Inhalt: Mehrere
bewaffnete Männer steigen aus einem Fahrzeug und nähern sich einem Paar, das sich am
Strand liebt. Der Liebhaber der jungen Frau versucht zu fliehen, wird
aber gnadenlos von Hinten angeschossen und bleibt blutend im Sand liegen. Die Männer heben eine Grube aus und schmeißen den Schwerverletzten hinein, um ihn lebend
zu begraben.
Einige
Jahre später befindet sich der reiche Geschäftsmann Ubaldo (Arthur Kennedy) auf
dem Weg zu seiner Insel, um dort mit seiner Familie einen erholsamen Urlaub zu
verbringen. Neben seiner erst kürzlich geheirateten deutlich jüngeren Frau
Giulia (Caroline Laurence) begleiten ihn seine zwei Söhne Michele (Massimo
Foschi) und Lorenzo (John Richardson) sowie seine Tochter Patrizia (Loretta
Persichetti) mit ihren Ehepartnern. Schon auf der Yacht lassen sich die
gegenseitigen Animositäten nicht übersehen, die besonders zwischen den Brüdern
und ihrem Schwager Walter (Vanantino Vanantini) auftreten. Lorenzo gilt bei den
anderen Männern als Schlappschwanz, da er sich nicht dagegen wehrt, dass ihn
seine Frau Greta (Rita Silva) mit Walter betrügt. Und Patrizia, die dem Treiben
ihres Mannes ebenfalls scheinbar wehrlos gegenüber steht, wird auch von den
anderen Frauen als hysterisch und überspannt angesehen. Nur mit sich
selbst beschäftigt, fallen ihnen die ersten Todesfälle zuerst nicht auf…
Der ältere,
reiche Geschäftsmann Ubaldo (Arthur Kennedy) lädt seine nächsten Anverwandten
zu einem sommerlichen Aufenthalt im gut ausgestatteten Ferienhaus auf der
familieneigenen Insel ein. Mit an Bord des Segelschiffs befinden sich seine
zwei Söhne Michele (Massimo Foschi) und Lorenzo (John Richardson) sowie seine
Tochter Patrizia (Loretta Persichetti) nebst Anhang. Auch Ubaldos viel jüngere
Ehefrau Giulia (Caroline Laurence) und die allein stehende Tante Elisabetta
(Dana Ghia) begleiten sie. Doch wie der Filmtitel "Nove ospiti per un
delitto" (Neun Gäste für den Tod) schon verrät, erwartet sie kein
vergnüglicher Aufenthalt, sondern ein Verbrechen, zu dem sie als Gäste
beitragen sollen. In einer zwei Jahrzehnte zurückliegenden Eingangssequenz wird
der Anlass dafür geliefert - brutal erschießen mehrere Männer den Liebhaber
einer jungen Frau und verscharren den noch Lebenden im Sand.
Als
Regisseur Fernando Baldi den Film 1977 in die Kinos brachte, hatte der Giallo
seinen Zenit schon überschritten, aber "Nove ospiti per un delitto"
sollte kein klassischer Genre-Vertreter werden, sondern wirkt im Zusammenspiel
aus Agatha Christies "Zehn kleine Negerlein"-Thematik, grafischen,
aber nicht übertrieben brutal inszenierten Morden, erotischen Aufnahmen schöner
Frauen und den ausschließlich egoistischen und selbstverliebten Protagonisten
wie ein Kommentar auf zwei Jahrzehnte italienisches Genre-Kino, an dem Baldi
und sein Drehbuchautor Fabio Pittorru intensiv mitgewirkt hatten. Während
Fernando Baldi Sandalen-Filme ("Orazi e Curiazi" (Die verlorene
Legion, 1961)) und später eine Vielzahl an Italo-Western ("Texas,
addio" (Django, der Rächer, 1966)) drehte, war Pitturro mehr im
Polizieschi ("La polizia accusa: il servizio segreto uccide" (Der
lautlose Killer, 1975)), im Erotik - ("Una ondata di piacere", 1975)
und politischen Film ("Mussolini: ultimo atto" (Mussolini - Die
letzten Tage, 1974)) involviert - eine
Mischung, die sich in "Nove ospiti per un delitto" wiederentdecken
lässt.
