Inhalt: In
dem kleinen Ort Dunwich begibt sich ein Priester auf den örtlichen Friedhof, um
sich aufzuhängen. Der Sage nach entfesselt er damit die Kräfte der Toten, die
als gefräßige Zombies aus ihren Särgen auferstehen und die Menschheit bedrohen.
Weit entfernt in New York sieht das Medium Mary (Catriona MacColl) die
apokalyptische Bedrohung während einer Seance, was sie scheinbar das Leben
kostet. Schon begraben, verdankt sie ihr Leben dem neugierigen Journalisten
Peter Bell (Christopher George), der ihren Schrei aus dem Sarg hört. Gemeinsam fahren
sie nach Dunwich, um das kommende Unheil noch zu verhindern.
Doch dort
haben die unterirdischen Kräfte längst begonnen, die Bewohner des Ortes
anzugreifen, ohne dass diesen schwant, was auf sie zukommt. Als die ersten
Morde geschehen, steht die Polizei vor einem Rätsel, besonders als die Leichen
wenig später verschwinden. Von Einigen wird der etwas einfältige Bob (Giovanni
Lombardo Radice) verdächtigt, was diesen dazu zwingt sich zu verstecken…
Als Lucio
Fulci 1980 "Paura nella città dei morti viventi" (wörtlich
"Angst in der Stadt der lebenden Toten", wesentlich malerischer der
deutsche Titel "Ein Zombie hing am Glockenseil") drehte, hatte er
schon eine 20jährige Karriere als Regisseur und fast 30 Jahre als Drehbuchautor
hinter sich, was angesichts seiner späten Horrorfilme, von denen er Unmengen in
den 80er Jahren heraus brachte, häufig in Vergessenheit gerät. In den 50er und
60er Jahren schrieb und drehte er eine Vielzahl an Komödien, arbeitete mit
Steno und Ettore Scola zusammen ("Un americano a Roma" (Ein
Amerikaner in Rom, 1954)), oder unter Sergio Corbucci ("Totò, Peppino e...
la dolce vita" (Totò, Peppino und das süße Leben, 1961)). Noch 1978 hatte
er mit "Sella d'argento" (Silbersattel) den letzten seiner drei
Western fertig gestellt, an denen mit Franco Nero, Tomas Milian und Giuliano
Gemma jeweils drei der bekanntesten Darsteller des Genres beteiligt waren,
bevor er ein Jahr später mit "Zombi 2" (Woodoo - die Schreckensinsel der Zombies) erstmals ins
Splatterfach wechselte, unterstützt von größtenteils unbekannten Akteuren.
Ähnliche
Parallelen sind in der Vita seines Co-Autors Dardano Sacchetti festzustellen.
Dieser war an prägenden Filmen der 70er Jahre wie Dario Argentos erstem Film
"Il gatto a nove code" (Die neunschwänzige Katze, 1971) beteiligt,
schrieb gemeinsam mit Umberto Lenzi einige der bekanntesten Polizieschi wie
"Roma a mano armata" (Die Viper, 1976) oder "Il trucido e lo sbirro" (Das Schlitzohr und der Bulle, 1976) und entwarf die Trilogie um
"Mark il poliziotto" (1975) unter der Regie von Stelvio Massi, bevor
er mit mehreren Drehbüchern pro Jahr im Horror-Sumpf der 80er Jahre versank.
Selbst Umberto Lenzi erging es ähnlich, als er sich 1980 mit "Incubo sulla
città contaminata" (Großangriff der Zombies) vermehrt in Richtung Horror
orientierte - eine Entwicklung, die für das gesamte italienische Kino galt,
dass größtenteils durch brachiale Komödien der Marke Bud Spencer / Terence Hill
oder zunehmend hingeschluderte Horrorfilme auf sich aufmerksam machte, während
Altmeister wie Michelangelo Antonioni, Federico Fellini oder Mario Monicelli
nur noch wenige Spätwerke ablieferten.
