Die merkwürdigen Ereignisse häufen sich und Silvia sieht immer wieder Menschen, die scheinbar nicht real sind. Zunehmend empfindet sie ihre Umgebung als Bedrohung, aber die Gefahr lauert auch in ihrer Wohnung, in die sich sich zunehmend flüchtet...
Silvia Hachermann, verkörpert von der amerikanischen Darstellerin Mimsy Farmer, wird von Barilli in einer Art inszeniert, die von einer unmittelbaren Emotionalität zu der selbst erdachten Hauptfigur zeugt. Es ist nicht nur die weibliche Schönheit, die fließenden Kleider, der leichte Gang und die anmutigen Bewegungen, die diesen Eindruck erzeugen, sondern eine Aura der Einsamkeit und Verletzlichkeit, die Silvia vom ersten Moment an umgeben. Obwohl äußerlich gesellschaftlich integriert - sie hat einen gut bezahlten Job und mit Roberto (Maurizio Bonuglia) einen attraktiven, gebildeten Freund - wirkt sie nie wie ein Teil dieser Realität. Auch sexuell entzieht sie sich einer plumpen Zuordnung - den wenigen Momenten ihrer Nacktheit fehlt jeglicher voyeuristischer Anstrich, so wie der einzige Sexualakt mit ihrem Freund fast grob wirkt in seiner Unmittelbarkeit, damit schon die Entfremdung zwischen Silvia und Roberto verdeutlichend.
Barillis Blick auf diese weibliche Figur überträgt sich in einer Art auf den Betrachter, welche die Identifikation mit ihr weniger durch eine charakterliche Nähe prägt, als dem Miterleben ihrer solitären Situation. Schon in den ersten sehr ästhetischen Bildern, untermalt von einer gleichzeitig altmodisch wie geheimnisvoll klingenden, immer wieder kehrenden Musik, baut sich eine innere Spannung auf und wird der Betrachter zum Teil ihres sehr geordneten, ruhigen Lebens. Dieses Tempo behält Barilli über die gesamte Laufzeit bei, verfällt nie in schnelle Bewegungen, sondern verharrt selbst in den Momenten des Erschreckens in einer Ruhe, die sich nie der Banalität einer Realität hingibt.
Auch die Silvia umgebenden Figuren, neben Roberto vor allem die hübsche Francesca (Donna Jordan), die auch in ihrem Haus wohnt, der väterliche Nachbar Signor Rossetti (Mario Scaccia) oder Andy (Jho Jhenkins), ein Bekannter von Roberto, der Silvia mit seinen Erzählungen über afrikanische Kult-Handlungen erschreckt, sind ausgesprochen freundlich und wohl erzogen, aber der Film fokussiert sie zunehmend aus Silvias Blickwinkel, durch den alles Außenstehende bedrohlich wirkt. Dabei gelingt es dem Film, das Vertrauen in die Menschen, mit denen Silvia befreundet ist, zu verändern - Skepsis verursachende Personen erweisen sich als vertrauenswürdig, schützende Menschen wirken plötzlich gefährlich. Doch wirklich konkret wird der Film nie, sondern behält immer den Blickwinkel einer durch Silvias Empfinden geprägten Subjektivität.
Das gilt auch für ihre Vergangenheit und sie stark prägende Ereignisse ihrer Kindheit, die Barilli nie mit einem aufklärerischen Gestus verfolgt, sondern nur durch Andeutungen, real wirkende Verknüpfungen und dem Auftauchen einer geheimnisvollen Dame in Schwarz, die sich mit Parfüm bestäubt - offensichtlich Silvias Mutter. Diese Szenen scheinen, vor allem wenn sich Silvia mit sich selbst als Kind unterhält, ein deutliches Anzeichen für die geistige Verwirrtheit der Protagonistin abzugeben, aber der Film verweigert trotzdem eine eindeutige Bewertung dieses Verhaltens - ist es ihr sich verschlechternder geistiger Zustand, wie ihr Freund Roberto vermutet, oder nur eine Reaktion auf eine sie real bedrohende Umwelt ?
Die sich langsam steigernde Gefahr, die sich häufenden verwirrenden Ereignisse, entziehen sich üblichen Erklärungen und einer nachvollziehbaren Logik, da Barilli nie deutlich werden lässt, ob sie im Innen- oder Außenraum stattfinden. Das gilt letztlich auch für die abschließende Szene, die in ihrer groben Schockwirkung scheinbar aus dem Rahmen fällt - weniger durch die konkrete Handlung, als durch ihren realistischen Anstrich, der sich einen Moment von der Ästhetik des Films entfernt und eine unwirkliche Kälte annimmt. Doch die Finsternis des Endes, aus dem der Betrachter auf die weit entfernte Silvia blickt, lässt erahnen, dass damit der Schrecken noch nicht beendet ist.
"Il profuma della signora in nero" Italien 1974, Regie: Francesco Barilli, Drehbuch: Francesco Barilli, Barbara Alberti, Amedeo Pagani, Darsteller : Mimsy Farmer, Maurizio Benuglia, Mario Scaccia, Jho Jenkins, Donna Jordan, Laufzeit : 99 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Francesco Barilli:
Super Blog gefällt mir sehr gut weiter so
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