Inhalt: Tom Corbett (Franco Nero), auch „Django“ genannt, arbeitet als Goldsucher, aber als ihm ein
alter Mann die Nachricht übergibt, möglichst schnell in seine alte Heimat
zurückzukehren, bricht er sofort auf. Dort muss er nicht nur feststellen, dass
sein Bruder Jeffrey (George Hilton) die Familienranch verkauft hat und in einem
heruntergekommenen Haus lebt, die gesamte Gegend befindet sich inzwischen unter
der Kontrolle des Großgrundbesitzers Scott (Giuseppe Addobbati), dem fast alle
Gebäude gehören.
Bald schon
wird „Django“ mit dessen Sohn Jason Scott (Nino Castelnuovo) konfrontiert, als
dieser rücksichtslos die Flucht einer Farmerfamilie unterbindet, indem er deren
minderjährigen Sohn erschießt. Gemeinsam mit einer Armee an bewaffneten Männern
terrorisiert er die Menschen und nimmt ihnen ihren Besitz ab. „Django“ will
deshalb mit Jasons Vater sprechen, aber es stellt sich schon als schwierig
heraus, zu dessen schwer bewachten Gebäude vorzudringen…
Lucio
Fulcis erster Beitrag zum Western-Genre erscheint aus heutiger Sicht eher
zufällig, denn Mitte der 60er Jahre galt sein Augenmerk noch dem
komödiantischen Film, weshalb sein Western mit dem poetischen Titel "Le
colt cantarono la morte e fu... tempo di massacro" (Die Pistolen hatten
den Tod besungen und es war....die Zeit des Massakers) zwischen "Come
svaligiammo la banca d'Italia" (Wie wir die Bank von Italien ausraubten,
1966) und "Come rubammo la bomba atomica" (Wie wir die Atombombe
stahlen, 1967) entstand. Dass Fulci erst einige Jahre später erneut zum
Italowestern zurückkommen sollte ("I quattro dell'apocalisse"
(Verdammt zu leben - verdammt zu sterben!, 1975)), als das Genre schon in
seinen letzten Zügen lag, weist auf die Bedeutung des Drehbuchs von Fernando Di
Leo hin, der seit seiner Mitarbeit bei Leones "Per un pugno di dollari" (Für eine Handvoll Dollar, 1964) schon einige Erfahrung in dem
Metier gesammelt hatte.
Vielleicht
ließ sich der deutsche Verleih zu "Sein Gesangsbuch war der Colt" vom
italienischen Originaltitel inspirieren, aber die zusätzliche Nennung des
Namens "Django" basierte allein auf dem schlichten Marketing-Trick,
möglichst von Sergio Corbuccis "Django" (1966)-Erfolg zu profitieren.
Dass Franco Nero bei Fulci nach "Django" gleich seine nächste
Hauptrolle in einem Western spielte, lässt diese Vorgehensweise heute
verzeihlich erscheinen, aber charakterlich und inhaltlich hat die von Di Leo
erdachte Figur des Tom Corbett wenig mit Corbuccis Django gemeinsam. Wie
überraschend die Umbenennung auch für die deutsche Synchronisation gekommen
sein muss, wird zu Beginn des Films deutlich, als Franco Nero noch als
Goldsucher arbeitet und von seinen Kollegen "Tom" gerufen wird. Erst
nachdem er in seine Heimat zurückgekehrt war, heißt er plötzlich
"Django".
Nicht nur
der deutsche Verleih zeigte noch ein paar Anfangsschwierigkeiten bei der später
lieb gewonnenen Gewohnheit, möglichst jeden Italowestern irgendwie in
"Django" umzutaufen, auch Fulci gelingt nicht sofort der Einstieg in
die dreckige Western-Optik, obwohl Nero sich die größte Mühe gibt, wieder wie
ein desillusionierter Pistolero auszusehen. Doch seine sauberen, gebügelten
Hemdsärmel, mit denen er im Fluss nach Gold sucht, sprechen eine gegensätzliche
Sprache, die eher dem netten Burschen entspricht, der wieder nach Hause reitet,
nachdem er eine geheimnisvolle Nachricht von einem alten Mann erhielt. Dort
angekommen, muss er feststellen, dass die Farm seiner Familie in den Besitz des
Großgrundbesitzers Mr. Scott (Giuseppe Addobbati) übergegangen ist und sich
sein Bruder Jeffrey Corbett (George Hilton) in einer herunter gekommenen Bleibe
dem Alkohol hingibt.
Was nach
klassischem Revenge-Stoff klingt, entwickelt sich zuerst in eine überraschende
Richtung, denn Tom Corbett (Django) verhält sich passiv und wenig dazu in der
Lage, sich der Übermacht des Scott-Clans zu stellen. Bei diesem haben Di Leo
und Fulci ganze Arbeit geleistet, denn die Figur des Jason Scott, Sohn des
Großgrundbesitzers, gespielt von Nino Castelnuovo, der durch Viscontis
"Rocco e i suoi fratelli" (Rocco und seine Brüder, 1960) bekannt
wurde, ist ein Prachtexemplar von Bösewicht - nicht nur sadistisch und brutal,
sondern in seiner geleckten, reinlich weißen Kleidung von psychotischer
Unberechenbarkeit. In Jason trifft sich das Ergebnis einer elitären Erziehung
und eines hasserfüllten, von Minderwertigkeitskomplexen geplagten Machtmenschen
- eine tödliche Mischung, die den Bürgern mit Peitsche und Pistole das Fürchten
lehrt und die gesamte Region um Corbetts Heimatstadt unterjochte.
Doch selbst
in dieser, jedem Italowestern bestens zu Gesicht stehenden Schreckensfigur,
wird gleichzeitig die größte Schwäche in Fulcis Film deutlich - seine
Unausgewogenheit. Gleich zu Beginn veranstaltet Jason eine Menschenjagd, um
später vor Toms Augen einen wehrlosen Jungen zu erschießen - nur Tom selbst
kommt immer mit einer Warnung davon, selbst als es zu einer Prügelei im Saloon
kommt, an der auch sein betrunkener Bruder teilnimmt. Zwar verbirgt sich hinter
dieser seltsamen Rücksichtnahme ein überraschendes Geheimnis, aber angesichts
Jasons Psyche und seiner späteren kompromisslosen Reaktion, wirkt dieses
Verhalten im Nachhinein trotzdem unglaubwürdig.
"Le
colt cantarono la morte e fu... tempo di massacro" wechselt mehrfach
zwischen düsteren, teilweise gesellschaftskritischen Szenen und slapstickhaften
Momenten, die fast an eine Western-Karikatur erinnern. So ist es sein bisher
ständig besoffener Bruder Jeffrey, der plötzlich lässig aus der Hüfte
schwingend, den Weg für den zurückhaltenden Tom freischießt, damit dieser zu
der schwer bewachten Villa von Mr. Scott gelangen kann. Tom, der mit dem
Großgrundbesitzer reden will, wird dort nicht nur mit einer elitären
Gesellschaft konfrontiert, die in ihrer luxuriösen Ausgestaltung einen grotesken
Gegensatz zur sonst ärmlichen Bevölkerung bildet, sondern von Jason mit der
Peitsche vor deren Augen erniedrigt und verletzt. Eine überzeugende Szenerie,
die erst durch das Eingreifen von Jasons Vater beendet wird. Doch dessen
Charakterisierung weist eine ähnliche Unentschiedenheit auf wie der gesamte
Film, denn obwohl der alte Mr.Scott nicht unschuldig an den rigorosen Methoden
bei der Landübernahme gewesen sein kann und auch die Ansammlung der abgehobenen
Gesellschaft auf sein Konto geht, wird er als besonnener Patriarch geschildert,
dessen Sohn allein für die grausamen Verbrechen zuständig ist. Damit nimmt
Fulci dieser Konstellation gleichzeitig wieder das kritische Potential.
Vielleicht
haben er und Fernando Di Leo ihren Film auch weniger ernst gemeint, als es
zwischendurch den Anschein hatte, denn zum Schluss lassen sie es richtig
krachen. Franco Nero schlüpft aus seiner schüchternen Haut, zeigt, dass er auch
als Tom Corbett mit dem Revolver umgehen kann, und legt mit seinem Bruder
Jeffrey eine heiße Sohle aufs Parkett, dass den Gangstern die Kugeln nur so um
die Ohren fliegen. Spannend ist das nicht mehr, eher an Fulcis komödiantische
Phase erinnernd, aber letztlich signifikant für einen Western, der sein
erzählerisches Potential nicht ausschöpft und sich für keine konsequente
Richtung entscheidet.
"Le colt cantarono la morte e fu...tempo di massacro" Italien 1966, Regie: Lucio Fulci, Drehbuch: Fernando Di Leo, Darsteller : Franco Nero, George Hilton, Nino Castelnuovo, Giuseppe Addobbati, Linda Sini, Laufzeit : 90 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Lucio Fulci:
"Zombi 2" (1979)
"Paura nella città dei morti viventi" (1980)
"...E tu vivrai nel terrore! L'aldilà" (1981)
"Paura nella città dei morti viventi" (1980)
"...E tu vivrai nel terrore! L'aldilà" (1981)
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