Seit den
späten 60er Jahren waren parallel zu den großen Filmproduktionen provokative,
avantgardistische Filme entstanden, etwa von Tinto Brass ("L’urlo"
(Die Eule, 1970)), Renato Polselli ("Rivelazioni di uno psichiatra sul
mondo perverso del sesso", 1973) oder Alberto Cavallone ("Blue
Movie", 1978), die auch die Grenzen zur Pornographie teilweise
überschritten. Diese verstanden sich von vornherein als Nischenprodukte,
während "Paura nella città dei morti viventi" auf die aufkommende
Horror- und Slasherwelle im US-amerikanischen Kino reagierte, dass dem
italienischen Film, der unter finanzieller Unterversorgung litt, längst den
Rang abgelaufen hatte. Trotzdem muss Lucio Fulci bewusst gewesen sein, dass
sein Film mit den für die damalige Zeit extrem expliziten Gewaltdarstellungen
kaum auf ein Massenpublikum zugeschnitten war. Das dieser trotz der billigen
Machart zu einem der bekanntesten italienischen Filme seiner Zeit wurde - unter
dem deutschen Titel "Ein Zombie hing am Glockenseil" geradezu
berühmt-berüchtigt - förderte weiter das Schmuddel-Image, das dem italienische
Kino seit den 80er Jahren anhaftet (siehe auch "Das italienische Kino frisst sich selbst")
Das lässt
verkennen, dass Lucio Fulcis zweiter Horror-Streifen noch stark vom klassischen
Giallo beeinflusst ist und in ruhigem Tempo ein atmosphärisch dichtes Szenario
entwickelt. Über die Logik einer Story nachzusinnen, die mit dem Selbstmord
eines Priesters beginnt, der damit in dem kleinen Städtchen Dunwich eine Katastrophe
herauf beschwört, ist müßig. Viel mehr ist es interessant, dass Fulci zwei
parallele Erzählstränge entwickelt, die er erst spät zusammenführt. Im
entfernten New York fällt das Medium Mary (Catriona MacColl) scheinbar tot um,
als sie bei einer Seance von den Vorkommnissen in Dunwich erfährt. Erst von dem
Journalisten Peter Bell (Christopher George) wird sie in einer beeindruckenden
Szene aus ihrem Sarg befreit, um sich dann mit dem neugierigen Skeptiker auf
den Weg nach Dunwich zu begeben.
Dort werden
die lebenden Toten langsam aktiv, ohne dass der Bevölkerung klar ist, was
passiert und ohne das es Fulci nötig hat, irgendwelche Zombies zu zeigen. Es
ist die stärkste Phase des Films, in der weniger die Gewaltdarstellungen als
ein behutsamer Aufbau der Spannung im Mittelpunkt steht. Zwar bleiben die
Protagonisten um den Psychiater Gerry (Carlo De Mejo) und die Künstlerin Sandra
(Janet Agren) charakterlich oberflächlich gestaltet, verhalten sich aber
sympathisch und ohne dümmliche Dialoge (die Kritik bezieht sich auf die
italienische Originalfassung). Besonders die Szenen in Sandras Haus oder um den
kleinen Bruder (Luca Venantini) der ermordet aufgefundenen Emily (Antonella
Interlenghi) verbreiten angenehmes Horror-Feeling, während die Nebenstory um
den angeblich schwachsinnigen Bob (Giovanni Lombardo Radice), dem von Einigen
in der Stadt die Schuld an den Morden gegeben wird, an eine plakative
Tötungsszene verschenkt wurde.
Nicht nur
in dieser Sequenz zeigen sich die Schwächen eines Drehbuchs, das mehrfach den
Faden verliert. Trotzdem gelingt es Fulci und Sacchetti den Film zielgerichtet
auf einen Showdown hinzuführen, der die Protagonisten in das Grab des Priesters
zwingt. Nur dort kann es eine Erlösung von den Zombies geben, die die
Bevölkerung systematisch zu dezimieren beginnen. Gerade das ruhige Tempo des
Films und die langsamen Bewegungen der Beteiligten machen heute noch den Reiz
eines Films aus, der nicht auf schnelle Schnitte und ständige Action setzt,
sondern bis zum Schluss seinen gruseligen Gestus wahrt. Unterstützt wird dieser
Eindruck noch von einer stimmig eingesetzten Musik, deren Ähnlichkeit zu John
Carpenters Kreationen keinen Nachteil bedeutet.
Die
Splatterszenen dagegen, auch wenn sie zum Bekanntheitsgrad des Films wesentlich
beitrugen, wirken manchmal unnötig brutal, weniger um die Spannung zu fördern,
als unbedingt schockieren zu wollen. Daran zeigte sich schon die spätere
Entwicklung, in der sich das italienische Kino nicht mehr auf seine eigenen Stärken
berief, mit denen es viele Jahre das Medium Film beeinflusste, sondern zunehmend
auf Extreme setzte, sei es im Horror-Film oder in immer überdrehteren Komödien.
"Paura nella città dei morti viventi" (Ein Zombie hing am
Glockenseil) befand sich erst am Anfang dieser Phase und kann seine Schwächen
noch mit einer überzeugend gestalteten Atmosphäre überspielen.
"Paura nella città dei morti viventi" Italien 1980, Regie: Lucio Fulci, Drehbuch: Lucio Fulci, Dardano Sacchetti, Darsteller : Christopher George, Catriona MacColl, Carlo De Mejo, Antonella Interlenghi, Janet Agren, Laufzeit : 89 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Lucio Fulci:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen