Inhalt:
Antonio Ricci (Lamberto Maggiorani) hat das Glück, einen der wenigen Jobs zu
bekommen, die an die vielen arbeitslosen Männern vergeben werden. Doch er
benötigt dafür ein Fahrrad, da er als Plakate-Kleber weite Strecken durch Rom
fahren muss. Um ihm diese Chance zu ermöglichen, verkauft seine Frau Maria
(Lianella Carell) ihre Bettwäsche, einen Teil ihrer Aussteuer. Mit dem Geld
können sie das Fahrrad bei einem Pfandleiher auslösen und Antonio beginnt am
nächsten Tag seine neue Arbeit.
Doch
während er noch ungeschickt versucht, sein erstes Plakat anzukleben, nutzt ein
Dieb seine Unaufmerksamkeit. Bis Ricci von seiner Leiter herunter gelangt, hat
der Fahrraddieb genügend Vorsprung, da ihm auch sonst Niemand zu Hilfe kommt.
Von der Polizei hat er auch nichts zu erwarten, aber seine Freunde empfehlen
ihm, am Sonntagmorgen zum Fahrrad-Markt zu gehen, da Diebesgut meist dort
landet. Gemeinsam mit seinem kleinen Sohn Bruno (Enzo staiola) macht er sich
auf den Weg…
"Ladri di biciclette" (Fahrraddiebe) gewann nicht nur eine Vielzahl an Preisen, sondern erhielt 1950 neben einer Oscar-Nominierung für das beste adaptierte Drehbuch auch den Ehren - Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Diesen hatte Vittorio De Sica schon 1948 für "Scuscia" (Schuhputzer, 1946) erhalten, aber "Ladri di biciclette" wurde zum Synonym schlechthin für den Stil des Neorealismus, der dank dieses Films weltweit Anerkennung erhielt. Obwohl "Ladri di biciclette" selbst kein großer Kassenerfolg wurde, ebnete er den Weg für plakativere, publikumswirksamere Werke wie "Riso amaro" (Bitterer Reis, 1949) von Giuseppe De Santis oder führte zu der Zusammenarbeit von De Sica mit dem Hollywood-Produzenten Selznick ("Stazione Termini" (Rom, Station Termini, 1953)). Kein anderer italienischer Regisseur dieser Phase nach dem Ende des 2.Weltkriegs, verdiente sich ähnliche Meriten. Einzig Roberto Rossellini wurde für "Roma, città aperta" (Rom, offene Stadt, 1945) und "Paisà" (1946) für den Drehbuch - Oscar (adaptiert bzw. original) nominiert.
"Ladri di biciclette" (Fahrraddiebe) gewann nicht nur eine Vielzahl an Preisen, sondern erhielt 1950 neben einer Oscar-Nominierung für das beste adaptierte Drehbuch auch den Ehren - Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Diesen hatte Vittorio De Sica schon 1948 für "Scuscia" (Schuhputzer, 1946) erhalten, aber "Ladri di biciclette" wurde zum Synonym schlechthin für den Stil des Neorealismus, der dank dieses Films weltweit Anerkennung erhielt. Obwohl "Ladri di biciclette" selbst kein großer Kassenerfolg wurde, ebnete er den Weg für plakativere, publikumswirksamere Werke wie "Riso amaro" (Bitterer Reis, 1949) von Giuseppe De Santis oder führte zu der Zusammenarbeit von De Sica mit dem Hollywood-Produzenten Selznick ("Stazione Termini" (Rom, Station Termini, 1953)). Kein anderer italienischer Regisseur dieser Phase nach dem Ende des 2.Weltkriegs, verdiente sich ähnliche Meriten. Einzig Roberto Rossellini wurde für "Roma, città aperta" (Rom, offene Stadt, 1945) und "Paisà" (1946) für den Drehbuch - Oscar (adaptiert bzw. original) nominiert.
Der heutige
Bekanntheitsgrad des Neorealismus und seiner wichtigsten Werke täuscht darüber
hinweg, wie gering deren Anteil am gesamten Filmschaffen in Italien, Ende der
40er Jahre, war. Zudem galt „Ladri di biciclette“ damals bei vielen Italienern
als unpatriotisch mit seinem genauen Abbild der Realität, was Ettore Scola in
"C'eravamo tanti amati" (Wir waren so verliebt, 1974) deutlich werden
lässt, als es nach einer Kinoaufführung zu einem heftigen Streit zwischen
Zuschauern, die De Sica „Nestbeschmutzung“ vorwerfen, und Anhängern seines
künstlerischen Stils kommt. Obwohl Vittorio De Sica, im Gegensatz zu den
meisten anderen Regisseuren des Neorealismus, keine marxistische Ideologie
vertrat – ein wesentlicher Grund für seine Anerkennung in den USA – und seine Kunst
gerade darin bestand, die Realität ohne zu urteilen und ohne übertriebene
Dramatik darzustellen, wird an dieser Auseinandersetzung offensichtlich, das es
Ende der 40er Jahre einen großen Unterschied bedeutete, von welchem Blickwinkel
aus der Film analysiert wurde.
Während der
unabhängige Betrachter in der Regel mit Antonio Ricci (Lamberto Maggiorani) und
seinem Sohn Bruno (Enzo Staiola) mitfiebert, die an einem Sonntag in Rom
verzweifelt versuchen, das Fahrrad wieder zu finden, das Ricci am Tag zuvor
gestohlen wurde und das er für seine Arbeit benötigt, nahm De Sica diese
Geschichte zum Anlass, das Leben in Rom mit allen seinen Facetten darzustellen.
Fast organisch wirkt die Bevölkerung, wie sie in Massen auf den Arbeitsvermittler
zuströmt, bevor ein/zwei Männer – darunter Antonio Ricci - ausgespuckt werden,
die einen der wenigen Jobs ergattern konnten. Überall entstehen Gruppierungen
wie die Frauen um Riccis Ehefrau Maria (Lianella Carell), die am Brunnen Wasser
für ihre herunter gekommenen Wohnungen schöpfen, die an der Peripherie der
Stadt liegen und nicht an das Leitungsnetz angeschlossen sind, wie die Menschenschlangen,
die sich in die wenigen öffentlichen Verkehrsmittel drücken oder in die Kirchen
bewegen, wo die Armen nach der Messe ein Essen bekommen. Und immer wieder kommt
es zu spontanen Aufläufen, wenn irgendetwas Aufregendes geschieht. Es sind
genügend Männer da, die von überall herkommen, ähnlich gekleidet und ohne feste
Beschäftigung sind.
Mit der
konsequenten Besetzung von Laien-Darstellern, sowie dem Dreh ausschließlich an
Originalschauplätzen, vermittelt „Ladri di biciclette“ ein Leben, das unmittelbar
auf den Straßen Roms stattfindet. Keineswegs von Depressionen gezeichnet,
sondern voller Bewegung und Emotionen, aber basierend auf den widrigen
Verhältnisse nach dem Krieg – Wohnungsnot, mangelnde Infrastruktur, große
Arbeitslosigkeit – die der Film mit der gleichen Selbstverständlichkeit zeigt, wie
diese Teil des Lebens eines Großteils der Bevölkerung sind. Zu Beginn des
Films, wenn Ricci das Glück hat, einen Job als Plakate-Kleber zu erhalten,
seine Frau ihre Bettwäsche verkauft, um das dafür notwendige Fahrrad beim
Pfandleiher auslösen zu können, und sie glücklich zu Zweit durch Roms Straßen
fahren, vermittelt der Film noch ein singuläres Schicksal. Welches tragische
Züge annimmt, als ihm an seinem ersten Arbeitstag das Fahrrad gestohlen wird,
er den Dieb nicht fassen und die Polizei ihm auch nicht helfen kann, angesichts
unzähliger Fahrräder in der Millionenstadt, und er seiner weinenden Frau den
Verlust beichten muss.
Doch der
Charakter der Story verändert sich, als sich Ricci und sein aufgeweckter Sohn
am Sonntagmorgen zu dem Fahrrad - Markt begeben, wo sie ihr gestohlenes Gut
vermuten. Ihr Privatleben bleibt zurück und sie tauchen immer tiefer in die
Stadt ein, glauben, das Fahrrad entdeckt zu haben, verlieren wieder die
Hoffnung bis ihnen tatsächlich der Dieb über den Weg läuft. Ihr individuelles
Schicksal verliert dabei an Bedeutung, angesichts der Konfrontation mit Menschen,
die ähnliches ertragen müssen. In „Ladri di biciclette“ gibt es keine Bösen und
Guten, auch Niemanden der hinterlistig handelt, sondern nur Menschen, die
versuchen, mit ihrer Situation irgendwie zurecht zu kommen und dabei auch vor
Rücksichtslosigkeiten nicht zurück schrecken – solidarische Gefühle
bleiben dabei auf der Strecke. Das gilt auch für Antonio Ricci, dessen
zunehmend nervöse, penetrante Suche nach seinem Fahrrad immer egoistischere
Züge annimmt, bis er selbst den einzigen Ausweg darin sieht, ein Fahrrad zu
stehlen.
De Sica hat
seinen Filmtitel nicht ohne Grund in den Plural gesetzt. Mit den
„Fahrraddieben“ hat er nicht auf Riccis letzten verzweifelten Versuch
frühzeitig hinweisen wollen, sondern eine generelle Situation beschrieben, in
die Jeder kommen kann, angesichts der hier gezeigten Lebensumstände. Das Gefühl
der Erniedrigung, dass Ricci am Ende erleiden muss, als er vor den Augen seines
Sohnes bei dem Diebstahl erwischt wird, ist entsprechend kein singuläres
Schicksal mehr, sondern etwas, was Jedem widerfahren kann. Mit beiläufiger
Selbstverständlichkeit lässt „Ladri di biciclette“ seine Protagonisten danach
in der Masse verschwinden und beendet damit eine alltägliche Geschichte, wie
sie jeden Tag vorkommen kann – die Normalität dieser
Situation ist das eigentliche Drama.
weitere im Blog besprochene Filme von Vittorio De Sica:
"Miracolo a Milano" (1951)
"Umberto D." (1952)
"Stazione Termini" (1953)
"L'oro di Napoli" (1954)
"Il tetto" (1956)
"La ciociara" (1960)
"Boccaccio '70" (1962)
"I sequestrati di Altona" (1962)
"Il boom" (1963)
"Ieri, oggi e domani" (1963)
"Le streghe" (1967)
"Umberto D." (1952)
"Stazione Termini" (1953)
"L'oro di Napoli" (1954)
"Il tetto" (1956)
"La ciociara" (1960)
"Boccaccio '70" (1962)
"I sequestrati di Altona" (1962)
"Il boom" (1963)
"Ieri, oggi e domani" (1963)
"Le streghe" (1967)