Inhalt:
Soldat
Adrien (Jean-Paul Belmondo) kommt gemeinsam mit einem befreundeten Kameraden
auf Heimaturlaub nach Paris. Am Bahnhof trennen sie sich, verabreden sich aber
wieder für die Rückreise. Adrien will seine Verlobte Agnés (Françoise Dorléac) besuchen, die bei Professor
Catalan (Jean Servais), einem früheren
Kollegen ihres verstorbenen Vaters, in einem Museum arbeitet. Als er
dort ankommt, wird er Zeuge des Diebstahls einer wertvollen Inka-Statue und der
Entführung seiner Verlobten und des Professors.
Er lässt
sich von den Entführern nicht abschütteln und kommt auf Umwegen bis Rio de Janeiro, wo er zwar mehr über das Geheimnis der Statuen erfährt, gleichzeitig aber in Gefahr gerät…
"L'homme de Rio" (Abenteuer in Rio) konnte so nur in der ersten Hälfte
der 60er Jahre entstehen - in einer Zeit, die noch von den altmodischen
Relikten der Nachkriegszeit geprägt wurde, sich aber schon hemmungslos auf
einen optischen wie architektonischen Futurismus zu bewegte, dessen
uneingeschränkter Optimismus den Charme eines Films ausmacht, den Jean-Paul
Belmondo als „Mann von Rio“ ideal verkörperte. In der Rolle des Adrien begibt
er sich auf eine "Tour de Force", die noch unzählige Male imitiert
wurde, aber in dieser Mischung aus Selbstironie, Lässigkeit, Ungeschicktheit,
Zuverlässigkeit, heldenhaftem Mut und erfrischender intellektueller Einfachheit
nicht mehr erreicht wurde (auch von Belmondo selbst nicht). Adrien hält immer
die Waage zwischen Macho und Softie, Gewinner und Verlierer und selbst die
widrigsten Umstände können ihn nicht von seinem Weg abbringen. Das
Durchhaltevermögen und die körperliche Ausdauer des ständig rennenden und
kletternden Kerls grenzen ans Übernatürliche.
Regisseur und Drehbuchautor Philipp de Broca, der zuvor schon „Cartouche“
(Cartouche der Bandit, 1962) mit Belmondo in der Hauptrolle inszeniert hatte,
machte kein Geheimnis daraus, dass er sich mit dem Film an Hergés
"Tintin"-Comics orientierte, dessen Held auch immer weite Wege gehen
musste, womit De Broca sich einen Traum erfüllte. Doch das allein begründet
nicht die traumwandlerische Sicherheit, mit der er seine Geschichte auf dem
schmalen Grad von Albernheit, Kitsch, Übertreibungen und Stereotypen so tanzen
lässt, dass sie trotzdem nachvollziehbar und fesselnd bleibt. Unterstützt wurde
De Broca von überzeugenden Schauspielern, die den comichaft zugespitzten
Figuren Leben einhauchten, ohne in Overacting zu verfallen. Besonders hervorzuheben
ist Françoise Dorléac, die leider früh verstorbene große Schwester von
Catherine Deneuve, die der jungen Agnès eine Mischung aus mädchenhafter Erotik,
selbstbewusster Widerspenstigkeit und intelligenter Tatkraft verlieh. Auch
Adolfo Celi als brasilianischer Forscher und Millionär De Castro ist einfach
köstlich in seinem ständigen Wechsel zwischen Snobismus und Naivität.
Entscheidend für die Wirkung des Films ist aber die großartige Kulisse
Rio de Janeiros und der im Entstehen begriffenen Hauptstadt „Brasilia“, die
erst vier Jahre zuvor mitten im Urwald gegründet wurde. Der optimistische, zukunftsgläubige
Zeitgeist spiegelt sich in deren Optik wider. Selbst in den Favelas Rio de
Janeiros lässt sich Aufbruchstimmung und Modernität erkennen, aber erst die
klar strukturierten Räumlichkeiten und Gebäude der futuristischen Architektur Oscar
Niemayers in Brasilia verleihen dem chaotischen Treiben den passenden
Hintergrund.
Vordergründig geht es um drei Inka-Figuren, die zusammen einen großen
Schatz verbergen, dessen Geheimnis nur der Pariser Museumsleiter Prof. Norbert
Catalan (Jean Servais) kennt. Er hatte diese zusammen mit zwei Forscherkollegen
gefunden, die jeweils eine davon in ihrem Besitz behielten. Darunter Agnés
Vater, der aber schon kurze Zeit später den Tod fand. Allerdings hatte er zuvor
die Statue in Rio versteckt und nur seine Tochter kannte das Versteck. Als kurz
hintereinander Catalans Figur aus dem Museum gestohlen wird und der Professor
und Agnés entführt werden, führt die Spur unweigerlich nach Brasilien, wo sich
die dritte Figur im Besitz des reichen Forschers De Castro befindet. Der einfache
Soldat Adrien (Jean-Paul Belmondo) gerät nur in dieses Komplott, weil er während
seines Heimaturlaubs seine Freundin Agnés besuchen will und sie vor seinen
Augen entführt wird.
Erstaunlich an dieser Jagd über tausende Kilometer ist nicht nur das stimmige
Tempo, dass neben wilden Jagden und halsbrecherischen Stunts immer wieder
ruhige Momente einstreut, sondern die Lässigkeit, mit der die gesamte, sich
keinen Moment zu ernst nehmende Geschichte, erzählt wird. Als zum Schluss
Adrien wieder am Bahnhof Richtung Armeestützpunkt einsteigt, erreicht in
letzter Sekunde auch sein Kamerad den abfahrenden Zug und erzählt aufgeregt vom
Verkehrsstau, der ihn drei Stunden lang vom Montmartre zum Hauptbahnhof aufgehalten
hätte. Adrien hört ihm aufmerksam zu, als hätte er selbst nichts erlebt - ein
würdigeres Ende ist kaum vorstellbar.
"L'homme de Rio" Italien / Frankreich 1964, Regie: Philippe de Broca, Drehbuch: Philippe de Broca, Ariane Mnouchkine, Jean-Paul Rappeneau, Darsteller : Jean-Paul Belmondo, Francois Dorléac, Adolfo Celi, Roger Dumas, Jean Servais, Laufzeit : 98 Minuten
Als zum Schluss Adrien wieder am Bahnhof Richtung Armeestützpunkt einsteigt, erreicht in letzter Sekunde auch sein Kamerad den abfahrenden Zug und erzählt aufgeregt vom Verkehrsstau, der ihn drei Stunden lang vom Montmartre zum Hauptbahnhof aufgehalten hätte. Adrien hört ihm aufmerksam zu, als hätte er selbst nichts erlebt - ein würdigeres Ende ist kaum vorstellbar.
AntwortenLöschenSagt er nicht sogar etwas wie "Was für ein Abenteuer!"? Wirklich ein toller Schluss für einen tollen Film. Ich sah ihn vor ein paar Monaten wieder, und er hat mich so überzeugt wie in meiner Kindheit und Jugend, als ich ihn zwei- oder dreimal sah.