Sonntag, 26. Juni 2016

La cintura di castità (Der Keuschheitsgürtel) 1967 Pasquale Festa Campanile

Boccadoro (Monica Vitti) will alles für ihn tun...
Inhalt: Dank seiner Verdienste im Kampf gegen die Ungläubigen wird Guerrando da Montone (Tony Curtis) zum Ritter geschlagen und erhält so viel Land, wie er mit seinem Pferd bis zum Sonnenuntergang durchreiten kann. Das stellt sich für den erschöpften Ritter schwerer dar als gedacht. Ausgerechnet als er an der primitiven Hütte des Wildhüters ankommt, in der Boccadoro (Monica Vitti) bei ihrem Vater lebt, fällt er vom Pferd und schläft ein. Da ihr der stattliche Mann gefällt, versetzt sie sein Schwert um ein paar Meter und erklärt sich zu dessen Besitz.

...doch Ritter Guerrando (Tony Curtis) zeigt sich erst wenig begeistert...
Doch Guerrando, ganz begeistert von seiner frisch erworbenen Macht, die ihm das Recht der ersten Nacht bei den Frauen seiner Untertanen einräumt, ist die unter seinem Stand befindliche Boccadoro lästig, obwohl sie ihm gefällt. Als er sich endlich bereit erklärt, sie trotzdem in sein Bett zu nehmen, verweigert sie sich zu seiner Überraschung. Jetzt will sie nicht mehr. Einen solchen Widerstand nicht gewohnt, ersinnt er einen Plan. Er will sie heiraten und nach der Hochzeitsnacht hinrichten lassen – nur dumm, dass sie seinen Antrag nicht annimmt. Erst als er droht, ihren Vater köpfen zu lassen, willigt sie ein. Doch am Ziel ist er noch lange nicht…


Wild trieben es unsere Vorfahren

...viel mehr interessiert ihn das "Jus primae noctis"
Der titelgebende "La cintura di castità" (Keuschheitsgürtel) ist im Bild nie zu sehen. Mal klappert es etwas blechern unter Boccadoros (Monica Vitti) Kleid, aber in ihrem Bewegungsdrang wird sie nicht behindert. Pragmatische Aspekte wie die mangelnde Hygiene spielten in Pasquale Festa Campaniles Film ebenso wenig eine Rolle, wie die Tatsache, dass Keuschheitsgürtel im Mittelalter aller Wahrscheinlichkeit nach nicht existierten. Wichtig ist allein der Schlüssel - der Schlüssel zum Verhältnis der Geschlechter.

Knappe Marculfo (Nino Castelnuovo) bleiben dagegen nur die Reste
Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet war es Pech für die Filmemacher. Pech, dass der Prozess der soziokulturellen Veränderungen Ende der 60er Jahre so an Dynamik gewann, dass "La cintura di castità" schnell an Aktualität verlor. Die Emanzipation schritt voran, die Freizügigkeit nahm zu und die Idee, die Handlung zeitlich weit zurückzusetzen, um Freiräume für Frivolitäten zu schaffen, fand viele Nachahmer und wurde zur weiteren Initialzündung in Richtung moderne „Commedia sexy“ der 70er Jahre. Bald schon feierte Guido Malateste „Le calde notte die Poppaea“ (Die heißen Nächte der Poppea, 1969) oder schickte Bruno Corbucci die barbusige Isabella ins Degen-Gefecht („Isabella, duchessa dei diavoli“ (Isabella - Mit blanker Brust und spitzem Degen, 1969)). Festa Campanile selbst versetzte die Handlung seines „Quando le donne avevano la coda“ (Als die Frauen noch Schwänze hatten, 1970) noch weiter in die Vergangenheit und spätestens als in Folge von Pier Paolo Pasolinis „Il Decameron“ (1971) die Decamerotichi wie Pilze aus dem Boden schossen, erlebte der Rückblick in das Sexleben unserer Vorfahren seinen Höhepunkt – der 1973 wieder rasch abflaute.

Um Boccadoro doch zu gewinnen...
Dank der Vielfalt im italienischen Kino entwickelte sich der erotische Seitenarm der „Commedia all’italiana“ zwar nicht homogen, setzte aber eindeutige Schwerpunkte. Lag das Gewicht Mitte der 60er Jahre noch auf dem Episodenfilm – auch viele der unter einem Regisseur entstandenen Filme wie „Come imparai ad amare le donne“ (Das gewisse Etwas der Frauen, 1966) besaßen eine episodische Inszenierungs-Form – hatte der Blick in eine weit zurückliegende Vergangenheit in den späten 60er/frühen 70er Jahren Konjunktur. Die Gründe dafür geben ein Spiegelbild der damaligen gesellschaftlichen Entwicklung. Die Kritik an der offensiven sexuellen Thematik der Episodenfilme konnte sich dank der großen Anzahl an Mitwirkenden vor und hinter der Kamera auf viele Schultern verteilen. Zudem besaß die Kurzfilmform den Vorteil, verschiedene Sichtweisen zuzulassen und die davon ausgehenden Provokationen unterschiedlich zu gewichten.

...greift Guerrando zu wenig subtilen Methoden
Verglichen damit waren die Ausflüge ins Mittelalter oder in die Zeit des römischen Imperiums modern, denn sie kümmerten sich nicht mehr um Ausgewogenheit oder Differenzierung. Trotzdem war die Verlegung der Handlung in eine wenig authentisch gestaltete, selten zeitlich konkretisierte Vergangenheit eine Konzession an die weiterhin vorhandenen Widerstände gegenüber dem Erotikfilm. Die knappe Kleidung, der häufig grobschlächtige, direkte Umgang der Geschlechter untereinander und die regelmäßigen Seitenhiebe gegen Religion und Kirche wären in einem realen gegenwartsbezogenen Umfeld nur schwer durchzusetzen gewesen. Ganz abgesehen davon, dass der Komödienton vulgärer und überdrehter wurde, als ob so die Nähe zu jeder Ernsthaftigkeit vermieden werden sollte.

Doch ihm stehen auch die Kirche...
"La cintura di castità" stand am Anfang dieser Komödien-Spezies, verfügte aber schon über alle wesentlichen Charakteristika. Als Vorbild könnte Monicellis „L’armata Brancaleone“ (Die unglaublichen Abenteuer des hochwohllöblichen Ritters Branca Leone, 1966)) gedient haben, hinter dessen Absurdität aber immer auch das Drama spürbar blieb. Die Szene, in der Ritter Guerrando da Montone (Tony Curtis) einen zum Tode Verurteilten erst herzt und umarmt, weil dieser ihm einmal das Leben gerettet hatte, um dann doch dessen Strafe vollziehen zu lassen, ist bei Campanile ein makabrer Scherz. Die damit verbundene Tragik blieb, anders als in Monicellis Werk, außen vor. Von der Ritter-Thematik abgesehen ist "La cintura di castità" näher an Campaniles im Jahr zuvor erschienenen Beziehungskomödien „Adulterio all’italiana“ (Seitensprung auf Italienisch) und „Il marito è mio e l'ammazzo quando mi pare“, deren Paar-Streitigkeiten unter dem Gesichtspunkt der aufkommenden Emanzipation er hier konsequent fortführte.

...der Kreuzzug...
Dass Campanile nach Catherine Spaak diesmal Monica Vitti für die weibliche Hauptrolle verpflichtete, stellte einen unmittelbaren Zusammenhang zum langsam ausklingenden Episodenfilm her, an dem beide Schauspielerinnen intensiv mitwirkten. Wie Spaak wurde die frühere Antonioni-Muse Vitti („Il deserto rosso“ (Die rote Wüste, 1964)) zu einer der profiliertesten Vertreterinnen des aufkommenden Feminismus im 60er und 70er Jahre Film. Damaligen Kinogängern dürfte bewusst gewesen sein, dass sie nicht als Nackedei auf der Kinoleinwand zu sehen sein würde – in dieser Hinsicht ist "La cintura di castità" insgesamt noch sehr zurückhaltend – aber auch ihr bäuerliches Auftreten zu Beginn, als sie sich dem Ritter an den Hals wirft, konnte Niemanden täuschen. Wie in Monicellis im Jahr darauf erschienenen „La ragazza con la pistola“ (Mit Pistolen fängt man keine Männer, 1968) wandelt sie sich schnell vom Naivchen zur selbstbewussten Frau und bringt die Männer, allen voran natürlich Ritter Guerrando, um den unflexiblen Verstand.

...und Scheich Ibn-El-Rascid (Hugh Griffith) im Weg
Außergewöhnlich ist die Besetzung ihres männlichen Widerparts mit dem Hollywood-Star Tony Curtis. Curtis‘ Stern befand sich zwar in leichtem Sinkflug bevor er in den 70er Jahren zunehmend für das Fernsehen zu drehen begann, aber zum italienischen Kino hatte er nur wenig Kontakt. Möglicherweise kam dieser durch das Zusammenspiel mit Claudia Cardinale in „Don’t make waves“ (Die nackten Tatsachen, 1967) zustande, in dem Curtis unter der Regie von Alexander Mackendrick aufgetreten war. Mackendrick reagierte mit seiner in Süd-Kalifornien spielenden Komödie ebenfalls auf die sich verändernden Geschlechterrollen, blieb aber wesentlich zurückhaltender als Campanile, der seinen Hang zu brachialer Direktheit in "La cintura di castità" weiter auslebte.

Entsprechend war das von den Autoren Ugo Liberatore und Luigi Magni verfasste Drehbuch an leisen Zwischentönen oder dezenten Anspielungen wenig interessiert, womit es eine spezifische Eigenschaft der italienischen Komödie, beginnend beim Komödianten Totò über das Duo Franco Franchi/Ciccio Ingrassia in Richtung „Commedia sexy“ fortführte. Eine Stärke der „Commedia all’italiana“, auch wenn Tony Curtis‘ Macho-Gehabe im Ritter-Gewand, Monica Vittis Forderung nach sexueller Selbstbestimmung oder die von der Kirche propagierte Überlegenheit des Mannes aus heutiger Sicht so altbekannt wie stilistisch grob wirken. Das täuscht darüber hinweg, wie gewagt diese unmissverständliche Ausdrucksweise 1967 noch war – und noch den Rückgriff in die Vergangenheit bedurfte.

"La cintura di castità" Italien 1967, Regie: Pasquale Festa Campanile, Drehbuch: Ugo Liberatore, Luigi Magni, Larry GelbartDarsteller : Monica Vitti, Tony Curtis, Nino Castelnuovo, Hugh Griffith, John Richardson, Franco Sportelli, Leopoldo Trieste, Laufzeit : 93 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Pasquale Festa Campanile:

Montag, 13. Juni 2016

Casanova '70 1965 Mario Monicelli

Leichte Verfügbarkeit macht Andrea (Marcello Mastroianni) schläfrig...
Inhalt: Nicht nur das der NATO-Offizier Andrea Rossi-Colombotti (Marcello Mastroianni) selbst in einer Strip-Bar einschläft, bei seinen diversen Geliebten stößt er mit seiner ständigen Gefahrensuche zunehmend auf Unverständnis. Er kann nicht zugeben, dass er das Risiko braucht, um noch als Liebhaber zu funktionieren, seitdem es ihm die Frauen zu leicht machen. Gewohnt, den Widerstand einer Frau brechen zu müssen, führt ihn deren selbstbestimmte Bereitwilligkeit direkt in die Impotenz.

...und zum Fall für seinen Psychotherapeuten (Enrico Maria Salerno)
Und zum Psychotherapeuten (Enrico Maria Salerno), dessen Hass auf Frauen ihn auch nicht weiter bringt. Hoffnungsvoll lernt er Gigliola (Virna Lisi) kennen, Tochter aus gutem Hause, mit der er eine Ehe eingehen will, um seinen Dämonen zu entkommen. Ein Trugschluss wie sich bald herausstellt, denn nach wie vor fehlt ihm der Reiz des Widerstands. Da ist Thelma (Marisa Mell) ein ganz anderes Kaliber – eine erotische Versuchung, die streng von ihrem Ehemann (Marco Ferreri) überwacht wird.


"Die Frauen sind heute viel zu bereitwillig, viel zu leicht zu haben"

Der Angeklagte beteuert seine Unschuld
An seiner neidvollen Reaktion wird deutlich, dass der Staatsanwalt diese Erfahrung gerne geteilt hätte, aber ganz so einfach wie es der des Mordes angeklagte Berufs-Offizier Andrea Rossi-Colombotti (Marcello Mastroianni) schildert, ist es nun doch nicht. Gewisse optische Vorzüge sollte man als Mann schon mitbringen. Trotzdem kulminiert in dieser Aussage der gesamte Film - für den Protagonisten ist es die Ursache seiner Impotenz, für seinen Psychiater (Enrico Maria Salerno) der Bodensatz allen Übels und für die damaligen Kritiker der Grund, Mario Monicellis Film Oberflächlichkeit zu unterstellen. Anders als es die sexuellen Abenteuer des modernen Casanova vermittelten, begannen die Moralvorstellungen Mitte der 60er Jahre erst langsam zu bröckeln, besaß eine sexuell offensive Frau nach wie vor einen miserablen Ruf. Die Ironie des Films zeigt sich in der Parallelität bürgerlicher Scheinmoral: in ihrer Abscheu gegenüber der sich verändernden Frauenrolle waren sich Filmkritiker, ein konservatives Publikum und – selbstverständlich aus anderen Beweggründen - der Schwerenöter Andrea einig.

Gefahrenpotentiale: die sizilianische Familie,...
Dieser provokative Subtext war das Wesen der „Comedia all’italiana“, zu dessen führenden Vertretern Monicelli seit seinem gemeinsamen Beginn mit Regie-Partner Steno („Guardie e ladri“ (Räuber und Gendarm, 1951)) zählte. Direkt komisch ist der Film nur selten, sieht man von seiner generellen Absurdität ab. Beispielhaft ist dafür eine zentrale Szene, als Andrea Zeuge eines Familienzwists in einer sizilianischen Osteria wird. Der Bräutigam einer Schönen (Jolanda Modio) weigert sich, diese zu heiraten, weil sie keine Jungfrau mehr wäre, wird aber mit Händen und Füßen von ihren zahlreichen Brüdern an der Flucht gehindert. Für Andrea, der nur unter Lebensgefahr zum Sex in der Lage ist, eine Idealsituation. Er gibt sich als Arzt aus, der die Wahrheit feststellen will, und schläft mit ihr, während die aufgeputschten Brüder vor der Tür auf das Ergebnis warten. Leider kommt ihm ein echter Arzt in die Quere und er wird von den Brüdern gnadenlos gejagt, bis er mit seinem Auto von einer hohen Klippe stürzt. So überdreht diese Situation auf den heutigen Betrachter wirken mag – unrealistisch ist daran nur, dass Andrea sie mit ein paar Schrammen überlebt.

..., sein General mit Ehefrau (Margaret Lee),...
Trotz dieser Konzession an eine Komödie blieb in „Casanova ‘70“ immer die persönliche Tragik des Frauenhelden spürbar. Mastroianni gab ihn im Stil eines konservativen Bonvivants, der irritiert auf die sich verändernde Sozialisation und damit das Verhalten der Frauen reagiert. Seine lebensgefährlichen Trips sind kein Ausdruck wachsenden Irrsinns, sondern der verzweifelte Versuch, an seinen bisherigen Erfahrungen festzuhalten. Für einen klassischen Liebhaber wie ihn war es die größte Herausforderung, den Widerstand einer geliebten Frau zu brechen. Um noch Lust empfinden zu können, sucht er äußerliche Gefahren bei der Beziehungsanbahnung

...,der eifersüchtige Ehemann (Marco Ferreri)...
Eine selbstzerstörerische Konsequenz, die ihm trotzdem Sympathien einbringt, denn sie wendet sich nicht gegen die Frauen, wie bei seinen Geschlechtsgenossen sonst üblich. Deren Schwierigkeiten mit der Emanzipation lassen sich in Enrico Maria Salernos Verkörperung eines misogynen Psychotherapeuten und in der Figur des eifersüchtigen Ehemanns der schillernden Marisa Mell nicht übersehen. Dass Regisseur Marco Ferreri diesen in einem seiner seltenen Leinwandauftritte mit diabolischem Gestus gab, war mehr als ein Fingerzeig, denn Ferreri („La grande bouffe“ (Das große Fressen, 1973)) blieb bis zu seinem Tod in den 90er Jahren ein so kritischer, wie vehementer Begleiter der soziokulturellen Entwicklung nach dem Krieg. Schon 1953 beteiligte er sich am Drehbuch von „L’amore in città“ und wurde als junger Regisseur in den frühen 60er Jahren zu einem glühenden Vertreter des Episodenfilms („Controsesso“, 1964).