Die
gnadenlose Hinrichtung zu Beginn erinnert an einen Lynch-Mord im Western – eine
gemeinschaftliche, ohne Eile durchgeführte Aktion von Tätern, die sich im Recht
glauben und vor der Justiz geschützt wissen. Die Kamera fängt deren Gesichter
nicht ein, aber der Film lässt keinen Zweifel an der Identität der Mörder und
der zurückgelassenen Geliebten, bei der es sich um die inzwischen als
wunderlich geltende Tante Elisabetta handelt. Mit dem klassischen Szenario
einer Jahrzehnte zurückliegenden, verschwiegenen Tat, deren Folgen eruptiv an
die Oberfläche gelangen, hat diese Ausgangssituation nichts gemeinsam. Weder
werden die Täter von schlechtem Gewissen, noch von unterdrückten Schuldgefühlen
geplagt – im Gegenteil erweisen sie sich als genau die rücksichtslosen,
egoistischen Zeitgenossen, denen ein solcher Mord zur Wahrung der
Familieninteressen zuzutrauen ist. Autor Pitturro nutzte diese Konstellation zu
der genüsslich ausgearbeiteten Charakterisierung einer dekadenten, nur mit sich
selbst beschäftigten Ansammlung reicher Schnösel mittleren Alters, ohne deshalb
- wie in seinen früheren Filmen - den gesellschaftskritischen Aspekt zu betonen.
Viel mehr diente deren Verhalten im ersten Drittel des Films für Testosteron
geschwängerte Auseinandersetzungen und sexuelle Wechselspielchen, die genügend
Gelegenheiten boten, schöne Frauen erotisch ins Bild zu rücken und den Hass der
Protagonisten untereinander anzufachen.
Michele
treibt es mit der Frau seines Vaters, Lorenzos Frau Greta (Rita Silva) wiederum
mit ihrem Schwager Walter (Vanantino Vanantini), wodurch sich mögliche Mordmotive
leicht erahnen lassen, als die ersten Leichen auftauchen. Für die Protagonisten
erscheint es zuerst, als ob es sich bei den Todesfällen um Unfälle handelt, aber
der Betrachter weiß es besser, nachdem kurz nach der Ankunft auf der Insel die
Crew des Segelschiffs von einem Taucher massakriert wird und damit ein leichtes
Entkommen von der Insel unmöglich gemacht wurde. Baldi und Pittorro entwickelten
aus dieser vertrauten Situation keine neuen Ideen, aber sie reduzierten die
Anlage auf ihre wesentlichen Elemente und kamen schnell zur Sache. Nach der
kurzen Eingangssequenz und der Einführung der Charaktere werden die klassischen
Stufen durchlaufen: nachdem sich die Unfalltheorie als falsch herausstellte
beginnt die Phase der Panik und gegenseitigen Verdächtigungen, zwischendurch
werden okkulte Kräfte bedient im Glauben an die Wiederauferstehung des
Ermordeten bis es zum Showdown der wenigen Übriggebliebenen kommt, unter denen
sich der Täter befinden muss.
Die Stärken
des Films sind gleichzeitig seine Schwächen. Das „Giallo“ – Genre erlebte
seinen Höhepunkt in den frühen 70er Jahren und verstand sich in seiner Mischung
aus Sex und Tod innerhalb einer zunehmend hedonistischeren Gesellschaft als
Provokation auf die vorherrschende bürgerliche Moral. Anhänger und Kenner des
Genres werden sich in „Nove ospiti per un delitto“ an den durchgehend sinistren
Charakteren, den erotischen Aufnahmen und abwechslungsreichen Morden bis zum
abschließenden Höhepunkt zwar erfreuen, aber das lässt nicht übersehen, dass es
sich um eine Stilübung zweier erfahrener Filmemacher handelte, die zu
oberflächlich blieb, um Ende der 70er Jahre noch Tabus zu brechen.
"Nove ospiti per un delitto" Italien 1977, Regie: Ferdinando Baldi, Drehbuch: Fabio Pittorru, Darsteller : Arthur Kennedy, Massimo Foschi, Caroline Laurence, John Richardson, Rita Silva, Laufzeit : 88 Minuten
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