Donnerstag, 27. Januar 2011

Interrabang 1969 Giuliano Biagetti

Inhalt: Auf dem Weg zu einem Foto-Shooting, dass auf einer Mittelmeerinsel stattfinden soll, hören der Fotograf Fabrizio (Corrado Pani), sein Model Margerita (Shoshanna Cohen), seine Ehefrau Anna und deren Schwester Valeria im Radio, dass drei Gewaltverbrecher ausgebrochen sind, von denen sich noch Einer auf freiem Fuß befindet. Doch Fabrizio, der sich vor den Augen seiner Frau auf der Motoryacht mit Margerita vergnügt, schenkt dem nicht viel Aufmerksamkeit.

Auf der Insel angekommen, beginnt er Margerita zu fotografieren, bis ihm seine Frau zuruft, dass die Motor-Yacht nicht mehr anspringt. Notgedrungen nimmt er die Gelegenheit eines zufällig vorbei kommenden Motorboots wahr, um Benzin zu besorgen, und lässt damit die drei Frauen auf der Insel allein. Er ahnt nicht, dass sich ein Mann in der felsigen Küste verbirgt, der bald Kontakt zu den Frauen aufnehmen wird...


Wer immer sich den Filmtitel ausgedacht hat, hatte ein gutes Gespür für die lautmalerische Umsetzung eines Filmgeschehens und bewies zudem ein Gefühl für Modernität. Nicht nur das man unter dem Begriff "Interrabang" ein gleichzeitiges Frage- und Ausrufezeichen versteht, auch die offensichtlichen Assoziationen an aktive Sexualität, leiten unmittelbar zur Handlung über.

Diese beginnt mit einem geradezu paradiesischem Zustand, zumindest aus der Sicht des Fotografen Fabrizio (Corrado Pani), der sich mit dem Model Margerita ( Shoshanna Cohen) auf einer Motor-Yacht vergnügt, die bei strahlendem Sonnenschein das blaue Meer durchpflügt. Beim Knutschen lässt er sich auch durch die Rufe seiner Frau Anna (Beba Rancor) nicht stören, die das Boot fährt, während sie cool einen Zigarillo raucht. Mit an Bord ist noch ihre Schwester Valeria (Haydée Politoff), die einen eher zynischen Sprachstil mit Fabrizio pflegt, der ihn aber keinen Moment aus der Ruhe bringen kann.

Die drei Frauen verkörpern ganz unterschiedliche Typen, die alle einer Gebrauchsanleitung für Machos entnommen sein könnten - das Model mit der langen dunklen Mähne, dass sich nur für Flirten und Sex interessiert, sonst schnell gelangweilt ist und ihr geringes Interesse an Bildung und hochtrabenden Gesprächen offen zur Schau stellt. Sich aber gerne als richtige Frau bezeichnet, was sie wiederum der kurzhaarigen Valeria abspricht, die Bücher liest und diskutiert, während sie ihr Gesicht selten zu einem Lächeln verzieht. Und Anna, die kühle hellhäutige Blondine, die an alle Situationen rational heran geht, weshalb sie auch nicht auf ihren Ehemann eifersüchtig ist, der es gerne krachen lässt.


Gemeinsam ist den Frauen allerdings, dass sie alle ausgesprochen schön sind. Nachdem sie an einer kleinen, felsigen Insel angelegt haben, wo Fabrizio sein Foto-Shooting beginnt, ergeht sich die Kamera in langen Einstellungen der drei Frauen, die sie beim Sonnen, beim Weg über die Felsen oder beim Modeln beobachtet. Als Anna feststellt, dass der Motor der Yacht nicht mehr anspringt, nimmt Fabrizio die Gelegenheit eines zufällig vorbei kommenden Motorbootes wahr, um Benzin zu besorgen. Spätestens jetzt gehört die Insel, das Meer und die Kamera nur noch den Frauen.

Man könnte diese Phase des Films eintönig finden, aber das Gegenteil ist der Fall, denn begleitet von der sommerlich, gefälligen Filmmusik Berto Pisanos, inszeniert Luciano Biagetti dieses Schauspiel sehr geschmackvoll. Dabei kam ihm auch der Entstehungszeitraums, Ende der 60er Jahre, entgegen, als unbedingte Nacktheit noch kein Kriterium war. Das gibt dem Film heute einen leicht altmodischen, aber sehr stylishen Touch. Zudem streut er immer wieder kleine Ereignisse ein, die die Spannung unmerklich anziehen. So entdeckt Valeria einen toten Polizisten auf den Felsen, ohne den anderen Frauen etwas davon zu verraten, oder ein Polizeiboot kommt vorbei, das nach einem ausgebrochenen Gewalttäter sucht, nicht ohne vorher die Frauen durch ein Fernglas zu beobachten. Alleine der lässige Dialog zwischen den Polizisten und der blonden Anna ist schon der Film wert.


Die Handlung beginnt sich parallel zu verändern als ein unbekannter Mann auftaucht, der sich zuerst zwischen den Felsen zu verstecken scheint, dann aber offen Margerita gegenüber tritt, die mit dem fremden Schönling auch gleich einen heftigen Flirt beginnt. Er gibt sich ihr gegenüber als Marco (Umberto Orsini) aus, der hier die Abgeschiedenheit zum Dichten sucht, und angeblich in einem nahe gelegenen Haus wohnt. Nur gibt es in diesem Teil der Insel gar kein Gebäude, was den Verdacht vor allem bei Anna erhärtet, dass es sich bei ihm um den gefährlichen, entlaufenen Sträfling handeln könnte.

"Interrabang" nimmt zunehmend Züge eines klassischen Giallo an, der eine Vielzahl möglicher Konstellationen und Verschwörungen durchspielt und langsam verdeutlicht, dass hinter den sommerlichen Mienen der jungen Frauen ganz düstere Gedanken lauern. Dabei verliert der Film keinen Moment seinen männlichen Blick, denn so sehr die Frauen auch glauben, das sie Diejenigen sind, die das Spiel bestimmen, so sehr hat Marco die Fäden in der Hand - doch als Fabrizio wieder mit dem Benzin zurück kommt, überschlagen sich die Ereignisse.

Auch die abschließenden Wendungen, die der Story immer wieder eine andere Richtung geben, machen aus "Interrabang" keinen Emanzipation-Reißer mehr, so sehr die Frauen auch zeitweise schön, stark und selbstbewusst auftreten. Letztlich ist "Interrabang" ein Film für den anspruchsvollen männlichen Voyeur - nicht besonders gewalttätig, angenehm im Tempo und Spannungsaufbau, stimmungsvolle Musik, lässige Dialoge und schön inszenierte, knapp bekleidete Frauenkörper - aber niemals vulgär.

"Interrabang" Italien 1969, Regie: Giuliano Biagetti, Drehbuch: Luciano Lucignani, Darsteller : Haydèe Politoff, Corrado Pani, Shoshanna Cohen, Beba Rancor, Umberto Orsini, Laufzeit : 88 Minuten

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