...der Angebeteten (Marisa Mell)
Das galt auch für Mario Monicelli. Die Nähe zum Episodenfilm ist „Casanova ‘70“ entsprechend in mehrfacher Hinsicht anzumerken: die episodenhafte Struktur der Story, die nur durch wenige erzählerische Klammern (die Sitzung beim Psychotherapeuten, die abschließende Gerichtsszene) aufgehoben wird, der provokative Umgang mit der bürgerlichen Moral, der zum Markenzeichen des Episodenfilms wurde, und nicht zuletzt die breite Mitwirkung künstlerischer Wegbegleiter. Neben den Leib-Autoren Agenor Incrocci und Furio Scarpelli waren noch die Antonioni- („Il deserto rosso“ (Die rote Wüste, 1964)) und Visonti-Vertrauten („Vaghe stelle dell'orsa...“ (Sandra, 1965)) Tonino Guerra und Suso Checchi D’Amico mit am Drehbuch beteiligt. Gemeinsam mit Checchi D’Amico hatte Monicelli auch seine Episode zu „Bocacccio ‘70“ entworfen, auf den er mit seinem Filmtitel unmissverständlich anspielte. Beide Filme verstanden sich als Blick in die Zukunft gesellschaftlicher Veränderungen.

Andrea mit seiner Verlobten (Virna Lisi)
Dass dabei auch die Frauen nicht ungeschoren davon kamen, war zu erwarten. Besonders Marisa Mell als Ehegattin des so reichen, wie eifersüchtigen Conte (Marco Ferreri) nutzt den risikoreichen Hang ihres Möchtegern-Liebhabers für ihre Zwecke. Berechnend setzt sie ihre erotische Wirkung ein, um Andrea immer im letzten Moment mit Verweis auf ihren brutalen Ehemann zurückzuweisen. Prinzipiell eine „Win-win“-Situation: sie will ihren Ehemann loswerden und er kann sich über zu wenig Gefahr nicht beklagen. Den entgegengesetzten Part übernahm Virna Lisi als Tochter aus gutem Hause. Gigliola (Virna Lisi) entspricht noch ganz dem Anforderungsprofil an eine integre kommende Ehefrau, für die Sex vor der Ehe nicht in Frage kommt. Angesichts der schönen Virna Lisi normalerweise eine Geduldsprobe für jeden angehenden Ehemann. Nicht so bei Andrea. Sein Versuch, sein Seelenheil in einer konventionellen Beziehung zu finden, erweist sich als Irrtum, weshalb er froh über ihre Enthaltsamkeit ist. Als Gigliola aber zu seiner Überraschung bereit ist, vor der Ehe eine Nacht mit ihm zu verbringen, beendet er die Verlobung – offiziell aus moralischen Gründen.

„Casanova 70“ verfügt über eine Vielzahl an schönen Darstellerinnen, die Monicelli erotisch inszenierte, auch wenn die einzigen konkreten Nacktaufnahmen gleich zu Beginn in einem Pariser Striptease-Club stattfinden (und den Protagonisten Andrea storygemäß zum Einschlafen bringen). Der „Katholische Filmdienst“ bezeichnete Monicellis Film trotzdem als „Sexualposse“. Ein Fehlurteil, geschuldet der damals grundsätzlich Empörung hervorrufenden Sexual-Thematik, denn die optischen Reize des Films stehen ganz im Dienst eines satirischen Blicks auf die sich wandelnden Geschlechterrollen – die „70“ im Filmtitel ließe sich bequem bis in die Gegenwart verschieben. 

"Casanova '70" Italien 1965, Regie: Mario Monicelli, Drehbuch: Mario Monicelli, Agenore Incrocci, Furio Scarpelli, Tonino Guerra, Suso Cecchi D'Amico, Darsteller : Marcello Mastroianni, Virna Lisi, Marisa Mell, Michelle Mèrcier, Margaret Lee, Rosemarie Dexter, Enrico Maria Salerno, Marco Ferreri, Laufzeit : 115 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Mario Monicelli: