Kapitalist seine Schuld
begreift und sie sich mutig für ihren Mann einsetzt. Doch die Landbevölkerung,
die lange unter seiner Herrschaft leiden musste, fordert von Chuncho, den sie
als Revolutionär feiern, dessen Tod. Er muss erkennen, dass die Zeit
gegenseitiger Gespräche längst von unkontrollierter Gewalt abgelöst wurde. Als ein
Bandenmitglied die Ehefrau belästigt und der Amerikaner sie daraufhin verteidigt,
erschießt Chuncho einen seiner Männer, als dieser auf ihn losgehen will – für ihn
ist Bill sein Freund. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat Chuncho nichts mehr mit
Volontés Banditen-Rollen aus den Leone-Western gemein, denn seine Handlungen
sind ausschließlich von Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit geprägt, ganz
abgesehen von dem allgemeinen Verzicht auf coole Sprüche, sarkastische
Bemerkungen und zynische Verhaltensmuster in "Quien sabe?", worin
sich der Film auch von seinem thematisch verwandten Nachfolger "Il mercenario" (1968) von Sergio Corbucci unterscheidet.
Doch Bill begreift Chunchos geänderte Konsequenz nicht, was
zu weiteren Missverständnis zwischen ihnen führt - bis es zum Bruch kommt. Die
Parallelen zum US-Engagement in Vietnam zeigen sich weniger in Bills
egoistischen Intentionen, als in dessen Unfähigkeit, sich in seinen
mexikanischen Freund hineinzudenken. Auch das Scheitern der US-Amerikaner in
Vietnam, die vordergründig den Einheimischen zu Hilfe kommen wollten, beruhte
letztlich auf der Unfähigkeit, die Situation vor Ort zu begreifen, aber das
konnte Damiano Damiani 1967 noch nicht wissen. Entsprechend konnte "Quien
sabe?" auch keine Lösungen aufzeigen und blieb das "Wer weiß?" als
offene Frage über einer Handlung bestehen, deren weitere Entwicklung nicht
abzusehen war. Nur eines drückte der vielschichtig unterhaltende Film damals schon
ganz deutlich aus: "Ami go home!"
"Quien sabe?" Italien 1966, Regie: Damiano Damiani, Drehbuch: Salvatore Laurani, Darsteller : Gian Maria Volonté, Lou Castel, Klaus Kinski, Martine Beswick, Jaime Fernández, Laufzeit : 108 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Damiano Damiani:
"Il rossetto" (1960)
"Il sicario" (1961)
"L'isola di Arturo" (1962)
"Il giorno della civetta" (1968)
"La moglie più bella" (1970)
"Confessione di un commissario di polizia al procuratore della republicca" (1971)
"L'istruttoria è chiusa: dimentichi" (1971)
"Perché si uccide un magistrato" (1974)
"Io ho paura" (1977)
"L'avvartimento" (1980)
"Il sicario" (1961)
"L'isola di Arturo" (1962)
"Il giorno della civetta" (1968)
"La moglie più bella" (1970)
"Confessione di un commissario di polizia al procuratore della republicca" (1971)
"L'istruttoria è chiusa: dimentichi" (1971)
"Perché si uccide un magistrato" (1974)
"Io ho paura" (1977)
"L'avvartimento" (1980)
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