Inhalt: Ein
abgehalfterter Soldat (Giuliano Gemma), der im Bürgerkrieg gekämpft hatte,
kommt in einen kleinen Saloon und bestellt einen Drink. Er erkundigt sich beim
Wirt über die vergangenen Jahre und erfährt, dass eine Gruppe mexikanischer
Banditen unter der Führung der Brüder Paco (George Martin) und Esteban Fuentes
(Fernando Sancho) die Kontrolle über die Gegend übernommen haben. Auf die Frage
nach einem „Ringo“ - wie Montgomery Brown auch genannt wird – bekommt er nur
ein Achselzucken zur Antwort. Dieser wäre seit Jahren verschwunden und
wahrscheinlich tot. Die Fuentes – Brüder haben seinen Vater ermordet und leben
jetzt in dessen Haus. Zudem will Paco Fuentes demnächst Browns Frau Helen (Lorella De
Luca) heiraten.
Zwei
ebenfalls im Saloon sitzende Mexikaner, die zur Fuentes-Bande gehören, scheinen
diese Fragen nicht zu gefallen, aber der Soldat, bei dem es sich um den vermissten Montgomery Brown handelt, erschießt sie, bevor sie ziehen
können. Um die Lage
erkundigen zu können, verkleidet er sich mit der Hilfe des Wirts in einen
mexikanischen Landarbeiter und begibt sich auf der Suche nach Arbeit mitten in
die Höhle des Löwen…
Nach dem
Erfolg von "Una pistola per Ringo" (Eine Pistole für Ringo) im
Frühjahr 1965, begann für Giuliano Gemma - zuerst noch unter dem Pseudonym
Montgomery Wood - eine Hochphase als Hauptakteur im noch jungen
Italo-Western-Genre. Im selben Jahr drehte er mit "Un dollaro bucato"
(Ein Loch im Dollar) und "Adiós Gringo" zwei weitere Western, weshalb
es nahe lag, auch mit Regisseur Duccio Tessari erneut die Erfolgsformel zu
bemühen. Entsprechend entstand "Il ritorno di Ringo" (Ringo kommt
zurück) mit dem beinahe identischen Team, außer das für Alfonso Balcázar
diesmal Fernando Di Leo als Co-Autor fungierte, der später mit diversen
Polizieschi ("Mafia-Trilogie") bekannt werden sollte.
Auch der
Titel deutete auf eine unmittelbare Fortsetzung hin, weshalb es überrascht,
dass beide "Ringo"-Filme sowohl in ihrer storytechnischen Anlage, als
auch den Charakterisierungen wenig gemeinsam haben. Angesichts moderner
Marketing-Strategien, die einem Erfolgsfilm schnell ein ähnliches Konzept
folgen lassen, wirkt diese Eigenständigkeit bemerkenswert, deutet aber eher
darauf hin, dass sich die dramatisch, düstere Sichtweise im Italo-Western zunehmend
durchzusetzen begann, während "Una pistola per Ringo" noch dank
seines ironisch, lässigen Charakters überzeugt hatte. Dass die Marketing-Regeln
auch schon Mitte der 60er Jahre galten, wird an der Verwendung des Namens
"Ringo" im Originaltitel deutlich, obwohl sich Gemma hier Montgomery
Brown nennt und nichts mehr auf den originalen Ringo hinweist. Seine ernste Rolle
als heimkehrender Soldat aus dem Bürgerkrieg ähnelt mehr seiner Hauptfigur in
"Un dollaro bucato", der zwischen den beiden „Ringo“-Filmen entstand.
Erst in „Arizona Colt“ (1966) sollte Gemma wieder den Typus des smarten Revolverhelden
aufgreifen.
Ringo
erwähnt in „Una pistola per Ringo“ einmal, dass er im Bürgerkrieg zuerst bei
den Südstaaten gekämpft hätte, später dann aber zum Norden gewechselt wäre, als
sich deren Sieg abzeichnete. Von diesem egoistischen, immer auf den eigenen
Vorteil bedachten Charakter, der auch die Hauptakteure in Leones
„Dollar-Trilogie“ auszeichnete, ist Montgomery Brown meilenweit entfernt.
Giuliano Gemma spielt ihn als desillusionierten Offizier, der erfahren muss,
dass sein nahe der mexikanisch/us-amerikanischen Grenze gelegener Heimatort inzwischen
von einer mexikanischen Gangsterbande kontrolliert wird. Und das seine Frau
Helen (Lorella De Luca), die seit Jahren nichts mehr von ihm gehört hatte, mit
einem der zwei Anführer, Paco Fuentes (George Martin), im Haus seines zuvor
ermordeten Vaters zusammen lebt. Im Vergleich zu dem hedonistischen Ringo, der
sich nur dank guter Bezahlung von außen einmischte, hätte Tessari weder seinen
Protagonisten, noch dessen Situation gegensätzlicher entwerfen können. Einzig Browns
Fähigkeiten mit dem Revolver weisen Parallelen auf, aber um ihn herum
entwickelte Tessari ein klassisches Drama um Verlust und Sühne.
Dass sich
daraus kein typisches Western-Drama us-amerikanischer Prägung entwickelte, lag
weniger an Fernando Sancho, der den zweiten Anführer der Banditen, Pacos Bruder
Esteban, gewohnt direkt (in diesem Fall aber sehr elegant gekleidet) gab, noch
an der dreckigen Optik des Ortes oder daran, dass „Il ritorno di Ringo“ im
letzten Drittel die Erwartungen an umfangreiche Schusswechsel erfüllte, sondern
an einem inszenatorischen Trick, mit dem Tessari Gemma die Möglichkeit gab,
auch seine lässigen Seiten auszuspielen. Unabhängig davon, wie glaubwürdig eine
solche Verkleidung tatsächlich ist, kann Gemma als mexikanischer Landarbeiter,
als der er die Situation im Ort erkunden will, freier agieren. Nur unbewaffnet
und als Mexikaner hat er eine Chance, von den Esteban-Brüdern und ihren Männern
nicht sofort erschossen zu werden, muss sich aber einige Erniedrigungen
gefallen lassen. Vor allem sein Zusammenspiel mit dem Totengräber (Manuel Muñiz), der sich gleichzeitig
als Blumenliebhaber entpuppt, dem meist betrunkenen Sheriff (Antonio Casas) und
der schönen Rosita (Nieves Navarro), ermöglicht Gemma die Differenzierung
seiner Figur.
Nieves
Navarro, die schon in „Una pistola per Ringo“ als weibliches Bandenmitglied die
interessantere Frauenrolle innehatte, steht hier zwischen Fernando Sancho und
Giuliano Gemma, dem zunehmend ihre Gunst gehört. Als Mexikaner kann sich Gemma
den Flirt mit Dolores noch leisten, aber als guter amerikanischer Ehemann, der
zudem feststellen muss, dass er während seiner Abwesenheit Vater der kleinen
blonden Elisabeth wurde, steht er natürlich zu seiner Angetrauten, obwohl deren
Rolle als Verlobte Paco Estebans, der die Hochzeit mit ihr energisch vorantreibt, moralisch auch nicht eindeutig ist. Leider deutet „Il ritorno di Ringo“ - im Gegensatz zu
seinem konsequenteren Vorgänger - diese damals gewagten Konstellationen nur an,
bleibt letztlich aber konventionell in seinem Familienbild, auch wenn die am Ende
auf einem Esel davon reitende Dolores als Anspielung darauf zu verstehen ist,
was hätte sein können. Trotzdem verfällt der Film nicht in Sentimentalitäten,
was der straffen Inszenierung Tessaris zu verdanken ist, dem trotz aller
Dramatik lockeren Spiel von Giuliano Gemma und der Musik von Ennio Morricone.
Besonders der Moment, in dem Brown erkennt, dass er eine Tochter hat, gelingt
es Morricone mit einer atonalen Begleitung, dessen Gefühle ohne Kitsch
wiederzugeben - die bemerkenswerteste Szene des gesamten Films.
„Il ritorno
di Ringo“ hätte ähnlich wie „Una pistola per Ringo“ stilbildend für das Genre
werden können, was an einigen originellen Details deutlich wird. Doch die Story
ist in ihrer dramatischen Anlage zu vorhersehbar, Giuliano Gemma als
vorgetäuschter Mexikaner überzeugender als als seriöser Familienvater und dem
abschließenden Showdown fehlen die überraschenden Momente. Dass „Il ritorno di
Ringo“ trotzdem populärer als sein Vorgänger wurde, lässt erkennen, dass sich Duccio
Tessari geschickt an der damaligen Erwartungshaltung des Publikums an einen
Italo-Western orientierte - auch heute fügt er sich in das gewohnte Bild des
Genres ein, ragt aber nur in wenigen Augenblicken darüber hinaus.
"Il ritorno di Ringo" Italien, Spanien 1965, Regie: Duccio Tessari, Drehbuch: Duccio Tessari, Fernando Di Leo, Darsteller : Giuliano Gemma, Fernando Sancho, Lorella De Luca, Nieves Navarro, George Martin, Laufzeit : 92 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Duccio Tessari:
"Una pistola per Ringo" (1965)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen