Gemeinsam im Widerstand: Antonio, Gianni und Nicola |
Antonio (Nino Manfredi) und Gianni (Vittorio Gassman) mit Luciana |
Auch der Dritte im Bunde, Nicola, ist inzwischen nach Rom gekommen, um dort als Filmkritiker zu arbeiten. Dafür hat er seine Frau und seinen kleinen Sohn zurückgelassen. Als er gemeinsam mit Antonio in ihrer Trattoria sitzen, taucht auch Luciana wieder auf...
Nicola (Stefano Satta Flores) mit Frau und Kind |
Luciana (Stefania Sandrelli) |
Federico Fellini und Marcello Mastroianni |
Eine Vielzahl an Zitaten bereichern die Handlung, beginnend beim Filmtitel. Ihr Verständnis ist keine Voraussetzung für die Betrachtung des Films, aber sie lassen die persönliche Bedeutung der Thematik für Scola erkennen. Es ist entsprechend keine Spitzfindigkeit, die unpräzise Übersetzung des Filmtitels ins Deutsche zu kritisieren. Statt „Wir waren so verliebt“ heißt es wörtlich „Wir hatten uns sehr geliebt“. Das „verliebt“ im deutschen Titel spielte eindeutig auf die Figur der Luciana (Stefania Sandrelli) an, die kurz nach dem Krieg das Gefühlsleben von Antonio und Gianni durcheinander bringt. Scola meinte aber die Beziehung zwischen den Männern untereinander, denn deren gemeinsamer Kampf als Widerstandskämpfer ist als Ausgangssituation für die hier geschilderten Ereignisse sehr wichtig. Anders als etwa ein gemeinsamer Schulbesuch oder die Herkunft aus demselben Ort, drückt sich darin eine klare politische Haltung aus, die ein besonderes Mass an Solidarität und Zusammenhalt erwarten ließ. Und damit auch die Fallhöhe zwischen Erwartung und Realität ansteigen ließ.
Mit dieser für einen Filmtitel ungewöhnlichen Formulierung spielte Scola zudem auf Antonio Pietrangelis 1965 entstandenen Film „Io la conoscevo bene“ (Ich habe sie gut gekannt) an, zu dem er das Drehbuch geschrieben hatte. Nicht nur das Stefania Sandrelli hier erneut eine junge Frau spielte, die unbedingt Karriere beim Film machen will, der als ironischer Kommentar zu verstehenden Titel weist auch auf eine entscheidende Parallele in beiden Filmen hin - die Illusionen, nicht nur hinsichtlich der Filmkarriere der jungen Frau, sondern auch des Zusammenhalts der drei Männer. Dass sich ihre Wege unmittelbar nach dem Krieg trennten, war noch ihren verschiedenen Heimatstädten geschuldet, aber auch als sie wenige Jahre danach wieder in Rom aufeinander treffen, entsteht nie mehr die Freundschaft der Kriegsjahre.
Im Gegenteil lernt Gianni bei seinem ersten Wiedersehen mit Antonio dessen Freundin Luciana kennen. Sie sind noch kein Paar, aber an Antonios Intentionen gibt es keinen Zweifel, seit dem er die hübsche, junge Frau an seinem Arbeitsplatz im Krankenhaus kennen lernte. Gianni und Luciana verlieben sich sofort ineinander, was sie nach einer kurzen Zeit der Heimlichkeit auch Antonio beichten, der verständlicherweise wenig erfreut reagiert. Schon zu diesem Zeitpunkt, Ende der 40er Jahre, gibt es kaum noch Gemeinsamkeiten zwischen Antonio und Gianni, die sich danach nur noch selten begegnen. Erst in der Gegenwart des Films, als einleitende Klammer, sieht man, wie der deutlich gealterte Antonio in Begleitung von Luciana und dem Dritten im Bunde, Nicola, vor Giannis Haus steht, um ihn zu besuchen, bevor der Film beginnt, die letzten 30 Jahre nachzuerzählen.
Elide (Giovanna Ralli) bemüht sich vergeblich um Gianni |
Nicola in der Quizsendung |
Das Ettore Scola den Regisseur Vittorio De Sica und seinen Film ins Zentrum dieser Diskussionen stellte, war kein Zufall, so wie dieser im Gegensatz zu Fellini auch nicht freiwillig an Scolas Film mitwirkte. Waren De Sicas neorealistische Filme der 40er und 50er Jahre in ihrer kritischen Wucht noch konsequent, änderte er seinen Stil zunehmend. Die Schwierigkeiten der kleinen Leute, derer er sich lange Zeit annahm, wurden immer mehr zum folkloristischen Bestandteil von im Kern substanzlosen Komödien („Ieri, oggi e domani“, (Gestern, heute und Morgen, 1963)). Proportional entgegengesetzt stieg seine Anerkennung im breiten Publikum. Diese Entwicklung steht symbolisch für "C'eravamo tanti amati", der vom Verlust von Idealen und Ideen handelt. Noch stellte Scola den Menschen kein generell schlechtes Zeugnis aus - gut zu erkennen an der sympathischen Figur des Antonio - aber der desillusionierte, zynische Blick, den er zwei Jahre später in „Brutti, sporchi e cattivi“ (Die Schmutzigen, die Hässlichen und die Gemeinen, 1976) annehmen sollte, lässt sich schon voraussehen – die Liebe ist vorbei.
"C'eravamo tanto amati" Italien 1974, Regie: Ettore Scola, Drehbuch: Ettore Scola, Agenore Incrocci, Furio Scarpelli, Darsteller : Nino Manfredi, Vittorio Gassman, Stefano Satta Flores, Stefania Sandrelli, Giovanna Ralli, Aldo Fabrizi, Laufzeit : 121 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Ettore Scola:
"Se permettete parliamo di donne" (1964)
"Brutti, sporchi e cattivi" (1976)
"I nuovi mostri" (1977)
"La terrazza" (1980)
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