Inhalt:
Die neue Krankenschwester erfährt schnell, dass eine zu große Anteilnahme am
Schicksal der Insassen des Sanatoriums für Nervenkranke nicht erwünscht ist.
Sowohl die Oberschwester als auch der als Handlanger dienende Hausmeister
pflegen einen eher rustikalen Umgang mit den Patienten, die generell als
gefährlich angesehen werden. Nur Dr. Vance (William Berger), der Leiter der
Klinik, wirkt besonnen, aber auch er scheint nichts von den seltsamen
Geräuschen zu bemerken, die offensichtlich vom Dachboden her nach unten
dringen.
Außer
Dr.Vance und der Oberschwester hat Niemand Zutritt zu diesem Bereich, aber auch
darüber hinaus pflegt er seine Geheimnisse. Nachts lässt er einen erstochenen Körper
verschwinden, um unliebsame Nachforschungen der Polizei zu vermeiden. Gisèle de
Brantome (Françoise Prévost) wird zufällig Zeuge dieses Vorgangs, ohne die
Hintergründe zu ahnen. Doch ihr kommt dieses Wissen sehr gelegen, denn die
junge attraktive Frau befindet sich in einer Notlage. Gerade hatte sie ihren
älteren und ihr unbequem gewordenen Mann zu Tode schleifen lassen, befand sich
danach aber allein in der einsamen Küstengegend. Sie folgt Dr. Vance heimlich
bis zu dessen Klinik…
Der
Originaltitel "La lama nel corpo" verweist wesentlich neutraler als
es "Die Mörderklinik" (oder wahlweise "Das Monster auf Schloß
Moorley") vermag, auf die bevorzugte Tötungsform der Handlung hin - das
Messer im Körper. Womit der 1966 entstandene Film mitten im
"Giallo"-Universum angekommen zu sein schien, dessen Markenzeichen -
ein Messer, gehalten von einer mit einem Lederhandschuh bekleideten Hand -
offensichtlich Pate stand. Tatsächlich entstand "La lama nel corpo"
nach Mario Bavas stilbildendem "Sei donne per l'assassino" (Blutige
Seide, 1964) und bevor der "Giallo" - von der allgemeinen
Liberalisierung der moralischen Standards profitierend - Anfang der 70er Jahre
seine höchste Popularität erlangte, in einer Phase, in der das Genre ein eher
stiefmütterliches Kino-Dasein führte (siehe dazu auch den Essay
"Schundromane, Misogynie und gesellschaftlicher Umbruch").
In
seiner Mischung aus Gothic-Style, Drama, erotischen Einlagen und Horrorelementen
wurde "La lama nel corpo" zum Abbild der Zusammenarbeit
einflussreicher Filmkünstler, die Mitte der 60er Jahre sonst andere Genres
bevorzugten. Für den Produzenten Elio Scardamaglia blieb es nicht nur die
einzige Regiearbeit, sondern ein einmaliger Ausflug ins Giallo - Fach zwischen
Sandalen-Film und Italo-Western ("Arizona Colt" (1966)). Auch für
Ernesto Gastaldi und Luciano Martino war das nach einem Roman Robert Williams
entstandene Drehbuch für mehrere Jahre der einzige Beitrag zum Giallo-Genre, da
sie sich, ähnlich wie der österreichische Hauptdarsteller William Berger
("Faccia a faccia" (Von Angesicht zu Angesicht, 1967)), zunächst auf
den immens populären Italo-Western konzentrierten. Erst später waren sie
entscheidend an der Blütezeit des Giallo beteiligt ("Lo strano vizio della
Signora Wardh" (Der Killer von Wien, 1971)) - signifikant für die
stilistische Stellung dieses solitären Films, der nur auf den ersten Blick
typisch wirkt.
