Dieser Ruf eilt ihm voraus, weshalb er schon auf der Zugfahrt nach Palermo zwischen zwei Haltepunkten den Zug verlässt, um einen Informanten zu treffen, der den Mut hat gegen die Mafia auszusagen. Doch er muss feststellen, dass seine Vorgehensweise keineswegs verborgen blieb, und man versucht, ihn mit brutalsten Mitteln zu diskreditieren, um gar nicht erst das Vertrauen der Bevölkerung in seine Stärke entstehen zu lassen. Am nächsten Morgen wird er in das Haus seines Informanten gerufen, dass von Leichen übersät ist, doch der eigentliche Kampf beginnt erst jetzt...
Man sollte über die deutsche Gewohnheit, einem Film einen reißerischen Titel zu verpassen, der nichts mit dem Original zu tun hat, kein Wort verlieren, aber im Fall von "Il prefetto di ferro" ist diese Vorgehensweise deshalb erwähnenswert, weil sie genau das Gegenteil von dem vermittelt, was Regisseur Pasquale Squitieri mit seinem Film bezweckt hatte. Während "Die Rache bin ich" auf eine emotional bestimmte Handlungsweise schließen lässt, bemüht sich der Film im Gegenteil um Zurückhaltung und stellt einen Protagonisten in den Mittelpunkt, der in seiner rationalen Arbeitsweise jede persönliche Intention von sich weist.
"Der Präfekt aus Eisen" wurde Cesare Mori (Giuliano Gemma) von der sizilianischen Bevölkerung genannt, weil seine Methoden, die mafiösen Strukturen zu bekämpfen, als unbarmherzig und rücksichtslos galten. Schon an dieser Haltung ist Squitieris Zwiespalt festzumachen, denn der überzeugte Kommunist, der sein Filmhandwerk unter anderem bei Francesco Rosi gelernt hatte, stellte eine historische Person in den Mittelpunkt, deren Leistung bis heute zu sehr unterschiedlichen Interpretationen Anlass gibt. Fest steht allein, dass es ihm gelang, den Einfluss der Mafia auf Sizilien zurückzudrängen und deren Macht für einen Moment zu brechen, aber die Methoden, die er dafür anwenden konnte, basierten auf einer von Mussolini erteilten uneingeschränkten Machtbefugnis.
Cesare Mori selbst war kein Faschist, weshalb er unmittelbar nach Mussolinis Machtergreifung 1922 aus dem Dienst entlassen wurde, da er die von den Faschisten aufgebaute und aus seiner Sicht ungesetzliche Volksfront bis dahin vehement bekämpft hatte. Doch angesichts der unlösbaren Probleme auf Sizilien, erinnerte sich Mussolini wieder an Mori und setzte ihn dort als Präfekten ein. Mori verstand sich als Staatsdiener, der dessen Gesetzen Geltung verschaffen wollte, und da inzwischen die faschistische Partei die Regierung Italiens bildete, galten deren Regeln auch für ihn. Eine zu große Nähe zu den Faschisten konnte nicht im Sinne Squitieris sein, weshalb dem Film jederzeit das Bemühen anzumerken ist, das Trennende zwischen den korrupten, etwas einfach gestrickten und nur auf Außenwirkung bedachten Vertretern der faschistischen Partei und dem kultivierten, immer beherrschten und nie an den eigenen Vorteil denkenden Mori herauszuarbeiten. Doch die daraus entstehende Frage, warum Mori niemals eine echte Antihaltung gegenüber den Faschisten zeigte ( im Film spielt er immer geschickt mit deren eigenen Vorstellungen, um zu starke Verbrüderungen zu vermeiden), stellt sich Squitieri nicht.
Die kühle Präzision, mit der Mori dabei vorgeht, wird durch eine fast statische Inszenierung, die nur selten emotionale Momente zeigt, unterstützt. Tatsächlich wirkt der ihm verliehene Titel als "Mann aus Eisen", angesichts seines fairen Umgangs auch mit offensichtlichen Verbrechern, ungerecht und in einem Moment beklagt Mori auch diesen Umstand. Körperliche Züchtigungen und unmenschliche Haftbedingungen kommen genauso wenig vor wie die zahlreichen Attentate, die in dieser Zeit auf Mori verübt wurden, als wollte der Regisseur damit eine emotionale Zuspitzung in der Auseinandersetzung vermeiden. Nur kurz vor dem Ende des Films wird ein solcher Versuch geschildert, aber dieser verweist schon auf Verschwörungen innerhalb höchster Kreise. Tatsächlich beliess es auch die historische Figur nicht bei der Verfolgung der Mitläufer, sondern suchte nach deren Hintermännern, was ihn direkt in die Führungsspitze der faschistischen Partei führte und damit zu seiner Abberufung durch Mussolini.
"Die Mafia ist eine Hure, die sich den Herrschenden andient" - letztlich kann Mori nur die äußeren Symptome bekämpfen, aber nicht die Ursachen, weil die jeweiligen Machthaber selbst von den mafiösen Strukturen profitieren. Während die faschistische Partei großkotzig von der Vernichtung der Mafia spricht, ergeht sich Mori in fatalistischen Gedanken, was ihn aber nicht davon abhält, den Senatorenposten in Rom anzunehmen. Es gab eine Vielzahl von unangenehmeren Strafen, die unbequem gewordenen Zeitgenossen in dieser Phase zuteil wurden.
"Il prefetto di ferro" verfügt über eindrucksvolle Momente sezierender Klarheit, aber der fehlende Mut, die Ambivalenz hinter dem Geschehen zuzulassen, nimmt dem Film viel von seiner möglichen Wirkung. Das "Il prefetto di ferro" 1977 gedreht wurde, kann kein Zufall sein, denn zu dieser Zeit wurden die Verstrickungen der Mafia mit der damaligen konservativen Regierung zunehmend deutlich, aber anders als der von Damiani parallel gedrehte "Io ho paura" (Ich habe Angst), stellt der Film keine Verbindung zur Gegenwart her, sondern wirkt nur wie ein gelungener Historienfilm.
"Il prefetto di ferro" Italien 1977, Regie: Pasquale Squitieri, Drehbuch: Pasquale Squitieri, Arrigo Petacco, Darsteller : Giuliano Gemma, Claudia Cardinale, Stefano Satta Flores, Rossella Rusconi, Salvatore Billa, Laufzeit : 113 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Pasquale Squitieri:
"Django sfida Sartana" (1970)
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