Ein
alter Herrensitz abseits größerer Ansiedlungen, voll verwinkelt angelegter
Räume, deren Wände dick gerahmte Bilder und Brokat-Teppiche zieren, nur von
flackerndem Kerzenlicht schwach beleuchtet, bildet den pittoresk-stimmigen
Hintergrund als Sanatorium für psychisch erkrankte Menschen – eingeliefert
gemäß der Diagnose des englischen Arztes Dr. Robert Vance (William Berger),
dessen Methoden noch ganz dem Denken des vorletzten Jahrhunderts verpflichtet
sind. Entsprechend unzurechnungsfähig erweisen sich die Insassen, die zwischen
tiefen Depressionen und extremen Aggressionen schwanken, deren Ursache mehr in
der Art der Betreuung zu suchen ist, weniger im angeblichen Krankheitsbild.
Offensichtlich gebar dieser Geist auch ein Monster, das über den Dachboden
schlurft, auch wenn der Doktor und die gestrenge Oberschwester dessen
Anwesenheit hartnäckig leugnen. Ist es verantwortlich für die Morde, deren
Spuren Doktor Vance heimlich in der Nacht zu vertuschen versucht?
Was
sich nach einer klassischen Grusel-Story über einen Mad-Scientist und seinen
monströsen Helfer anhört, erweist sich zunehmend als komplexes Gebilde, dass
seine Geheimnisse nur langsam preis gibt. Statt einfach Mord an Mord aneinander
zu reihen und die Frage nach dem Täter in den Mittelpunkt zu stellen, bricht
„La lama nel corpo“ wiederholt die Handlungslinie und offenbart auf diese Weise
die inneren Beziehungen zwischen den Protagonisten, zu denen auch Vance‘
Ehefrau Lizabeth (Mary Young), eine hübsche neue Krankenschwester und der
willfährige Hausmeister gehören. Besonders das Auftauchen von Gisèle de
Brantome (Françoise Prévost) bricht mit den Gepflogenheiten, denn die nach
einem Unglück mit ihrer Kutsche plötzlich an dem Landsitz auftauchende
verführerische Schönheit eignet sich nicht als klassisches Opfer. Sie selbst
hatte gerade dafür gesorgt, dass ihr älterer, unbequem gewordener Ehemann das
Zeitliche segnete, bevor sie kurz darauf zufällig beobachtete, wie Dr.Vance
eine Leiche vergrub. Mit diesem Wissen verspricht sie sich Vorteile in der
Klinik, in der sie als angeblich hilflos Verirrte um Hilfe bittet.
„La
lama nel corpo“ lässt die Frage nach dem Täter lange Zeit offen, aber stärker
ist der Film in der Anlage seiner Charaktere. Die dahinter verborgene
Ambivalenz vermeidet typische Rollenmuster und erlaubt überraschende Wendungen,
die auch eine tragische Seite hinter den Gewalttaten offenbaren. Deren wenig
grafische Ausarbeitung überzeugt durch ihre stimmige, sich in den Gesamtkontext
integrierende Gestaltung, die dem Film trotz diverser 60er Jahre Anleihen,
hinsichtlich der weiblichen Optik und erotischer Einlagen, einen erfrischend
altmodischen Charakter verleiht – eine gelungene frühe Fingerübung der späteren
Meister des Giallo-Fachs.
"La lama nel corpo" Italien, Frankreich 1966, Regie: Elio Scardamaglia, Drehbuch: Ernesto Gastaldi, Luciano Martino, Robert Williams (Roman), Darsteller : William Berger, Francoise Prévost, Mary Young, Barbara Wilson, Philippe Hersent, Laufzeit : 83 Minuten
Abendlicher Eröffnungsfilm beim 1. Festival des italienischen Genre-Filmfestivals "Terza Visione" in Nürnberg vom 25. bis 27.04.2014
Abendlicher Eröffnungsfilm beim 1. Festival des italienischen Genre-Filmfestivals "Terza Visione" in Nürnberg vom 25. bis 27.04.2014
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